In seiner Bilanz zur Kommunalwahl räumt Horst Seehofer wenig erfreuliche "regionale Angelegenheiten" ein. In Bamberg ist die CSU deutlich abgestürzt. Insgesamt aber, so betont er, "haben wir uns verbessert".
"Sehr zufrieden" ist Parteivorsitzener Horst Seehofer mit dem Abschneiden seiner CSU bei der Kommunalwahl. Das betont er bei seiner Bilanz immer wieder, und einmal ist er sogar "rundum zufrieden". "Rundum" trifft's nicht ganz, denn Seehofer spricht selbst von "regionalen Angelegenheiten, die weniger erfreuen".
Eine dieser Angelegenheiten ist Bamberg, wo die CSU abgestürzt ist auf nur noch zwölf Stadtratssitze. Die Frage aber, ob dies zeigt, dass die CSU Probleme hat mit einem jüngeren, studentisch geprägten Publikum, verneint Horst Seehofer. "In Würzburg gibt es auch Studenten," sagt er mit Blick auf den dortigen Erfolg. Der aber sei getragen von "einem hohen Maß an Geschlossenheit in der politischen Familie" um Barbara Stamm und den jungen Vorsitzenden Oliver Jörg.
Geschlossenheit der Bamberger CSU Das war schon ein Hinweis an die Bamberger, aber Seehofer wird deutlicher: "Bamberg, gerade was Geschlossenheit angeht ..." Pause, und dann: "Na ja ..." Seehofer weiter: "Das hat aber nicht 2013 begonnen, sondern schon im letzten Jahrzehnt. Das muss uns auch in der Landesleitung beschäftigen. Ich habe das Gefühl, dass da an der Geschlossenheit durchaus noch gearbeitet werden könnte."
Zu den "Dingen, die mir nicht gefallen und die sehr lokale Ursachen haben" zählt Seehofer auch Erlangen: "Da gewinnen wir im Landkreis und verlieren die Stadt." An dieser Niederlage macht Seehofer seine Forderung nach einem zeitgemäßen "Politikstil" fest, denn, Hinweis an den gescheiterten CSU-OB Siegfried Balleis: "Personen gewinnen immer mehr an Bedeutung."
Wie zum Beispiel die Person des Oliver Bär, der in Hof der SPD das Amt des Landrats abgenommen hat. Seehofer: "Wenn man ihm zuhört, da lacht das Herz. Der hat nicht geschimpft auf die Anderen, der ist authentisch aufgetreten als Mensch."
Seehofer lässt erkennen, dass er im Raum Nürnberg, Fürth und Erlangen insgesamt einen Fall für die Landesleitung sieht: "Wir müssen schauen, wie wir uns besser engagieren und was wir verändern."
Örtliche Pleiten Solche örtlichen Pleiten aber ("Es gab noch nie eine Kommunalwahl ohne die eine oder andere regionale Angelegenheit") können Seehofers Gesamtbilanz nicht trüben, denn die fällt positiv aus. Einzelne Misserfolge ("Das hat die SPD getroffen, die Freien Wähler, und da und dort auch uns") wären laut Seehofer nur dann generell "ein Thema, wenn es einen klaren Trend gäbe gegen die Regierungspartei, und das ist nicht der Fall".
Vielmehr konstatiert Seehofer: "Die CSU ist mit riesigem Abstand die führende kommunalpolitische Kraft in Bayern." Sie ist zwar beim Stimmenanteil für die Wahl der Stadt- und Gemeinderäte in kreisangehörigen Kommunen knapp unter den zuletzt erzielten 40 Prozent geblieben, aber hier verweist Seehofer auf die deutlich gestiegene Zahl der örtlichen Wählergruppen und Bewerberlisten mit 22 neuen Wahlvorschlägen.
Gewonnen hat die CSU fünf Landräte und stellt damit 50 von 71, dazu 27 der 54 Oberbürgermeister in den kreisfreien Städten und Großen Kreisstädten. In den kreisangehörigen Gemeinden hat sie die Zahl ihrer Bürgermeister um elf auf 988 erhöht.
"Die CSU ist weiter im Steigflug" All dies wertet Seehofer als dritten Erfolg nach den Wahlen zum Landtag und zum Bundestag im vergangenen Herbst: "Die CSU ist weiter im Steigflug." Immerhin sei Bayern insgesamt "bunter, heterogener, vielfältiger" geworden.
In der Vergangenheit "hat die CSU diese gesellschaftliche Veränderung übersehen, und das war der Grund für das Jahr 2008", als die CSU auch bei den Kommunalwahlen abstürzte. Folglich kündigt Seehofer an: "Wir werden den Modernisierungsprozess der CSU fortsetzen." Dazu stelle Generalsekretär Andreas Scheuer bereits "eine Reihe von Überlegungen" an, denn Reform sei "bittere Existenznotwendigkeit".
Damit war Seehofer wieder bei seinem Politikstil: "Einfach von oben herab führen wollen, das ist total out."
Immerhin: "Wir haben schon eine neue CSU. Wären wir noch auf dem Stand von 2008, dann hätten wir Sinkflug und keinen Steigflug."
Geschlossenheit könnte eine Partei demonstrieren, indem sie dafür sorgt, daß Minderheitenmeinungen und Diskussionsprozesse unter der Decke gehalten werden. Ein Zeichen demokratischer Stärke wäre das nicht.
Außerdem scheint genau dieser Versuch in der Bamberger CSU mißlungen zu sein. Wohl in der Absicht, der Parteiführung widerstrebende Meinungen zu unterdrücken, wurde der Widerstandsgeist erst richtig zum Leben erweckt - und hat letztlich die Zerbröselung bewirkt.
Eine lebendige demokratische Partei zeichnet sich nicht durch Friedhofsruhe aus. Sie ist gekennzeichnet durch faire Diskussionsprozesse, bei gefällten Entscheidungen fühlt sich auch die unterlegene Seite ernstgenommen. Denn nur dann kann von ihr erwartet werden, daß sie den Beschluß nach außen mitträgt.
Das alles findet unter dem Dach gemeinsamer Werte statt. Für welche Werte aber steht die CSU?
Christlich? Wo findet sich die Nächstenliebe in der rigorosen Asyl- und Abschiebepolitik? Wo findet sich die Verantwortung für die Schöpfung (Umwelt- und Naturschutz), für die Menschen (lebenswertes Wohnumfeld, Schutz vor Schadstoffen in Luft, Wasser, Boden, Lebensmitteln)?
Sozial? Die soziale Marktwirtschaft legt Rahmenbedingungen fest, welche bewirken, daß wirtschaftlich eigennütziges Handeln Einzelner letztlich der Gemeinschaft und allen zu Gute kommt. Die derzeitige Politik, eine Mischung aus Planwirtschaft und freiem Kapitalismus, hofft, daß genügend Brosamen von den üppig gedeckten Tischen weniger herunterfallen und die Masse der Betroffenen ausreichend ruhig stellen.
Union? Angesichts der Diadochenkämpfe in der Parteiführung und der nahezu permanenten Selbstzerfleischung der Bamberger Gliederung erübrigt sich jeglicher Kommentar.
Daß ein vergleichbarer Maßstab, an die SPD angelegt, keine wesentlich anderen Ergebnisse zeitigte, sei der Vollständigkeit halber ergänzt.