Schließt Bamberger Ankerzentrum doch nicht? - "womöglich Versprechen nichts wert"
Autor: Ellen Schneider
Bamberg, Montag, 18. November 2024
In Bamberg wird seit geraumer Zeit die Schließung des Ankerzentrums gefordert. Doch genau die stellt die Staatsregierung infrage. Nun wurde die umstrittene Flüchtlingsunterkunft sogar in einer Folge des BR-Magazins "quer" thematisiert.
Das Bamberger Ankerzentrum sorgt immer wieder für Zündstoff. Laut Aussage der Stadt stellt die Asyleinrichtung nicht nur für die Anwohner in Bamberg-Ost "eine starke Belastung" dar. In der Domstadt tobt daher seit vielen Jahren eine Diskussion um die Zukunft der Flüchtlingsunterkunft , wie inFranken.de wiederholt berichtete. Der Stadtrat und zahlreiche Anwohner fordern die Schließung der eigentlich nur vorübergehend geplanten Massen-Herberge. Stattdessen sollen die Asylbewerber im ganzen Stadtgebiet verteilt werden. Bayerns Innenminister Joachim Herrmann (CSU) zeigte sich zuletzt "offen für bezahlbare Vorschläge". Doch eine klare Positionierung der bayerischen Staatsregierung blieb bisher aus.
Das Dauerthema wurde nun sogar in einer Folge des BR-Wochenmagazins "quer" beleuchtet. In dem Beitrag geht es vor allem um den Vertrauensbruch, den die Debatte ausgelöst hat. Denn eigentlich wurde das Ankerzentrum 2015 nur vorübergehend mit einer Vertragslaufzeit von maximal zehn Jahren errichtet. Immer wieder sprechen Politiker allerdings von einer möglichen Verlängerung. Innenminister Herrmann etwa sorgte schon 2021 mit seiner Aussagen, dass die Auflösung des Ankerzentrums im Jahr 2025 für ihn nicht in Stein gemeißelt sei, für Aufregung. "Womöglich war das Versprechen der Landesregierung nichts wert", dämmert es auch Moderator und Kabarettist Christoph Süß im aktuellen Fernsehbeitrag.
"Starke Belastung": Joachim Herrmann stellt Schließung des Bamberger Ankerzentrums in Frage
Wie inFranken.de bereits berichtete, ist sich der Bamberger Stadtrat einig, dass das Ankerzentrum spätestens zum 31. Dezember 2025 schließen soll. Erste Pläne für ein dezentrales Unterbringungskonzept liegen demnach schon vor. "Das war von Anfang an deklariert als ein Provisorium", sagt OB Andreas Starke (SPD) auch im "quer"-Beitrag. 2025 solle die Flüchtlingsunterkunft laut einer gemeinsamen Vereinbarung von Stadt und Staatsregierung unwiderruflich schließen. Immer wieder fordert die Stadtspitze die Einhaltung dieses 'Versprechens' - zuletzt im erneuten Gespräch mit dem Innenminister.
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Dieser zeigte sich zwar offen für dezentrale Unterbringungsvorschläge, betonte aber auch die Vorteile des Ankerzentrums für die Stadt. "Wir haben eine sehr starke Belastung vieler Kommunen - zum Teil eine Überlastung. Deshalb ist es extrem schwierig, in der jetzigen Situation gute Unterbringungsplätze aufzugeben", sagte Joachim Herrmann zuletzt dem Regionalsender TVO. Und auch die Aussagen von Ministerpräsident Markus Söder (CSU) ließen erneut Zweifel an der Einhaltung der Vereinbarung aufkommen. Es brauche "Umverlegungen von vielen kleinen Einheiten, die teuer sind, in zentralere Einheiten", wird Söder im quer-Beitrag zitiert.
In Bamberg verfolgen viele Bürger das Geschehen mit großem Interesse. Der quer-Beitrag sorgte auch in einer örtlichen Facebook-Gruppe für Gesprächsstoff. In den Kommentaren zeigen sich viele Nutzer enttäuscht davon, dass sich vorerst nichts an den Unterbringungsbedingungen ändern soll. "Es wird nicht geschlossen", vermutet eine Nutzerin. "Ich verstehe die Aufregung nicht. Verträge sind zu erfüllen, dazu sind sie da. Und wenn die bayerische Regierung meint, sie kann den Vertrag ignorieren, dann muss man sein Recht halt einklagen - dazu sind Gerichte da. Wo ist das Problem?", schreibt ein anderer.
Anwohner und Bewohner kritisieren Bedingungen in Flüchtlingsunterkunft
Vielen Anwohnern des Ankerzentrums dürften die aktuellen Diskussionen nicht gefallen - denn im Stadtviertel häufen sich die Straftaten. "Einmal geht es um Themen wie Sachbeschädigungen, die im Raum stehen - an den Zäunen beispielsweise oder an den Autos, die hier stehen", erklärt Bambergs zweiter Bürgermeister Jonas Glüsenkamp (Bündnis 90/Die Grünen) im Gespräch mit dem BR. Auch das Thema Vermüllung spiele demnach eine große Rolle. Wie inFranken.de jüngst berichtete, führte sogar die Spur bei einer deutschlandweiten Diebstahl-Serie ins Bamberger Ankerzentrum.
Bereits 2021 äußerte auch der bayerische Flüchtlingsrat Kritik an der Massen-Unterkunft in Bamberg: "Solche großen Sammellager für Geflüchtete sind rechtsfreie Räume, machen Gesunde krank und Kranke kränker, sind Orte struktureller und persönlicher Gewalt." Sie würden zudem die Entstehung von Vorurteilen gegen Geflüchtete begünstigen, so die Sorge.