Platz für über 1000 erschwingliche Wohnungen in Bamberg?

4 Min
Auf 27 Hektar Fläche der ehemaligen Muna stellt sich die SPD Wohnbaufläche vor. Ronald Rinklef
Auf 27 Hektar Fläche der ehemaligen Muna stellt sich die SPD Wohnbaufläche vor.  Ronald Rinklef

Wie kann man jahrelangen Stillstand auf der Fläche der "Muna" vermeiden? Die Antworten auf diese Fragen sind ähnlich - und auch wieder nicht.

Es war ein symbolischer Akt und gleichzeitig mehr als das. Im Konversionssenat haben Bambergs Stadträte den Bebauungsplan 429 einstimmig zu Grabe getragen. Der umstrittene "Gewerbepark Geisfelder Straße" ist drei Monate nach dem Bürgerentscheid damit auch offiziell eingestellt.

Doch das bedeutet nicht, dass nun Ruhe einkehren würde im grünen Bamberger Südosten. Dazu sind die Chancen, die sich mit dem rund 155 Hektar großen Konversionsgelände verbinden am Ende doch zu verlockend.

Ausgang ungewiss

Noch läuft die Entwicklung zweigleisig: Während die Stadtverwaltung mit dem Bund über einen Kauf ohne Zweckerklärung verhandelt - Ausgang ungewiss - sind es die Fraktionen, die das Heft des Handelns zurück in die Hand nehmen und einen Diskussionsprozess anstoßen wollen.

So überrascht diese Woche die SPD-Fraktion mit einem weiteren Plan, der die bereits im November geäußerten Überlegungen zum Wohnungsbau auf der "Muna" auf eine exakte Grundlage stellt. Und es bleibt dabei: Die Schaffung von Gewerbeflächen kommt für die SPD nach dem Ergebnis des Bürgerentscheids nicht mehr in Frage.

Einen Anstoß für die Zukunftsdebatte wollen aber auch die beiden Stadträte von Bambergs unabhängigen Bürgern (BuB) und FDP, Daniela Reinfelder und Martin Pöhner, geben. Vergleichbar ist bei beiden Konzepten der Flächenanteil, der künftig für Natur und Naherholung zur Verfügung stehen soll, immerhin knapp 130 Hektar.

Doch der Reihe nach: Hört man SPD-Fraktionschef Klaus Stieringer, dann hat in einer unter Flächenmangel leidenden Stadt niemand etwas davon, wenn die Debatte um die Fläche des ehemaligen Munitionslagers in jahrelangem Stillstand münden würde. Im Gegenteil: Stieringer und sein Kollege Heinz Kuntke fürchten, dass der Bund, den südlichen Teil des Muna-Geländes, nach SPD-Angaben 46 Hektar Wald, zur Ausgleichsfläche für andere Projekte erklären würde - mit der Folge, dass sich an den Zäunen und dem Altlastenbestand auf Sicht kaum etwas ändern würde.

Was die SPD antreibt, an ihren Vorstellungen von großflächigem Wohnungsbau für die Muna festzuhalten, ist aber die neue, Ende September 2018 in Kraft getretene Verbilligungsrichtlinie der Bundesanstalt für Immobilienaufgaben (Bima). Sie ermöglicht Kommunen den vergünstigen Flächenerwerb von Bundesliegenschaften, wenn dort sozialer Wohnungsbau entsteht. "Dies könnte dazu führen, dass die Stadt die Muna im Extremfall für null Euro kaufen könnte", hofft Heinz Kuntke. Für ihn ist das eine einmalige Gelegenheit. Denn nur mit niedrigen Grundpreisen könne man bezahlbaren Wohnungsbau und damit auch erschwingliche Mieten möglich machen.

1000 bis 2000 Wohneinheiten

Stieringer spricht von einer Jahrhundertchance für Bamberg. Ganz aus der Luft gegriffen ist das nicht, wie die Größenordnungen zeigen, die auf der Muna-Fläche theoretisch möglich wären. So geht er davon aus, dass insgesamt 27 Hektar Wohnfläche entstehen könnten - selbst wenn man die Straßen abzieht würde das noch ausreichen, um 1000 bis 2000 Geschosswohnungen samt zusätzlicher Sonderwohnformen zu schaffen. Stieringer denkt u.a. an Mehrgenerationen- und so genannte Mini-Häuser. Grundlage für diese Überlegungen sind Zahlen und Karten des Konversionsamtes der Stadt. Danach liegt der Anteil der versiegelten Flächen auf der Muna bei 27 Hektar.

Auf der Basis derselben Informationen kommen Daniela Reinfelder (BuB) und Martin Pöhner (FDP) zu einem nur auf den ersten Blick ähnlichen Ergebnis. Die beiden Stadträte möchten ebenfalls die Naturflächen deutlich ausdehnen; auch sie setzen auf die Verbilligungsrichtlinie des Bundes und möchten bezahlbare Wohnungen am Hauptsmoorwald bauen; doch im Unterschied zur SPD wollen Reinfelder und Pöhner nach wie vor nicht auf Flächen für Betriebe verzichten.

Bei ihnen beträgt der Anteil für Wohnen 15, der für Gewerbe zwölf Hektar. Handwerkerforum nennt sich das zehn Hektar große Gewerbegebiet, das nach den Ideen von BuB und FDP im südlichen Muna-Teil entstehen könnte. "Viele Handwerksbetriebe möchten sich erweitern. Ihnen müssen wir Perspektiven anbieten, wie wir überhaupt der Meinung sind, dass Arbeitsplätze in Bamberg gehalten werden müssen", erklärt Martin Pöhner. Wichtig ist den beiden, dass ihr Vorschlag als Diskussionsgrundlage für die anstehende Debatte zu werten ist. "Nichts vorzuschlagen, wäre nicht der richtige Weg", sagt Reinfelder. Ziel müsse es sein, dass die Stadt zu einer Zweckerklärung für die Muna kommt. Ohne diese sei ein Kauf nicht realistisch.

 

Die CSU hält sich zurück

In auffälliger Zurückhaltung übt sich derzeit die CSU, was die Zukunft der Muna angeht. Peter Neller (CSU) räumte im Konversionssenat ein, dass die Union nach wie vor davon überzeugt ist, dass "Gewerbe in kleinem Umfang" auf der Muna möglich gemacht werden muss. Doch konkret wurde Neller nicht.

Kein Handlungsbedarf besteht dagegen nach Ansicht der Grünen. Nach dem Bürgerentscheid sei für die GAL klar, dass auf der Muna kein Gewerbe Platz finden dürfe, auch kein Kleingewerbe: "Die Fläche bleibt jetzt Natur. Das ist wichtig. Wir müssen sie auch nicht kaufen", sagte Petra Friedrich.

Kommentar des Autors:

Was keine Lösung ist

Fast 100 Tage sind vergangen, seit die Bamberger Wähler den Plänen der Stadt zum Gewerbepark auf der "Muna" eine Abfuhr erteilt haben. Der Weckruf der Bürger hallt immer noch nach.

Dennoch gibt es für Bambergs Verantwortliche keinen Grund, sich länger in Zurückhaltung zu üben. Im Gegenteil: Es ist die originäre Aufgaben der Fraktionen, Wege aufzuzeigen, wie das entstandene Vakuum mit Ideen gefüllt werden könnte. Was ein Gutteil der Bevölkerung nicht will, wissen wir. Nun wäre es schön zu erfahren, was im Bamberger Südosten möglich ist, wie die vielfältigen Bamberger Interessen unter einen Hut zu bekommen sind.

Bis zu 2000 Wohneinheiten auf möglicherweise 27 Hektar Fläche? Bezahlbare Wohnungen im großen Stil? Das sind große, gerade in Bamberg auch verlockende Worte. Was in den letzten 30 Jahren in Bamberg nur in der Nato-Siedlung gelang, kann das die neue Verbilligungsrichtlinie der Bima möglich machen? Klar ist, dass die Vorschläge der SPD und der beiden kleinen Gruppierungen im Stadtrat vorerst nur auf dem Papier stehen.

Doch es wäre fahrlässig, die Chancen, die im ehemaligen Munitionslager stecken, nicht zu nutzen. Eine Glasglocke über das Gebiet zu stülpen und alles so zu lassen wie es ist, inklusive des Zauns und der im Boden steckenden Altlasten, ist keine Lösung.