Der Marktgemeinderat Hirschaid hält das Konzept der Fachplaner noch nicht für entscheidungsreif. Die Bürger müssen mit ins Boot. Die Arbeitskreise sehen ihre Vorstellungen nicht genügend berücksichtigt.
                           
          
           
   
          Mit dem "Integrierten städtebaulichen Entwicklungskonzept" wird die Geduld von Bürgermeister und Marktgemeinderat auf eine harte Probe gestellt. Eigentlich sollte in einer Sondersitzung der Grundsatzbeschluss für das Konzept gefasst werden, mit dem sich Hirschaid Ziele für das Jahr 2030 setzen möchte. In dem Papier, das vom Büro für Städtebau und Freiraum (München) nach monatelanger Vorbereitung vorgelegt worden ist, sahen die Kommunalpolitiker jedoch nur eine "Hülse" (Klaus Homann, CSU). 
  
  "Hülse mit Inhalten füllen" Georg Kestler (Fortschrittlicher Bürgerblock) rieb sich verwundert die Augen: "Wo finden wir denn die Impulsprojekte, die in den Arbeitskreisen entwickelt worden sind?" Unabhängig von der großen Marschrichtung sollte Hirschaid durch die Verwirklichung von Bürgerwünschen und -vorschlägen schrittweise vorangebracht 
werden, forderte Kestler. 
Und Bürgermeister Andreas Schlund (CSU) bestätigte, dass die Arbeitskreise unzufrieden seien, weil die Gutachter ihre Vorstellungen nicht genügend berücksichtigt hätten. Schlund sieht die Gefahr, dass "uns die engagierten Bürger verloren gehen". Klaus Homann verlangt, dass die Hülse mit Inhalten gefüllt werde. Vor allem vermisste er die Ideen zur Wirtschaftsförderung, die in großer Zahl vom zuständigen Arbeitskreis unterbreitet worden waren. Wie man mit diesem Konzept Zuschüsse generieren wolle, ist Homann ein Rätsel. 
SPD-Gemeinderat Josef Haas gewann dem Papier als positive Aspekte immerhin den sinnvollen Umgang mit dem Landschaftsraum und das Ziel einer behindertengerechten Gemeinde ab. Defizite erkannte er aber bei den Aussagen zu den westlichen Ortsteilen und den Auswirkungen des ICE-Bauprojekts. Da sei Hirschaid "verraten und verkauft", so Haas. 
  
  "Zum einen Ohr rein und zum anderen wieder raus" Auch Bürgermeister Schlund hat den Eindruck, dass den Baufachkräften der Bahn die Anliegen der Marktgemeinde "zum einen Ohr rein und zum anderen wieder raus gehen". Umso mehr erwartet er eine Hilfestellung der Gutachter für die Verhandlungen der Gemeinde mit den Bahnprojektanten.
Dass für den Westen des Gemeindegebiets kein einziges Schlüsselprojekt vorgesehen ist, monierte Dritter Bürgermeister Erwin Krämer (WG Sassanfahrt-Köttmannsdorf-Rothensand) und er wurde darin von Heribert Rittmaier (FWG Röbersdorf) unterstützt.
 Unzufrieden zeigte sich Krämer mit dem Entwicklungskonzept, weil nicht erkennbar sei, wie sich Hirschaid als Zentrum für umliegende Gemeinden entwickeln solle, um seine Infrastruktureinrichtungen auf Dauer halten zu können. 
"Mir fehlt an vielen Stellen die wirtschaftliche Betrachtungsweise", kritisierte Krämer. 
Auf ein anderes Defizit machte Zweite Bürgermeister Romana Gensel (WG Regnitzau) aufmerksam: Die Jugend, die sich gerne in die Projektierung eingebracht habe, finde sich in dem Gutachten nicht wieder. Dabei müsse man doch darauf achten, die Jugend im Boot zu haben, meinte Gensel. 
Andreas Schlund pflichtete ihr bei; schließlich seien die Jugendlichen von heute in zwei Jahrzehnten die Erwachsenen, die sich in Hirschaid zu Hause fühlen sollen. Albert Deml (Ökologische Liste) schlug vor, das Entwicklungskonzept an die Arbeitskreise zurückzugeben, damit sie Stellung nehmen und ihre Ideen einbringen können. 
Nach dieser Breitseite gegen den unbefriedigenden Stand des Verfahrens versicherte Stadtplaner Klaus J. 
Schulz als Sprecher der Gutachter, dass die Ergebnisse der Arbeitskreise in das Entwicklungskonzept noch eingearbeitet werden sollen. Übergeben möchte er es wie geplant in der Gemeinderatssitzung am 12. Dezember. Danach könne der Gemeinderat einzelne Impulsprojekte herausziehen und zur Förderung bei der Regierung anmelden.
 Ein umfassendes Entwicklungskonzept sei dafür aber die zwingend erforderliche Grundlage, erklärte Schulz. Zunächst gehe es um ein Leitbild, ergänzte Stadtplaner Ingo Quaas: "Wir sind noch nicht in der Dorfentwicklungsplanung, sondern eine Etage drüber!"
Diese Auskunft erregte den Argwohn der Hirschaider Marktgemeinderäte allerdings erst recht: Sie sahen sich der Chance beraubt, in die Details des Entwicklungskonzepts einzugreifen, wenn zunächst der große Rahmen gesteckt und am 12. Dezember bereits das fertig geheftete Gutachten mit allen Einzelheiten in Empfang genommen werden soll. 
  
  Nicht nur auf Leerstände setzen Im Übrigen gibt es eine offensichtliche Diskrepanz zwischen den Stadtplanern und dem Großteil des Marktgemeinderats in der Bauleitplanung: Die Experten meinen mit Blick auf die demografische Entwicklung und die sinkende Bevölkerung, dass der Bauflächenbedarf hauptsächlich durch die Aktivierung von Leerständen und Brachen gedeckt werden kann. 
Die Kommunalpolitiker sehen das aber nicht als Allheilmittel, sondern haben weitere Baugebietsausweisungen auf der grünen Wiese im Visier. Kurt Barthelmes (WG Regnitzau) verwies darauf, dass die Gemeinde doch keinen Zugriff auf die ungenutzten Flächen in den Ortslagen habe. 
Bei einer Verstärkung der Innenentwicklung sind zudem keine preisgünstigen Grundstücke für junge Familien zu generieren, gab Hans Wichert (WG Sassanfahrt-Köttmansdorf-Rothensand) zu bedenken. Da müsse die Gemeinde höchstens noch als Sponsor der Bauherren auftreten, warnte er.
Stadtplaner Schulz ließ sich jedoch nicht von seinem Vorschlag abbringen, in ein kommunales Flächenmanagement einzusteigen. Und dies ist auch als eines der Schlüsselprojekte im Entwicklungskonzept enthalten.
Um nicht vor vollendete Tatsachen gestellt zu werden, vereinbarte der Marktgemeinderat mit dem Gutachterteam die Übermittlung des um die Impulsprojekte ergänzten Konzepts zu einer Vorberatung in den örtlichen Gremien für November/Dezember. Mit der Verabschiedung will man sich nun bis Februar Zeit lassen.