Nach dem tödlichen Unfall am Berliner Ring zwischen einem Lkw und einer Radfahrerin am Dreikönigstag blieb der Unfallhergang längere Zeit ungeklärt. In Kürze soll das abschließende Gutachten an die Staatsanwaltschaft übergeben werden.
Zwei, drei Monate kann so eine komplexe Ermittlung schon in Anspruch nehmen. Das weiß auch Hauptkommissar Holger Dremel von der Bamberger Polizeiinspektion.
Nach dem tragischen Unfall am Berliner Ring zwischen einem Lkw und einer Radfahrerin am Dreikönigstag vor knapp drei Wochen blieb der genaue Unfallhergang längere Zeit ungeklärt. Auch weil zwei Zeugen den Unfall gänzlich konträr zueinander der Polizei beschrieben hatten. Fest steht: Eine 24-jährige Radfahrerin wurde von einem Sattelzug überrollt und starb nach wenigen Stunden an ihren Verletzungen im Krankenhaus.
Mittlerweile wird der Unfallhergang so von der Polizei beschrieben: Beide waren auf der Zollnerstraße in Richtung stadtauswärts unterwegs. Und: Beide müssen an der Kreuzung zum Berliner Ring "bei Rotlicht gestanden haben", erklärte Dremel. Die Radlerin wollte den Berliner Ring überqueren und geradeaus in Richtung Haup ts- moorstraße fahren. Der Sattelzug bog jedoch nach rechts auf den Berliner Ring und überrollte dabei die schwächere Verkehrsteilnehmerin. Brennende Kerzen vor Ort erinnern noch heute an die Unglücksstelle.
Der Lkw-Fahrer selbst äußerte sich nicht: "Der Beschuldigte hat von seinem Recht Gebrauch gemacht, nicht auszusagen", sagte Dremel auf Nachfrage am Donnerstag. Nachdem die Polizeibeamten zwei unterschiedliche Zeugenaussagen aufgenommen hatten, suchten sie nach weiteren Informationen und Beobachtern. Es hätten sich in den Tagen nach dem Unfall zwar noch Zeugen gemeldet, aber keiner konnte wirklich "sachdienliche" Hinweise liefern, so Dremel. An Gerüchten oder Vermutungen, die junge Radfahrerin wäre alkoholisiert am frühen Abend unterwegs gewesen, ist nichts dran. "Es gab eine Blutentnahme: Im Blut der jungen Frau war kein Alkohol", sagte Dremel. Sie fuhr in der Dämmerung auch mit Licht. "Das ist wirklich ein sehr tragischer Unfall, wie er so nicht oft vorkommt", beklagte Dremel.
Für alle Beteiligten sei es in so einem Fall sehr wichtig, dass die Ermittlungen möglichst schnell abgeschlossen werden können, erklärte der Hauptkommissar. Aktuell sei die Polizei "kurz davor", das abschließende Gutachten des Unfall-Sachverständigen an die Bamberger Staatsanwaltschaft zu übergeben.
... für Radfahrer? Ich fahre beinahe täglich mit dem Rad den Berliner Ring entlang und habe mich daran gewöhnt, bei jeder Kreuzung einen Schulterblick zu machen. Ich rechne immer damit, dass mich ein Rechtsabbieger oder sogar ein entgegenkommender Linksabbieger übersieht. Ich gebe meine Vorsicht nicht auf, nur weil die StVO irgendwelche Spitzfindigkeiten parat hält oder die Stadt sich irgendetwas schlaues ausgedacht hat. Schon in der Grundschule hab ich gelernt, nach links und rechts zu schauen, obwohl die Ampel auf grün steht. So mache ich es und fühle mich einigermaßen sicher. Ich weiß, das alles bringt die junge Frau nicht zurück.
... muß ich vor allem als Radfahrer zigfache Vorsicht walten lassen.
Das enthebt die Verkehrsbehörden aber nicht davon, sichere Verkehrsbedingungen zu schaffen. Doch dazu sind sie oft nicht bereit, da ihnen der ungehindert schnelle Autoverkehr augenscheinlich das wichtigere Anliegen ist.
Mit Spitzfindigkeiten in der StVO hat das nichts zu tun. Es war eine klare, bewußte, von den Unfalldaten her erzwungene Entscheidung, mit Geltung ab Oktober 1997 die Radwegbenutzungspflicht zu einer rechtfertigungsbedürftigen Ausnahme zu erklären. Daß Behörden, die diese Rechtslage auf Kosten der Verkehrssicherheit nicht umsetzen, sich von aller Verantwortung freizusprechen versuchen, ist der Skandal.
Die damals in Kraft getretene Fassung der StVO ist von den seinerzeitigen Ministern Wißmann (Verkehr) und Merkel (Umwelt) unterzeichnet worden. Beide sind nie als besondere Freunde des nicht motorisierten Verkehrs in Erscheinung getreten, die den Radfahrern oder ihren Verbänden einfach nur einen Gefallen tun wollten. Der eine ist inzwischen auch offiziell das, was er damals schon war, nämlich hochrangiger Lobbyist der Autoindustrie. Die andere kämpft als Regierungschefin in Brüssel für rückständige Technologie, indem sie eine zukunftsfähige Luftreinhaltepolitik torpediert. Daß diese beiden für die Aufhebung der allgemeinen Radwegbenutzungspflicht veantwortlich zeichnen, belegt überdeutlich, wie groß die Sachzwänge waren.
Entlang beinahe der gesamten Zollnerstraße sind die Radwege, der Straßenverkehrs-Ordnung entsprechend, nicht benutzungspflichtig. Aus gutem Grund war vor mehr als 17 Jahren die allgemeine Benutzungspflicht aufgehoben worden.
Nur in der Bahnunterführung sowie auf dem letzten Stück vor dem Berliner Ring hat die Stadt Bamberg sie wieder angeordnet - ohne irgendeine nachvollziehbare Rechtfertigung. Denn es gab keine Unfälle, welche auf die Fahrbahnnutzung durch Radfahrer zurückzuführen waren. Nach höchstinstanzlicher Rechtsprechung hat aber das tatsächliche Unfallgeschehen in die Entscheidung, ob im begründeten Einzelfall die Benutzung des Radwegs ausnahmsweise angeordnet werden soll, einzufließen. Nur "allgemeine Sicherheitsüberlegungen" anzuführen, ist unzulässig.
Die seitens der Stadt Bamberg vorgetragene Begründung: Die Schaltung der Lichtsignalanlagen (Ampeln) beließen den Radfahrern keine ausreichende Räumzeit, bevor der Querverkehr Grün erhält. Tatsächlich handelt es sich um eine Zeitdifferenz im Sekundenbruchteil - und die ist mit den anderen Risiken abzuwägen. Denn gemäß Straßenverkehrs-Ordnung bedarf die Anordnung der Benutzungspflicht einer das normale Maß erheblich überschreitenden Gefahrenlage. Selbst dann muß der Radweg zwingend vorgegebene Qualitätskriterien erfüllen (Verwaltungsvorschrift zur StVO, technische Regelwerke). Denn wenn die Gefahrenlage nicht entschärft werden kann, ist die Anordnung sinnlos. Daß die Radwege entlang der Zollnerstraße richtlinienkonform wären, wird niemand ernsthaft behaupten wollen.
Ohne Radweg hätte die Radfahrerin sich vor oder hinter dem Lkw, jedenfalls nicht im toten Winkel befunden.