Eli Wasserscheid kehrt zu ihren Wurzeln zurück: Neben Martin Neubauer spielt die Wahlmünchnerin in Bamberg ab 20. November Bettine von Arnim. Mit uns sprach die Fränkin auch über ihre Rolle als "Tatort"-Kommissarin. Anbei Videos zu der Exil-Bambergerin.
Was für einen Hype gab's um den Franken-"Tatort" schon Monate bevor der erste Schuss fiel. Dann die Nachricht, dass eine Bambergerin ermittelt: Eli Wasserscheid, die als Kommissarin "Wanda Goldwasser" im "Dadord-Deam" die Mundart-Fraktion vertritt. Jetzt kehrt die Theater-, Film- und Fernsehschauspielerin an die Regnitz zurück. Ab 20. November spielt sie an der Seite Martin Neubauers im Programm "Das Liebste, was ich geschrieben" - und unternimmt mit dem Bamberger Publikum später noch literarische Hainspaziergänge. Wir sprachen vorab mit der in München lebenden Akteurin.
Wieder in Bamberg: Erinnert Sie das an Ihren ersten Auftritt bei der VHS-Studiobühne, wo Martin Neubauer Ihr "Ausnahmetalent" erkannte? Anfangs liefen Sie allerdings nur zweimal durchs "Bild " und sagten: "Tock - Tock - Tock." Eli Wasserscheid: Ja, ich kann mich noch gut an die Zeit zurückerinnern, in der
Martin die Studiobühne leitete. Das war für mich die beste Möglichkeit, mich auszuprobieren. Wobei ich zuvor schon in einer Theatergruppe am KHG spielte und in Shakespeares "Sommernachtstraum" mal einen von drei schweigenden Bäumen mimte. Ich hatte damals bereits den geheimen Wunsch, Schauspielerin zu werden - und dieser Wunsch hat sich bei der VHS und später am Brentano-Theater extrem verfestigt. Als Bratschistin saß ich in einer "Dracula"-Inszenierung auch im Orchestergraben des E.T.A.-Hoffmann-Theaters und sah diesen Mikrokosmos hinter den Kulissen: eine faszinierende Welt in der Welt, die mich nicht mehr los ließ. Von Bamberg aus starteten Sie Ihre Schauspielkarriere, die Sie nach Berlin, Mannheim, Landshut, Bregenz und München führte, wo Sie heute dem Ensemble des Me-tropoltheaters angehören. Sie führten auch Regie und wurden dafür ausgezeichnet.
Was also zieht Sie von der Bühne in die "Niederungen" der TV-Unterhaltung? Ich sehe keine Niederungen. Die Arbeit, die man als Schauspieler beim Fernsehen leistet, ist genauso anspruchsvoll wie die auf der Bühne. Man muss sein Drehbuch in- und auswendig kennen, um in der Handlung von einer Szene zur nächsten springen zu können. Die Kamera ist wahnsinnig nah an einem dran , man arbeitet mit winzigen Gesten. Alles ist sichtbar und somit nur mit größter Konzentration machbar. Aber genau das ist eben besonders reizvoll.
Ausgetickte Kommissare
Sie sind nicht nur "Tatort"-Darstellerin, sondern auch ein "Tatort"-Fan: Wie sehen Sie den Generationenwechsel bei den Ermittler-Teams, bei denen mehr ausgeflippte Kommissare denn je ihre Marotten zelebrieren? Ich finde es gut und richtig, dass Neues ausprobiert wird: Dass auch das Privatleben der Kommissare
beleuchtet wird. Dass es in der Zusammenarbeit Konflikte geben kann, entspricht meines Erachtens der Realität. Warum soll man das nicht erzählen?
Sie hätten also nichts dagegen, wenn die Drehbuchschreiber "Wanda Goldwasser" Psychosen andichten oder Ihre Figur nachts heimlich anschaffen lassen? Ein No-Go gibt es für mich erstmal nicht. Ich bin generell neugierig und offen gegenüber allem, was man für eine meiner Figuren schreibt. Andererseits sehe ich mich als Fürsprecherin von "Wanda", deren Entwicklung stimmig sein sollte. Ich kümmere mich um sie wie eine Freundin oder Schwester.
Enormes Feedback
Nervt Sie der Rummel um die "Tatort"-Kommissarin nicht, der all Ihre früheren Erfolge in den Schatten stellt? Schließlich profilierten Sie sich auf renommierten Bühnen, arbeiteten mit bekannten Regisseuren und
gewannen Auszeichnungen. Ich mag den Rummel, der sich bislang im angenehmen Rahmen hält. Ja, "Wanda" macht mir viel Freude, auch wenn vieles für mich neu war: Plötzlich kriegt man als Schauspielerin dieses enorme Feedback. Es ist interessant, was allein die Erwähnung des Wortes "Tatort" auslöst.
In Kürze spielen Sie wieder mit Martin Neubauer. Warum kehren Sie ausgerechnet jetzt zu Ihren Wurzeln zurück? Weil ich darauf große Lust habe und zum Glück gerade auch die nötige Zeit. Ich erinnere mich gerne an die Phase zurück, in der Martin (Neubauer) mein Mentor war, und ich an seinem Theater spielte.
Er bestärkte mich ganz entscheidend darin, Schauspielerin zu werden.
Eine innere Verbindung
Sie verkörpern in dem Programm "Das Liebste, was ich geschrieben" Bettine von Arnim - wie schon 1998: Was fasziniert Sie an Clemens Brentanos Schwester, die vor 200 Jahren lebte? Ich war 18 Jahre alt, als mir Martin Texte gab, in denen ich Bettine erstmals begegnete. Welchen Urinstinkt für Freiheit hatte sie schon als 15-jähriges Mädchen! Welchen unheimlichen Weitblick! Das alles beeindruckte mich sehr. Ich hatte zu Bettine von Arnim gleich eine Verbindung und bis heute sind ihre Gedanken und Vorstellungen brandaktuell.
Haben Sie das Bamberger Publikum vermisst? Was zeichnet die Franken als Zuschauer gegenüber den Münchnern aus? Ich glaube nicht an diese Unterschiede und scheue mich davor, der einen oder anderen Seite einen Stempel aufzudrücken. Ich freue mich darauf, im Publikum - anders als in München - wieder bekannte Gesichter zu sehen: Freunde aus der Schule oder Freunde der Familie. Und was ich in Bamberg immer sehr genieße, ist ein anderer Umgang mit der Zeit.
Die Bamberger Keller
Fühlen Sie sich überhaupt noch als Bambergerin?Was vermissen Sie an der Isar am meisten? Ich fühle mich sehr wohl als Bambergerin. In dieser Stadt kenn ich jede Straße, hier bin ich zu Hause.
Villa Remeis, Altenburg, Dom, Alte Hofhaltung, das alles zeige ich gerne meinen Münchner Freunden und denke mir: Was für ein Glück hier aufgewachsen zu sein. Vermissen? Die Bamberger Keller, Ziebeleskäs, des guude fränkische Brot, a kühles Bier im Steinkrug, in Cafés Freunde zu treffen, ohne sich vorher groß verabredet zu haben, den Hain . . ., vieles.
Sie spielen im "Tatort", am Münchner Metropoltheater und übernehmen neben Ulrike Arnold bald auch am Stadttheater Fürth bei der Neuinszenierung des "Homo Faber" die Regie. Bleibt Zeit fürs Privatleben? Die muss man sich nehmen. Als Freiberuflerin führe ich natürlich ein Privatleben, das eng mit meiner Arbeit verknüpft ist. Einen Nine-to-Five-Job habe ich nicht und muss mich manchmal auch geradezu zwingen, in den Urlaub zu fahren.
Kraft ziehe ich vor allem aus dem Teamwork, aus Inhalten, an denen ich arbeite, und neuen Ideen. Als Lehrbeauftragte an der Theaterakademie August Everding geben Sie Ihr Wissen an die nächste Generation weiter. Wie bereiten Sie junge Schauspieler auf eine Zukunft vor, in der die Theaterbranche ums Überleben kämpft und Laiendarsteller im Netz oder etwa im Reality-TV Erfolge feiern? Ich glaube an die Bedeutung des Theaters. Und ich glaube daran, dass sich die Menschen weiterhin nach Geschichten sehnen, die auf Bühnen erzählt werden und sie auch brauchen. Man muss als Schauspieler das Seine dazu beitragen, dass diese Geschichten nicht verflachen. Je mehr ein Schauspieler dem Zuschauer erlaubt, ihm beim Sein zuzuschauen, desto mehr kann der Beobachter erleben und mitnehmen.
Darüber hinaus erweitert sich unser Berufsbild zunehmend dahingehend, dass man auch eigene Konzepte entwickelt und eigene Projekte auf die Beine stellt. Das versuche ich jungen Kollegen zu vermitteln.
Auf einen Blick
Eli Wasserscheid kehrt mit zwei Programmen nach Bamberg zurück. "Das Liebste, was ich geschrieben" gibt's erstmals am 20. November, 20 Uhr, am Brentano-Theater (Gartenstraße 7). Weitere Vorstellungen finden am 21. November ab 17 Uhr und am 22. November ab 17 Uhr im Aufseßhöflein statt. Im Blickpunkt steht der Briefwechsel zwischen Bettine und Clemens Brentano als zauberhaftes Dokument einer romantischen Geschwisterliebe. Zärtlich und ironisch tauschen sich die beiden aus - voller sprachlicher Schönheit. Karten gibt's im Vorverkauf via 0951/54528.
Der szenische Hainspaziergang "Ein bunter Wunderpelz" bietet einen heiteren Gang in den Advent. Im Mittelpunkt steht eine unverhoffte Weihnachtsbegegnung von Arthur Schnitzler, umrankt von fröhlich-nachdenklichen Texten zur Jahreszeit. Los geht'smit Eli Wasserscheid und Martin Neubauer am 28. 11. um 15.30 Uhr, am 29. November um 11 und 15.30 Uhr vor dem Bootshaus.