Es heißt: ein bis zwei Prozent der registrierten Knochenmark-Spender können in den ersten fünf Jahren spenden. Christoph aus Bamberg ist knapp ein Jahr in der Kartei aufgenommen. Kurz vor Weihnachten hat er erfahren: Sein Gewebe passt zu einem Patienten.
Im besten Fall gibt es den einen genetischen Zwilling unter 20 000. Der wiederum muss aber überhaupt erst einmal bei der Deutschen Knochenmarkspenderdatei (DKMS) registriert - und gesund - sein. Christoph, ein junger Mann Ende 20, der lieber nur seinen Vornamen in der Zeitung lesen will, hat im Frühjahr 2014 zwei Wattestäbchen an die DKMS zurückgeschickt. Ein dreiviertel Jahr später postete er ein Foto aus einem Praxis-Zimmer in Dresden: "Helfen kann so einfach sein. Gemeinsam gegen Blutkrebs", schrieb er am Tag der Stammzellenspende auf seiner Facebook-Seite und bekommt dafür 100-"Gefällt-Mir"-Angaben, und mehr Zuspruch und Nachrichten als beispielsweise am Geburtstag, erinnert er sich noch heute.
Aber: ein paar Wochen zurück. Im November 2014 hat Christoph einen Brief von der DKMS bekommen: "Du bist in der engeren Wahl", das war die Botschaft zu der ganz viel Infomaterial beigelegt wurde. Für ihn gab es "überhaupt nix zu überlegen", sagt er. Im nächsten Schritt nahm ihm sein Hausarzt Blut ab, das von der DKMS noch einmal gründlich untersucht wurde. Zwei Wochen vergingen, bis klar war, seine Gewebemerkmale müssten mit denen des Patienten übereinstimmen. Jetzt sollte es möglichst schnell gehen. Gleich nach Weihnachten fuhr er das erste Mal nach Dresden, wo die DKMS einen Stützpunkt hat, um einen abschließenden Körper-Check zu machen: Ultraschall aller Organe, Fitness-Test - auch körperlich hat alles gepasst.
Spende so schnell als möglich Im Fall von Christoph - wie in 80 Prozent aller Spenden - reichte eine periphere Stammzellspende aus, es war also keine Operation notwendig. Einige Tage vor der Spende musste er sich den sogenannten Wachstumsfaktor G-CSF spritzen, damit die weißen Blutkörperchen gesteigert werden und schließlich die Stammzellen direkt aus dem Blut gewonnen werden können. Es war schließlich der 8. Januar als er für fünf Stunden mit zwei anderen Stammzellen-Spendern in einem Zimmer lag, angeschlossen an eine Maschine, die - ähnlich wie bei der Dialyse - Blut raus- und dann wieder reinpumpt.
An einem Tag ein Leben retten "Das schlaucht schon", erinnert sich Christoph. Ganze fünf Stunden am Stück lag er einfach nur da. Hat Filme geschaut, gegessen, sich mit den anderen beiden unterhalten. Um acht Uhr in der Früh ging es los, um 14 Uhr war Schluss. Wieder zurück im Hotel, erfährt Christoph, dass die Menge, die von seinen Stammzellen angefordert wurde, beim ersten Mal erreicht werden konnte. Also: Eine Nacht schlafen und wieder heimfahren. Fit genug dafür war er am nächsten Tag wieder.
So schnell kann es gehen: Er war noch nicht mal ein ganzes Jahr registriert, und wenn alles gut geht, konnte innerhalb von zwei Monaten ein Leben gerettet werden. Ob es wirklich geklappt hat, erfährt Christoph aber erst in einem halben Jahr.
Gemeinsam gegen Blutkrebs Jürgen Endreß aus Bamberg weiß schon mehr, seine Spende liegt über vier Jahre zurück. Mit 18 hat er sich typisieren lassen, weil in seiner Heimat ein Hilfe-Aufruf gestartet wurde. 16 Jahre später wurde sein Knochenmark benötigt. Eine 18-jährige Französin - Geschlecht, Alter und Herkunft erfahren die Spender sofort - brauchte seine gesunden Stammzellen. "Klar hat mich das damals überrascht. Du weißt schon, dass du da registriert bist, aber du rechnest nicht damit, dass es so weit kommen könnte", sagt Endreß. Der erste Spendentermin wurde bei ihm damals abgesagt, der Krankheitszustand der jungen Frau war wohl zu riskant. Dann, im Dezember 2010 hat er spenden können. Dass eine Spende ins Ausland geht, ist keine Seltenheit: "Über die Hälfte, die wir vermitteln, gehen ins Ausland", erklärt Julia Runge von der DKMS.
Heute weiß Jürgen Endreß, dass seine Spende nicht erfolgreich war. "Freilich ist man im ersten Moment betrübt", aber: "Ich bin weiterhin registriert und würde jederzeit wieder spenden." Ihm persönlich fällt immer wieder auf, dass noch viele Menschen Bedenken haben: "Da kursieren Ängste, dabei ist es so eine einfache Sache für den Spender und so wichtig für den Empfänger", sagt Endreß. Letztlich "ist es nicht anstrengender oder riskanter als Blutspenden". Ähnlich sieht es Kevin Düsel. Er hat im vergangenen Jahr für eine Frau in den USA gespendet und bringt das, was alle drei Geschichten verbindet, auf der Facebook-Seite "Fränkischer Tag Bamberg" so auf den Punkt: "Ein kleiner Aufwand meinerseits der hoffentlich ein Leben rettet."