Im Klosterwald bei Ebrach kreischen wieder die Sägen

Vier Jahre war es vergleichsweise still im Hohen Buchenen Wald bei Ebrach. Doch in diesem Winter ist Schluss mit der Schonzeit am oberfränkischen Steigerwaldrand. Im ehemals geschützten Landschaftsbestandteil, aus dem der frühere CSU-Landrat Günther Denzler die Vollerntemaschinen verbannt hatte, kreischen seit kurzem wieder die Sägen, kehrt die Forstwirtschaft zurück.
"Vorsichtige Pflegemaßnahmen"
Was ist passiert in dem 700 Hektar großen Laubwaldidyll, das in den vergangenen Jahren zum Zankapfel zwischen Naturfreunden auf der einen und den Gegnern eines Nationalparks auf der anderen Seite geworden war, einer Fläche, die Denzler zum Weltnaturerbe machen wollte und der die Staatsregierung per Gesetzesänderung den Schutzstatus wieder aberkannt hatte? "Im Mittelpunkt stehen sehr vorsichtige Maßnahmen zur Förderung des Waldumbaus sowie Pflanz- und Pflegemaßnahmen wie etwa Kronenpflege zu Gunsten der Eiche", teilt uns Jan-Paul Schmidt, Sprecher der Bayerischen Staatsforsten, mit. Es werde nach dem Konzept von Betriebsleiter Ulrich Mergner dort auch weiterhin dicke Buchen und Methusalembäume geben, beruhigt das Unternehmen in Regensburg.
Doch was die Staatsforsten "sehr zurückhaltende Nutzung für Pflege- und Waldbaumaßnahmen" nennen, ruft diese Woche eine Abordnung mehrerer Naturschutzverbände auf den Plan, die den Bayerischen Staatsforsten Wortbruch vorwerfen. Deutliche Worte fallen im Dezemberwald bei Ebrach: "Jetzt mit dem Abholzen der dicken Bäume einfach weiter zu machen, ist ein Skandal". Das sagt Hubert Weiger, Ehrenvorsitzender des Bund Naturschutz. Die Vertreter des BN Bayern, von Greenpeace Bayern und der WWF Deutschland fordern den sofortigen Stopp der Hiebsmaßnahmen im umstrittenen Klosterwald. Auch die grüne Bundestagsabgeordnete Lisa Badum (Bündnis 90/Die Grünen) spricht von einer provokanten Aktion. Sie zeige wieder einmal, wie wenig die bayerische Staatsregierung die Belange der Zivilgesellschaft und Bürger vor Ort berücksichtige", sagt Badum und fordert ein sofortiges Einschlagsmoratorium.
Tatsächlich sind in dem ehemaligen Schutzgebiet rund um zwei unangetastete Naturwaldreservate in den letzten Wochen etliche Bäume gefallen, darunter mehrere Dutzend dicker Buchen allein in der Waldabteilung Steinkreuz. Auch "krasse Fälle mächtiger und über 140-jähriger Altbäume" sind dabei, wie BN-Waldreferent Ralf Straußberger kritisiert. "Hier wird im großen Stil gefällt, bevor die Bäume die Stärke von 80 Zentimeter erreichen, bei der sie auch von den Staatsforsten geschützt werden." Was Straußberger und Co. besonders enttäuscht: Staatsforsten-Vorstand Martin Neumeyer habe versprochen, im Hohen Buchenen Wald in diesem Winter keine dicken Bäume über 60 Zentimeter zu fällen.
Diese Kritik weist der Sprecher des Betriebs zurück. Die Planungen für die Abteilungen Kappe und Steinkreuz seien der Öffentlichkeit im Sommer vorgestellt worden. Wie zugesagt, seien auch keine dicken Buchen gefällt worden. Schmidt: "Diese beginnen bei den Staatsforsten erst ab 80 Zentimeter."
Kommentar des Autors
Rendite vor Respekt?
Mehr als ein Zehntel der bayerischen Landesfläche, 780 000 Hektar Wald, befinden sich in der Bewirtschaftung der bayerischen Staatsforsten. Was den mit Abstand größten Waldbesitzer Deutschlands dazu treibt, den Streit im Steigerwald unnötig zu befeuern, darüber kann man nur rätseln. Das Absägen von dicken Bäumen in einem sensiblen Gebiet, einem Wald, der wie kein zweiter in Franken unter Beobachtung steht, ist eine Provokation, eine Respektlosigkeit, zuletzt ein gefundenes Fressen für die Anhänger eines Nationalparks. Wollen die Staatsforsten und das CSU-geführte Landwirtschaftsministerium wirklich riskieren, dass Menschen Kreuze auf dicke Buchen im Steigerwald malen und sich am Ende gar anketten? Die Staatsforsten sollten wissen, dass es nicht reicht, die Muskeln spielen zu lassen. Wer den Streit um den Steigerwald gewinnen will, muss versuchen zu überzeugen. Mit dem Absägen von Bäumen gelingt das nicht.