Ihr Rezept lautet: Mit den Menschen reden

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Die Küche ist bei Helga Bieberstein der zentrale Ort im Haus, wo sie kocht, debattiert und Familie um sich hat. Fotos: Ronald Rinklef
Die Küche ist bei Helga Bieberstein der zentrale Ort im Haus, wo sie kocht, debattiert und Familie um sich hat. Fotos: Ronald Rinklef
 
 
 
 

Blick hinter die Kulissen: Wir besuchen die Landratskandidaten privat. Unsere fünfte Stippvisite gilt Helga Bieberstein, die für Bündnis 90/Die Grünen/Alternative Liste Bamberg-Land antritt.

Gras in der Einfahrt? Das würde passen. Hier könnte Helga Bieberstein wohnen. Die Frau, die für Bündnis 90/Die Grünen und die Alternative Liste Bamberg-Land die erste Landrätin werden soll. Tatsächlich, sie wohnt hier. In einem kleinen, alten Bauernhaus an der Hauptstraße mit, was sonst, einer grünen Holz-Eingangstür. "Zufall", erklärt die 51-Jährige und "die Einfahrt wird noch gemacht". Wenn sie und ihr Mann Zeit haben. Zuerst sind die funktionaleren Dinge an der Reihe, gibt die Kandidatin zu verstehen. Ganz Pragmatikerin.




Als Pflegedienstleiterin für verschiedene Abteilungen der Uniklinik Erlangen muss sie das wohl. "Ich bin gut im Organisieren." Vieles davon, was den privaten Sektor betrifft, erledigt sie in der Küche. Hier ist der Dreh- und Angelpunkt. Wohl auch deswegen, weil die Landratskandidatin gerne kocht. Fränkisch aber auch Italienisch und ein bisschen Thailändisch. Und sie trinkt gerne Espresso, mit Unterstützung ihrer "Vibiemme", der Küchenmaschine, die ihr der Ehemann zum 40. schenkte.

Ein blühende rötliche Amaryllis leuchtet am einen Fenster. Auf Sommerblumen aus dem Garten warten diverse blaue Vasen, während auf anderen Fenstersimsen üppige grüne Pflanzen wuchern. "Nutzpflanzen," kommentiert die Frau mit dem markanten Kurzhaarschnitt.

Reich an Steinen
Helga Bieberstein ist überdies auch noch steinreich: Immer wieder stößt man auf kleinere Ansammlungen von Steinen. "Aus jedem Urlaub bringe ich welche mit," kommentiert sie diese Angewohnheit. Als Erinnerung, denn Fotografieren ist nicht so ihr Ding. Dann eher Joggen und Radfahren und wie bereits erwähnt Kochen. Letzteres am liebsten im Rahmen der Familie. Damit meint sie befreundete Ehepaare und deren Sprösslinge. Helga Bieberstein und ihr Mann Andreas Knauer haben zwar keine eigenen Kinder, dafür jedoch etliche Patenkinder, wie anhand der Fotos und kleinen Kinderkunstwerke gut abzulesen ist "Ich mag Kinder", sagt die Wahl-Amlingstadterin, die aus der Gemeinde Burgebrach, Ortsteil Grasmannsdorf stammt.

Sie selbst war das siebte von acht Kindern und in ihrer Jugend immer draußen. Helga Bieberstein liebt das Landleben. So half sie gerne in der Landwirtschaft mit, auch wenn die Handwerkerfamilie keine eigene besaß. "Mit 13 habe ich das Treckerfahren gelernt." Lernbegierig, das war sie wohl schon jeher. In Forchheim absolvierte sie eine hauswirtschaftliche Ausbildung und parallel dazu eine zur Kinderpflegerin. Das genügte ihr bald schon nicht mehr. So wurde sie Kinderkrankenschwester. Anschließend ließ sie sich für Kinderintensivmedizin ausbilden. Dazu musste sie allerdings nach Erlangen. Ihre Chefin an der Uniklinik erkannte bald schon die organisatorischen und Menschenführungs-Qualitäten, so dass hier weitere Weichen gestellt wurden.

Gewerkschaft am Anfang
Auf dem politischen Sektor haben das Ereignisse bewirkt. Zuerst engagierte sich Helga Bieberstein in der Gewerkschaft (Verdi). Weil sie sich im sozialen Bereich und hier letztlich einen Namen gemacht hat, stellten die Bamberger Grünen sie auf. Von 1993 bis 2002 war sie für die Partei aktiv. Dann kam die Weiterbildung im Managementbereich. Das ließ ihr nicht mehr die Zeit, die sie für die Politik gebraucht hätte. 2002 übrigens trat sie noch für die Grünen als Landrats-Kandidatin gegen Denzler an. "Ich wollte unsere Leute stärken". Und das, obwohl sie 2000 aus der Partei ausgetreten ist "wegen der windelweichen Beschlüsse zum Atomausstieg und wegen der Wirtschaftspolitik".

Als Parteilose saß sie für die Grünen im Bezirkstag und vertritt Grüne Interessen in der zu Ende gehenden Amtsperiode im Kreistag. Grünen-Ziele sind für sie die, mit denen sie sich am meisten identifiziert. Was ihr überdies gefällt: "Die haben schon immer Nichtmitglieder an vorderen Plätzen aufgestellt." Helga Biebersteins Ehemann ist übrigens Grünen-Mitglied (geblieben). Beide sind das, was man politische Menschen nennt.

Deswegen unterstützt Andreas Knauer die Landratsambitionen seiner Frau "selbstverständlich", obwohl er anfangs schon ein bisschen skeptisch war. Angesichts des doch erheblichen Arbeitspensums (60-Stunden-Wochen sind keine Seltenheit), das seine Ehefrau ohnehin schon stemmt. "Das bin ich gewohnt," erklärt die Kandidatin lächelnd und packt wegen dem Wahlkampf noch einige Termine obendrauf. Warum? Weil es sie reizt, was zu gestalten, weil sie es sich zutraut, weil sie offen für Neues und ein Team-Mensch ist. Deswegen würde sie als erstes mit den Leuten reden. "Denn wir haben ein wahnsinniges Potenzial in der Landkreis-Verwaltung." Und sie würde investieren, "nicht nur fordern".

Was fordert sie? Heilig sind ihr Sonntag-Abende zwischen 20.15 und 21.45 Uhr: "Tatort"-Zeit. Zuvor wird mit der Familie gekocht. "Der Landrat hat Sonntagabend auch immer Zeit gehabt."

Für die Familie, die einmal hier als Senioren-WG hier leben soll, baut Heimwerker Andreas Knauer das Haus mit Anbau aus. Ob seine Frau nun Landrätin wird oder nicht. "Uns drängt doch zeitlich nichts", sagt Helga Bieberstein auch mit Blick auf die grüne Einfahrt.