"Ich habe Pubertät" - Schweigende Kommunikation

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Wenn Nicola am Wochenende unterwegs ist, stellt sich der Vater das eher so vor. Foto: Michael Busch
Wenn Nicola am Wochenende unterwegs ist, stellt sich der Vater das eher so vor. Foto: Michael Busch

Michael und Nicola Busch - Unser Redakteur, Vater einer 13-jährigen Tochter, schreibt seine Erfahrungen in einer wöchentlichen Kolumne auf.

Es gibt dieses Vorurteil, dass Frauen pro Tag mehr zur Verfügung haben als Männer: Mehr oder weniger seriöse Quellen berichteten davon, dass Frauen rund 7000 Wörter pro Tag von sich geben, Männer dagegen nur 2000. Ein Forscherteam um Matthias Mehl, Universität von Arizona, hat das allerdings widerlegt und festgestellt, dass Frauen im Schnitt auf 16 215 Wörter am Tag kommen, Männer auf 15 669. Kein signifikanter Unterschied.


Limes null

Ich bin mir allerdings sicher, dass ich diesen Forscher bitten werde, die Wortzahl bei meiner Tochter Nicola mal zu überprüfen. Denn diese geht phasenweise gen null. Der Mathematiker spricht hier von "Limes null" und trifft die Wahrheit vermutlich sehr genau. Wie ich zu dem Schluss komme? Nicola war jetzt über Pfingsten drei Tage zelten. Mit zwei Dutzend anderen Jugendlichen und deren Eltern. Im Vorfeld hieß es: mit Freibad, Gruppenspielen, Grillen und allem, was dazugehört. Als meine 13-Jährige am Sonntag aber wieder zurück war, gab es auf die zugegebenermaßen elterntypische Frage "Und wie war es?" lediglich ein gemurmeltes "Mmh". Vielleicht interpretierbar als ein "Mmhmmh", aber ich war mir da nicht sicher. Darum fragte ich nochmals nach, konzentrierter, intensiver. "Gab's was Besonderes?"
Könnte ja sein, dass irgendetwas vorgefallen ist, über das sie nicht berichten wollte. Massenschlägereien, Überfälle, alles, was man sich so als Vater in seinen Schreckensszenarien ausmalen kann. Ein sauberes, dahingenuscheltes "Bassd scho!" befriedigte meine Neugier nicht wirklich.
Warum kann sie nicht einfach sagen: "Cool, ich will nächstes Jahr wieder mit. Wir waren brav, waren im Museum, haben Wortspiele gemacht und uns fortgebildet." Doch außer einem "Mmh" und einem fränkischen Glücksausstoß gibt es keine Regung.
Eine regelrechte Wortlawine erschlägt mich allerdings als Nicola erklärt: "Ich gehe in mein Zimmer!" Fünf Worte in einem Satz, nachvollziehbar und verständlich. Aber über das Wochenende keine Silbe. Ich versuche, es Nicola mit gleichen Waffen zurückzuzahlen und geh auf ihren langen Satz nur mit einem "Mmh" ein. Doch da ist sie schon weg. In ihrem Zimmer und ich stehe uninformiert im Flur. Scheiß Pubertät!

Und was sagt Nicola?
Müde, ich war einfach müde. Kann Papa nicht mal ein paar Stunden warten, bis ich wach bin, dann erzähle ich ja alles. Ich wollte doch nur schlafen...