Haushoher Sieg der Bürgerinitiative "Für den Hauptsmoorwald" in Bamberg

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Überwältigt vom überaus klaren Ergebnis der Abstimmung ließen die Mitglieder der Bürgerinitiative noch im Rathaus die Korken knallen. Ronald Rinklef
Überwältigt vom überaus klaren Ergebnis der Abstimmung ließen die  Mitglieder der Bürgerinitiative noch im Rathaus die Korken knallen.   Ronald Rinklef
Am Morgen hielt sich der Andrang in den Wahllokalen noch in Grenzen. Nachmittags war dann mehr los. Foto: Ronald Rinklef
Am Morgen hielt sich der Andrang in den Wahllokalen noch in Grenzen. Nachmittags war dann mehr los.  Foto: Ronald Rinklef
 
Die Stimmen des Bürgerentscheids sind ausgezählt, am Ende hat sich klar die Bürgerinitiative durchgesetzt. Foto: Ronald Rinklef
Die Stimmen des Bürgerentscheids sind ausgezählt, am Ende hat sich klar die Bürgerinitiative durchgesetzt. Foto: Ronald Rinklef
 
Bambergs OB hat bis zuletzt für das klar unterlegene Ratsbegehren gekämpft. Nun hofft er auf "konstruktive Gespräche" mit den Gewinnern des Bürgerentscheids.
Bambergs OB hat bis zuletzt für das klar unterlegene Ratsbegehren gekämpft. Nun hofft er auf  "konstruktive Gespräche" mit den Gewinnern des Bürgerentscheids.
 
Auch für Ursula Sowa war es "ein überwältigendes Ergebnis". "Wir Grünen haben alles richtig gemacht, in dem wir von Anfang an gegen eine solche Planung waren", sagte sie. Unser Bild zeigt Sowa im Gespräch mit Thomas Lauterbach.
Auch für Ursula Sowa war es "ein überwältigendes Ergebnis". "Wir Grünen haben alles richtig gemacht, in dem wir von Anfang an gegen eine solche Planung waren", sagte sie.  Unser Bild zeigt Sowa  im Gespräch mit Thomas Lauterbach.
 
Auch für Christian Lange von der CSU war es eine klare Niederlage. Die CSU hatte sich bis zuletzt für den 46 Hektar großen Gewerbepark stark gemacht.
Auch für Christian Lange von der CSU war es eine klare Niederlage. Die CSU hatte sich bis zuletzt für den 46 Hektar großen Gewerbepark stark gemacht.
 
"Das ist mal ein Ergebnis. Die Leute wollen mitbestimmen in ihrer Stadt", sagte hoch erfreut Petra Friedrich von der grünen Fraktion.
"Das ist mal ein Ergebnis. Die  Leute wollen mitbestimmen in ihrer Stadt", sagte hoch erfreut Petra Friedrich von der grünen Fraktion.
 
Die Stadträte Daniela Reinfelder (BuB) und Martin Pöhner (FDP) verfolgten das Auszählen der Ergebnisse im Rathaus. "Das ist sehr schade, der Gewerbepark wäre eine große Chance für Bamberg gewesen", sagte Annette Neumann vom Bürger-Block. Mit auf dem Bild: Andreas Triffo (Bürger-Block).
Die Stadträte Daniela Reinfelder (BuB) und Martin Pöhner (FDP)   verfolgten  das Auszählen der Ergebnisse im Rathaus. "Das ist sehr schade, der Gewerbepark wäre eine große Chance für Bamberg gewesen", sagte Annette Neumann vom Bürger-Block.  Mit auf dem Bild: Andreas Triffo (Bürger-Block).
 
Immer wieder brandete unter den Anhängern Beifall auf:
Immer wieder brandete unter den Anhängern Beifall auf:
 
Sie waren hoch zufrieden mit dem Abschneiden der BI (von links): Christian Hader, Jonas Glüsenkamp und Volker Braun von der BI
Sie waren hoch zufrieden mit dem Abschneiden der BI (von links): Christian Hader, Jonas Glüsenkamp und Volker Braun von der BI
 
Freudige Umarmungen bei den Mitgliedern der Bürgerinitiative
Freudige Umarmungen bei den Mitgliedern der Bürgerinitiative
 

Mit 16.543 Ja-Stimmen setzten sich sich die Gegner eines 46 Hektar großen Gewerbeparks in der Bamberger Muna deutlich durch. Der Ratsentscheid fiel dagegen regelrecht durch. Was bedeutet dieses Ergebnis für die Zukunft der Muna?

Selten hat der große Sitzungssaal im Rathaus Maxplatz so viel Jubel erlebt wie an diesem Sonntagabend. Das Freudenfest für die Anhänger der Bürgerinitiative "Für den Hauptsmoorwald" (BI) begann um 18.45 Uhr, als die Zahlen zum Bürgerentscheid über die Muna aus dem ersten Stimmbezirk auf der Leinwand auftauchten, und dauerte bis Viertel nach acht. Dann stand das vorläufige Endergebnis fest, und die Sektkorken konnten knallen. Denn die Bürgerinitiative "Für den Hauptsmoorwald" erwies sich als klarer Sieger.

Die Eckdaten des zweiten Bürgerentscheids in Bamberg seit 1998 lassen an Deutlichkeit nichts zu wünschen übrig. Mit 16.543 Ja-Stimmen (75,4 Prozent) übertraf die BI nicht nur das geforderte Quorum von 8655 Stimmen um Längen. Auch die Zahl der Nein-Stimmen hielt sich mit 5 401 in Grenzen. Das entspricht einem Anteil von einem Viertel, exakt 24,6 Prozent.

Abfuhr für Gewerbepark am Rande des Hauptsmoorwaldes

Bei den wenigen im Sitzungssaal anwesenden Anhängern des Ratsbegehrens "Bambergs Zukunft" überwogen dagegen die langen Gesichter. Sie zogen bei insgesamt abgegebenen 23.727 Stimmen und einer Wahlbeteiligung von 41,1 Prozent eindeutig den Kürzeren. Die Zahl der Ja-Stimmen für den von der Stadtratsmehrheit gewünschten großen Gewerbepark beläuft sich auf 8256 , weniger als die Hälfte der Ja-Stimmen für den Konkurrenzentscheid. Noch klarer wird die Abfuhr, die die Bamberger den Gewerbeplänen am Rande des Hauptsmoorwaldes erteilten, aber durch die Zahl der Nein-Stimmen: Sie lag beim Ratsbegehren bei 13.033, das sind 61 Prozent. Demgegenüber kam die Alternative aus dem Rathaus nur auf eine Ja-Quote von 38,8 Prozent.

Stichfrage bei Bürgerentscheid: 69 Prozent stimmen für Bürgerinitiative

Am deutlichsten spiegelt sich der Durchmarsch der BI in den Ergebnissen der Stichfrage: Hier erhielt die BI 69 Prozent der Stimmen, während das Ratsbegehren mit nur 31 Prozent Zustimmung förmlich durchfiel.

Über die Konsequenzen dieses Wahlgangs musste deshalb spätestens ab 19 Uhr nicht mehr gerätselt werden. Der umstrittene Bebauungsplan 429 , der die Rodung von rund 60 Fußballfeldern Wald bedeutet hätte, ist für mindestens ein Jahr gestoppt. Was sich nach der einjährigen Bindungsfrist oder bei Zustimmung der Bürger vielleicht auch früher aus diesem Votum ergibt, ist offen.

Kein Schlussstrich unter dem Projekt Muna in Bamberg

Immerhin machten beide Seiten klar, dass die Abstimmung keinen Schlussstrich unter dem Projekt Muna bedeuten muss. Volker Braun von der BI sprach davon, dass das deutliche Ergebnis für die Stadt ein Signal für einen Neuanfang im Dialog mit der Bürgerschaft sein könne. Auch Bambergs Oberbürgermeister Andreas Starke (SPD) hofft, wie er sagte, auf eine Fortsetzung der Gespräche. "Ich bin mir sicher, dass die Stadtgesellschaft eine Weiterentwicklung der Muna und eine Beseitigung der Altlasten will."

Kommentar: Viele Bamberger wollen einen Neustart - das muss kein Schaden sein

Um 18 Uhr schlossen die Wahllokale, aber es dauerte nicht lange, dann hatte das Rätselraten ein Ende: Allen Anstrengungen und dem gewaltigen Werbeaufwand zum Trotz hat sich die Stadtratsmehrheit mit ihren Zielen nicht gegen die Bürgerinitiative durchsetzen können. Der Bebauungsplan 429 ist mindestens für ein Jahr auf Eis gelegt, sehr wahrscheinlich für immer - mit all seinen Inhalten, zu deren wichtigsten ein 46 Hektar großer Gewerbepark dort gehört, wo heute der Muna-Wald wächst.

Für die Bürgerinitiative ist das ein Triumph. Die Gruppe hoch motivierter Bürger, die sich erst vor einem halben Jahr gefunden hatte, stand einer Macht von Verwaltungsfachleuten und öffentlichkeitserprobten Politikern gegenüber. Dieses ungleiche Kräfteverhältnis hat ihrer Sache aber nicht geschadet, sondern eher genutzt. Viele in Bamberg haben sich mit den Waldschützern solidarisiert. Für Bambergs OB und die den Ratsentscheid unterstützenden Fraktionen ist das überaus klare Nein zum "grünen Gewerbepark" mehr als ein Betriebsunfall. Es ist im mittlerweile fünfjährigen Wirken der GroKo ein weiterer Nachweis dafür, dass sich die Stadtratsmehrheit in einer für viele wichtigen Frage von der aktiven Mehrheit in der Bürgerschaft entfernt hat, eine Stimmung unterschätzte statt sie aufzugreifen und zur eigenen zu machen.

Dieses Versagen begann schon beim Start zum Bebauungsplan. Fahrlässig und wie mittlerweile jeder weiß ohne Not waren die neuen Polizeigebäude mitten in den Zugang zum Hauptsmoorwald platziert worden und damit in den gefühlten Vorgarten vieler Menschen in Bamberg-Ost - ein Affront. Doch selbst in den letzten Wochen wurden noch Fehler gemacht. So besaß die Stadtratsmehrheit nicht die Souveränität, auf den Kompromissvorschlag des OB einzugehen. Hätte sie es getan und sich mit dem Spatz in der Hand zufrieden gegeben, sähe das Ergebnis des Kräftemessens heute deutlich anders aus.

Aber auch die Bürgerinitiative hat Sympathien verspielt. Als sie auf den Kompromissvorschlag des OB nur wenig bis gar nicht reagierte, erweckte sie den Eindruck, dass auch sie gefangen ist im Wunsch, sich ohne Abstriche durchzusetzen.

Nun hat der Wähler sein Machtwort gesprochen: 16.543 Ja-Stimmen für die Bürgerinitiative sind ein stolzes Ergebnis, ein beeindruckendes Signal. Dennoch darf der Bürgerentscheid am 18. November 2018 kein Anlass zur Überheblichkeit der Gewinner sein. Die Abstimmung sollte nicht das Ende der Gespräche markieren, sondern im Gegenteil den Auftakt für eine bessere, eine mehrheitsfähige Planung, die am Ende dazu führt, dass die Muna für die Öffentlichkeit zugänglich wird.

Wenn das gelänge, dann hätte sich das Ringen der letzten Monate bezahlt gemacht.