Guerilla Knitting: Frau Pfund umhäkelt Bambergs Absperrpfosten

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Friederike Pfund mit ihrem bestrickten und bestrickenden Fahrrad Fotos: Matthias Hoch
Friederike Pfund mit ihrem bestrickten und bestrickenden Fahrrad  Fotos: Matthias Hoch
Bier, Wein und Käse: der fränkische "Brotzeitbaum"
Bier, Wein und Käse: der fränkische "Brotzeitbaum"
 
Weißwürste und Brezeln: die altbairische Variante
Weißwürste und Brezeln: die altbairische Variante
 
Wadlstrumpf, Herzchen und zwei Dackel
Wadlstrumpf, Herzchen und zwei Dackel
 

Friederike Pfund bestrickt und umhäkelt Absperrpfosten an der Promenade. Die derzeit fünfte "Auflage" befasst sich mit dem Sommerthema Biergarten und Brotzeit. Das kreative Pfosten-Bekleiden wurde aus der Not geboren.

Wenn man da nicht Durst und Lust auf einen Kellerbesuch bekommt: ein Krug mit schäumendem Bier steht griffbereit auf einem Pfosten. Eine Brotzeit ist auch dabei: Brezel, Käse, Wurst auf fränkisch-weiß-roter "Tischdecke". Nebenan hängen vor weißblauem Hintergrund bayerische Weißwürste und Laugenbrezeln, beschützt von einem Sepplhut. Und schließlich kommen an einer dritten Stange die Vegetarier mit Rettichen, Tomaten und Porreestangen zu ihrem Recht. An der Spitze der Gemüseauswahl macht sich eine Schnecke über einen Salatkopf her . . .

Einfach zum Anbeißen, was sich Friederike Pfund da ausgedacht und mit Strick- und Häkelnadeln für die Verschönerung der nördlichen Promenade realisiert hat. Zusätzlich zu vier bestrickend schön gestalteten Absperrpfosten gibt es noch ein tierisch buntes Fahrrad und einen bunt "bekleideten" Stuhl.

"Guerilla Knitting"?

Es ist schon die fünfte Saison, in der Friederike Pfund ihre Art der "Kunst im öffentlichen Raum" präsentiert. Zwei Mal im Jahr gibt es neue Motive. "Gedanklich bin ich schon wieder in der nächsten Saison." Für den kommenden Herbst läuft gerade ihre kreative Phase.

Für diese Art von Handarbeits-Kunst gibt es den Begriff Guerilla Knitting oder auch Urban Knitting. Er wird bei Wikipedia definiert als "eine Form der Streetart, bei der Gegenstände im öffentlichen Raum durch Stricken verändert werden. Dies kann vom Anbringen von gestrickten Accessoires bis zum Einstricken ganzer Stadtmöbel reichen. Die Knittings können lediglich der Verschönerung dienen oder auch eine symbolische Bedeutung haben, wobei häufig feministische Aussagen anzutreffen sind. "

Friederike Pfund macht nicht den Eindruck, als ob es ihr um "feministische Aussagen" ginge. Vielmehr will sie Freude bereiten - den vorbeiflanierenden Menschen und auch sich selbst.

Allerdings: Den Anstoß dazu gab ein handfester Ärger über die Stadt Bamberg. Diese hatte im Jahr 2012 nach Abschluss der Pflasterarbeiten in der Hauptwachstraße den Schilderwald am Eingang zur Fußgängerzone drastisch ausgelichtet. Damit musste auch das Werbeschild für das "Wollstudio" weichen, das Friederike Pfund seit 1992 an der nördlichen Promenade betreibt. Der Kampfgeist (also doch Guerilla Knitting?) brachte sie auf die Idee mit den bunten "Wollmänteln" für die Absperrpfosten.

Sie sind zu einem echten Hingucker geworden. "Es wird viel gestrickt, aber wenig Figürliches", sagt die Fachfrau. Deshalb rufen ihre Kreationen viel Aufmerksamkeit hervor - und sie werden täglich zigfach fotografiert. Sicher wecken sie auch Begehrlichkeiten, weshalb Friederike Pfund sie jeden Abend kurz vor Ladenschluss abnimmt und in Sicherheit bringt.

Beliebte Boshi-Mützen

Apropos Ladenschluss: Mit dem kreativen Stricken und Häkeln kann Friederike Pfund immer erst am Feierabend beginnen. Der wieder aufgelebte Handarbeitsboom bescheren ihr und ihren Mitarbeiterinnen im Geschäft - Manuela Deininger, Birgit Friedmann und Christa Dratz - volle Auslastung.

Heute sind es nicht mehr nur selbst gestrickt Pullover, Jacken und Schals, für die Wolle und Nadeln gebraucht werden: Voll im Trend liegen Filzarbeiten aus bunter Wolle - insbesondere Schuhe, für deren Herstellung Friederike Pfund schon einige Anleitungsbücher verfasst hat - sowie die vor allem bei jungen Männern beliebten gehäkelten Boshi-Mützen.

Ihre Abende sind vollgepackt mit Arbeit und dauern regelmäßig bis 1 Uhr oder 2 Uhr morgens. "Wenn ich meinen Mann nicht hätte, der mich voll unterstützt, könnte ich das nicht machen. Das muss ich einmal ganz öffentlich sagen!"

Und was passiert mit den bunten Kunstwerken, wenn sie im Herbst ihren Nachfolgern weichen müssen? "Sie werden entsorgt", stellt Friederike Pfund nüchtern fest. "Nach sechs Monaten bei Wind und Wetter sind sie morsch und porös und zerfallen fast von selbst."