Gewalt in Bamberg: geschlagen und dabei gefilmt

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Beim "Happy Slapping", zu deutsch etwa "fröhliches Schlagen", greift der Täter sein Opfer körperlich an und lässt sich dabei filmen. Diese Videos werden dann häufig weiterverbreitet oder veröffentlicht. Die Szene auf dem Foto ist nachgestellt. Symbolfoto: Ronald Rinklef
Beim "Happy Slapping", zu deutsch etwa "fröhliches Schlagen", greift der Täter sein Opfer körperlich an und lässt sich dabei filmen. Diese Videos werden dann häufig weiterverbreitet oder veröffentlicht. Die Szene auf dem Foto ist nachgestellt. Symbolfoto: Ronald Rinklef

An einem Sonntag in der Weihnachtszeit schlägt eine Gruppe Jugendlicher einen anderen zusammen und filmt sich dabei. Ein Phänomen, das mittlerweile einen eigenen Namen hat: "Happy Slapping".Wie ist die Lage in Bamberg? Wir haben nachgeforscht.

Die Zeugin ist so schockiert, dass ihr das Ereignis keine Ruhe lässt. Noch am selben Tag veröffentlicht sie einen längeren Beitrag auf Facebook, in dem sie ihrer Fassungslosigkeit Ausdruck verleiht. Bis heute wurde er fast 1000 Mal geteilt.

Die Frau hat von ihrer Wohnung aus beobachtet, wie eine Gruppe Jugendlicher auf einem Spielplatz am Kunigundendamm einen anderen Jugendlichen "aufs Heftigste" verprügelt hat. Ein Mädchen habe die Szenerie "belustigt" mit dem Handy gefilmt. Die Zeugin hat sich daraufhin eingeschaltet und mit der Polizei gedroht, sollte die Schlägerei nicht eingestellt werden.

"Nachdem sie kurz aufgehört hatten, ging es allerdings noch schlimmer weiter", schreibt die Frau öffentlich auf ihrem Facebook-Profil.
Schließlich sei die Polizei gerufen worden, doch die Jugendlichen seien geflüchtet, "während der Junge halb kotzend auf dem Boden" saß. Die Zeugin des Vorfalls zeigt sich zudem erschüttert, dass von den vorbeikommenden Passanten oder Joggern keiner eingegriffen habe.

Eine Nachfrage bei der Polizei ergibt: Ja, der Übergriff ist bekannt und wurde gemeldet. Holger Dremel, Sprecher der Polizeiinspektion Bamberg-Stadt, sagt aber auch: Als die Streife vor Ort angekommen ist, habe nicht nur von den Tätern, sondern auch vom Geschädigten jede Spur gefehlt. Die Kontrolle von Passanten habe nichts ergeben.


Gefährliche Körperverletzung

Wären die Täter gefasst worden, hätten sie sich mit großer Wahrscheinlichkeit wegen Körperverletzung verantworten müssen. "Wenn mehrere Personen auf das Opfer einschlagen, ist es automatisch gefährliche Körperverletzung", erklärt Christopher Rosenbusch, Pressesprecher der Bamberger Staatsanwaltschaft. Und: Animiert derjenige, der den Übergriff filmt, die Haupttäter durch das Filmen, kann er als "Anstifter" bestraft werden - und zwar wie ein Haupttäter.

Wird "nur" gefilmt und der Schläger dadurch "in seinem Entschluss bestärkt", könnte dies als "psychische Beihilfe" geahndet werden.
Mit welcher Strafe müssen die Täter rechnen, sofern sie erwischt werden? "Gerade bei Jugendlichen kommt es immer auf den Einzelfall an", sagt Rosenbusch. Hier spielen Vorstrafen genauso eine Rolle wie mögliche schädliche Neigungen. Es könne auch sein, dass jemand nur mit einer Arbeitsauflage davon komme. "Das Jugendstrafrecht steht immer unter dem Erziehungsgedanken." Eine konkretere Aussage zum Strafmaß kann laut Rosenbusch nicht getroffen werden.

Im Erwachsenenstrafrecht sieht das schon anderes aus: Wer über 21 ist und erwischt wird, muss mit einer Geld- oder Freiheitsstrafe von bis zu fünf Jahren rechnen - sofern es sich um einfache Körperverletzung handelt. Bei gefährlicher Körperverletzung sind Strafen von sechs Monaten bis hin zu zehn Jahren möglich. So viel zur Theorie.

In der Praxis gab es in diesem Jahr drei Vorfälle in Bamberg, die unter das Stichwort "Happy Slapping" fallen. Das Phänomen, das mit "fröhlichem Schlagen" übersetzt werden kann, ist bei Jugendlichen als fragwürdiger Freizeitspaß bekannt. Dabei werden Unbeteiligte, aber auch Mitglieder der eigenen oder einer anderen Gruppe, körperlich angegriffen und gefilmt. Das Video-Material, das meist mit dem Handy aufgenommen wird, schicken die Jugendlichen untereinander weiter.

Die drei Übergriffe in Bamberg, die Holger Dremel von der Polizei nennt, passen in dieses Schema. In allen drei Fällen waren Jugendliche auf dem Nachhauseweg von der Schule, als sie das Schlägern anfingen und dabei die Handys zum Filmen zückten.

Oft habe der Geschädigte gar kein "Strafverfolgungsinteresse", wie Dremel anmerkt. "Solche Vorfälle werden uns bei der Polizei häufig erst bekannt, wenn uns Handys mit den entsprechenden Videos in die Hände fallen."
Selbst dann gebe der Geschädigte manchmal nicht gleich zu, dass er das Opfer sei. Oder diese Rolle kommt erst über die Eltern heraus. Der Polizist erläutert einen Fall: Einmal wollte ein Jugendlicher aus der Gruppe - der Zusammengeschlagene - gar keinen Strafantrag stellen. Doch die gefährliche Körperverletzung werde automatisch verfolgt. Eine Tatsache, die unter Jugendlichen offenbar noch nicht bekannt ist.


Geschädigter meldet sich nicht

In Bezug auf den aktuellen Übergriff am Kunigundendamm ist jedenfalls fraglich, ob die Täter jemals gefasst werden. "Wenn sich kein Geschädigter bei der Polizei meldet, können wir auch keine Körperverletzung nachweisen", sagt Dremel, und merkt an: "Happy Slapping" sei in Bamberg kein Massendelikt, allerdings könne es "schon mal vorkommen".


Eindeutige Antwort

An einen Übergriff unter einer der Bamberger Brücken im Jahr 2014 kann sich der Polizeisprecher noch gut erinnern. Damals habe man die Jugendlichen gefragt, warum sie überhaupt einen anderen zusammengeschlagen haben. Die Antwort eines Heranwachsenden: "aus Spaß".

Kontakt zur Polizei:
Falls es sich das Opfer aus dem aktuellen Fall am Kunidundendamm doch noch anders überlegt und sich bei der Polizei melden möchte, so ist dies unter folgender Nummer möglich: 0951/9129-210.