Für junge unbegleitete Flüchtlinge ist das Jugendamt zuständig, das mit vielen Institutionen kooperiert. Lob erntet die hohe Motivation der jungen Leute von allen Seiten. Dennoch herrscht im Bildungsbereich Handlungsbedarf.
"Sie sind jede Anstrengung und jeden Aufwand wert. Sie werden uns das danken und irgendwann zurückgeben", so lautet das Fazit von Ralph Wnendt, Leiter des Jugendhilfeträgers MoBaM. Einer der Referenten, die im Jugendhilfeausschuss über ihre Arbeit mit Unbegleiteten minderjährigen Flüchtlingen (UmFen) berichteten.
Wie Landratsstellvertreter Johann Pfister (BB) erklärte, gehe es darum, sich selbst einmal einen Eindruck anhand von Berichten aus erster Hand zu verschaffen. Am Anfang stand ein Sachstandsbericht von Hans-Jürgen Tytyk, Leiter des Sachgebietes Jugend und Familie am Landratsamt.
Tytyk zufolge sind zurzeit im Landkreis 58 unbegleitete Jugendliche in fünf Gruppen, einer teilbetreuten Gruppe und drei als Einzel-Personen untergebracht. Für 15 ist das Jugendamt kostenmäßig zuständig, bei den anderen haben die überlasteten anderen Jugendämter die Fälle und damit auch die Kosten noch nicht an den Landkreis Bamberg abgegeben, der sie aber betreut. Erwartet werden im Rahmen des Notfallplanes demnächst weitere 30 junge Menschen. Gerade im Bereich der für UmFen (die dem deutschen Jugendrecht unterstehen) verpflichtenden Beschulung, zeichne sich eine deutliche Deckungslücke ab. Wie sehr man überall Neuland beschreiten und flexibel Lösungen finden muss, machten die Referenten deutlich.
Nach dem 15. Lebensjahr, üblicherweise nach der Mittelschule sind UmFen berufsschulpflichtig, zumindest im ersten Berufsschuljahr. Normalerweise umfasse dies einen Tag pro Woche. UmFen hingegen drücken aber 23 bis 27 Stunden wöchentlich die Schulbank. Wobei sie in Bamberg an den Berufsschulen I und II beschult werden, wie deren Leiter, Oberstudienrat Roland Gröber und Oberstudienrätin Ruth Bankmann detailliert ausführten.
Verschiedene Voraussetzungen
Wie alle Referenten sprachen auch sie die sehr unterschiedlichen Voraussetzungen der jungen Menschen an: Das Spektrum reicht vom Analphabeten bis zum Abiturienten. Im ersten Berufsschuljahr gehe es für UmFen um den Spracherwerb, mathematische Kenntnisse, Lebensführung und einen ersten Kontakt mit beruflichen Fertigkeiten. Prinzipiell müssen erst einmal sprachliche Fertigkeiten erlernt werden. Weil die Berufsschulen dies mit eigenem Personal nicht stemmen können, müssen hier weitere Kräfte von auswärts, Kooperationspartner, engagiert werden. Im zweiten Berufsschuljahr gehe es um fachliche Orientierung und die Vermittlung von Praktikumsplätzen.
Ziel ist es, UmFen im zweiten Jahr so weit zu bringen, dass sie Perspektiven sehen, selbst für Teilhabe an der Gesellschaft sorgen zu können. Was unbedingt nötig ist, sei die Flankierung durch sozialpädagogische Betreuung, waren sich die Schulleiter einig, angesichts der traumatischen Erlebnisse der jungen Menschen. Fürs kommende Schuljahr sind drei spezielle Berufsschulklassen für UmFen eingeplant. Mit 60 Plätzen, was allerdings zu wenig sei.
Bei Unterbringung und Betreuung der unter 18-Jährigen, die in der Regel keinen Pass besitzen und bei ihrer Ankunft geschätzt werden, kooperiert das Landratsamt mit drei verschiedenen Trägern: Caritas, MoBam und in Kürze mit der AWO.
Sprachkurse belegen UmFen über die Volkshochschule Bamberg Land und zwar am jeweiligen Wohnort.
Für die VHS gab deren Leiter Joachim Schön Einblick. Man unterrichte die derzeit 41 Jugendlichen im Alter zwischen 14 und 17 Jahren mit elf freiberuflichen Dozenten an fünf Schultagen für drei bis fünf Monate. "Die Schüler sind alle sehr motiviert und lernbegierig." Weil es sich um junge Leute mit Extremerfahrungen handelt, müssen Lehrer sehr achtsam und empathisch auf sie eingehen, Themen wie Eltern, Zuhause, Familie sehr sensibel behandelt werden. Schön gab auch die Begeisterung seiner Dozenten weiter. "Einstimmig sagen alle, dass sie selten so motivierte Schüler erleben." Dozenten seien so angetan, dass sie ihnen ehrenamtlich in ihrer Freizeit etwa Schachunterricht gäben.
Damoklesschwert
Gute Arbeit bescheinigte der VHS Sarah Armbrecht, zuständige Bereichsleiterin der Caritas-Jugendheime. Der Aufenthaltsstatus schwebe über jedem wie ein Damoklesschwert, beschrieb sie, während man versuche, den jungen Leuten in Zeiten von Unsicherheit Sicherheit zu geben. Sie stellte die Situation in Hirschaid beispielhaft heraus, wo man von Politik und Bevölkerung gut aufgenommen worden sei. Schwierig sei allerdings noch der Kontakt der jungen Leute zu Gleichaltrigen. Auf Probleme wieder ganz anderer Art machte Wnendt aufmerksam:
Er befände sich mit der Regierung noch in der Diskussion darüber, ob vormittags Betreuung sein müsse, da die Jungs da in der Schule seien. Andererseits nachts nur Männer in der Gruppe Bereitschaft machen dürfen. Gerade in der Anfangsphase habe man viel lernen müssen. Große Fortschritte und erschütternde Geschichten erzählte er am Beispiel einzelner Jugendlicher. "Geschichten, die hauen einen um." Dennoch sei die Stimmung in den Gruppen sehr gut und die Motivation des Fachpersonals sehr hoch, zumal dieses immer wieder zum Ausdruck bringe "wir bekommen viel zurück."
Die Ausschussmitglieder nutzten die Gelegenheit, Details zu erfahren. Das Ganze sei keine einfache Angelegenheit, stellte Johann Pfister abschließend fest. Ein Beschluss war nicht nötig.