FDP: In Bamberg explodiert der Schuldenstand

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Schmieden bereits Pläne für die Rückkehr ins Rathaus (v.l.): Jobst Giehler, Ralf Stöcklein, Christoph Brand und Martin Pöhner. Foto: Ronald RInklef
Schmieden bereits Pläne für die Rückkehr ins Rathaus (v.l.): Jobst Giehler, Ralf Stöcklein, Christoph Brand und Martin Pöhner.  Foto: Ronald RInklef

Nach einjährigem Intermezzo ohne Mandat will die FDP zurück ins Bamberger Rathaus. Sie wirbt mit einer Politik, die den Bürgern keine leeren Versprechungen macht und Schulden abbaut, statt sie zu verschieben.

Martin Pöhner und Jobst Giehler von der FDP betrachten die Bamberger Dinge derzeit noch ohne Stadtratsmandat. Doch manchmal ist es die Distanz, die den Blick fürs wesentliche schärft. Ein Gespräch.

Die FDP ist aus dem Land und dem Bund geflogen, im Stadtrat hat Gaby Seidl unlängst dem "Kasperltheater FDP" Adieu gesagt und ist zur CSU gewechselt. Warum sollen die Bamberger FDP wählen? Man sieht doch, es geht im Stadtrat auch ohne.
Martin Pöhner: Ich glaube, dass man auf Bundesebene gut sieht, dass es nicht ohne FDP geht. Da wird ganz deutlich, dass es für die Menschen mehr Belastungen bedeutet. Und wenn wir über Bamberg reden, dann müssen wir sagen, dass wir sehr viel bewegt haben. Denken Sie nur an die Attraktivierung der Museumslandschaft auf dem Domberg. Das ist unser Projekt gewesen, das wir zusammen mit OB Starke umgesetzt haben. Zudem: Wir haben uns mit der Landespolitik für mehr Krippenplätze eingesetzt. Auch beim Thema Kurzzeitparkplätze haben wir immer wieder den Finger in die Wunde gelegt

Ohne Sitz im Stadtrat!
Das ist richtig, aber das wollen wir ja ändern und wir sind sehr optimistisch, dass uns das gelingt. Wir haben eine starke Liste und wir haben gute Themen, die die Menschen treffen.

Also intern alles wieder in Butter bei der Bamberger FDP?
Jobst Giehler und ich führen die FDP seit 2008. Seitdem gibt es keine Querelen mehr. Wir hatten viele Mitgliederversammlungen. Die Entscheidungen sind einvernehmlich, mit breiten Mehrheiten gefasst worden.
Jobst Giehler: Der frühere Vorsitzende Matthias Kremer wurde absolut demokratisch abgewählt. Gaby Seidl hat sich seit 2008 nicht mehr um die Partei gekümmert. Seitdem dominiert bei uns Harmonie. Das lässt sich auch an den Mitgliederzahlen erkennen. Sie sind gegenüber dem Bundestrend positiv, und sie sind es auch in absoluten Zahlen. Zudem: Dass wir mit einer vollen Liste von 44 Kandidaten antreten, ist auch ein Zeichen. 2008 hatten wir nur 41.

Blicken wir in die Zukunft. Eines der drängendsten Probleme in Bamberg ist die Wohnungsnot. Die Mieten sind hoch, auch weil alles dem freien Markt überlassen wurde. Was will die FDP tun?
Martin Pöhner: Die Stadtbau GmbH sollte künftig ihrer sozialen Verantwortung stärker gerecht werden. Das tut sie im Moment nicht. Die Stadtbau sollte wieder Sozialwohnungen für Familien und sozial Schwache schaffen, etwa durch den Erwerb von Wohnungen auf dem Konversionsgelände. Wir wollen die Phase beenden, in der OB Starke und Stadtrat der Stadtbau viele sachfremden Aufgaben aufdrückten.

Das klingt fast sozialromantisch?
Ich glaube, der bisherige Fehler ist nicht der fehlende Wettbewerb. Der bisherige Fehler war, dass die Stadt keine entsprechenden Baugebiete ausgewiesen hat. Der Markt konnte ja keine neuen Wohnungen schaffen. Das ändert sich jetzt mit dem Kasernengelände. Da wollen wir, dass möglichst viele private Investoren Wohnungen schaffen. Denn die hohen Mietpreise kann man nur durch eine Erhöhung des Angebots drücken. Deswegen wollen wir auch nicht, dass die Stadt das gesamte Gelände erwirbt.

Das ist aber Konsens im Stadtrat.
Doch die FDP rät davon ab. Für einen kompletten Erwerb sind die Risiken zu hoch. Man muss sich klar machen, dass auf dem Kasernengelände vermutlich Altlasten schlummern. Wenn die Stadt das gesamte Gelände kauft, müsste sie Schuldenberge aufnehmen und würde den Bund von vorneherein aus der Verantwortung nehmen. Das birgt die Gefahr, dass die Stadt auf Riesenflächen sitzen bleibt.

Welche Alternative hat die FDP?
Die Stadt soll nur den Teil der Flächen kaufen, der für öffentliche Aufgaben relevant ist. Das kann sich sehr gut teilweise auch um Wohnungen handeln. Aber zu sagen, wir kaufen das ganze Gelände, ist nicht sinnvoll. Weil die Stadt gar nicht das Geld dazu hat und weil private Investoren andere finanzielle Möglichkeiten haben. Und der Bund bleibt in der Verantwortung.

Die FDP fordert ein Ende der indirekten Subventionen für den Profi-Sport. Was wäre aus den Brose Baskets ohne Halle geworden?
Jobst Giehler: Nein, wir können mit der jetzt gefundenen Lösung samt der schwarzen Null, die in der Arena geschrieben wird, gut leben, auch weil viel Jugendförderung stattfindet. Aber unser Grundgedanke ist, dass der Profisport auf eigenen Beinen stehen soll. Uns geht es darum, die Schulden der Stadt zu senken. Ich denke, wenigen Bürgern ist bewusst, wie sehr die Töchter der Stadt verschuldet sind.
Martin Pöhner: Nehmen Sie zum Beispiel die Flutlichtanlage im Fuchspark-Stadion. Das war hinausgeworfenes Geld. Inzwischen wird sie nicht mehr benötigt, weil der FC Eintracht abgestiegen ist.

Bei den OB-Wahlen haben sie Andreas Starke unterstützt. Jetzt prangern Sie in Ihrem Wahlprogramm "Luxusprojekte" an und sprechen von den "Schuldenkönigen" der CSU und SPD. Ist das Wahlkampfpopulismus?
Wir sind ja nie eins zu eins der Meinung des OB gewesen. Unterstützung hat für uns immer einen konstruktiv kritischen Dialog bedeutet. OB Starke haben wir deshalb klipp und klar gesagt, dass wir nicht bereit sind, den Marsch in die Schuldenfalle mitzutragen. Wir müssen versuchen, Projekte so abzuspecken, dass künftige Generationen nicht allzu sehr belasten.

Was meinen Sie konkret? In den letzten Haushaltsjahren gab es keine Nettoneuverschuldung.
Aber die Stadt hat sehr viele Schulden in die Töchter verschoben und dem wollen wir ein Ende bereiten. Zum Beispiel der Tunnel unter dem Bahnhof. Er wurde von einem Tochterunternehmen gebaut, obwohl er niemals eine Rendite abwerfen wird. Hier wurden die Schulden für eine städtische Aufgabe auf die Stadtwerke abgewälzt. Das ist nicht ehrlich. Man suggeriert den Bürgern, Bamberg hätte keine Schulden, und das Gegenteil ist der Fall. Die Schulden der Töchter sind um 100 Millionen Euro gestiegen.

Wenn sie keine Schulden machen wollen, müssen sie sparen oder auf Projekte verzichten. Im FDP-Programm fordern Sie aber kostenfreies Parken in den städtischen Parkhäusern oder eine günstige Dauerkarte fürs Bambados. Schulden senken sieht anders aus.
Ich glaube, dass sich alle diese Punkte rechnen, wenn man es richtig konzipiert. Bei der kostenfreien ersten Parkstunde wollen wir, dass die Tarifstruktur nach dem Kulmbacher Modell verändert wird. Sie machen die erste Stunde frei und die folgenden werden teurer. Wer zwei Stunden parkt, zahlt genauso viel wie vorher. Doch so kommen Leute, die vorher überhaupt nicht in die Innenstadt gefahren wären.

Stichwort ICE. Demnächst muss sich der Stadtrat für eine von drei Varianten entscheiden. Die FDP hat es bereits getan. Was spricht aus Ihrer Sicht gegen Tunnel und Ostumfahrung?
Wir sehen die Dinge in ihrer Gesamtheit. Wenn ich einen teueren Tunnel mache, selbst wenn der Bund davon wesentliche Teile trägt, zahlen wir das mit unseren Steuergeldern. Man muss sich also fragen, ist das wirklich sinnvoll. Ein Kernproblem, das sich nicht lösen lässt, wenn ich einen Tunnel baue oder die Ostumfahrung, ist, dass an der bestehenden Trasse kein Lärmschutz entsteht. Das lassen alle, die für Tunnel oder Ostumfahrung argumentieren, außen vor. Und wenn nach wie vor die Hälfte der Güterzüge durch Bamberg fährt: Warum baue ich dann überhaupt die Ostumfahrung?

Möglicherweise wird der innovative Lärmschutz Teilung der Stadt und optische Unversehrtheit des Welterbes nicht verhindern.
Unser Wunsch wären Lärmwände nicht höher als drei Meter und Glaslösungen an den Sichtachsen. Das ist nicht optimal, aber besser als das, was am Anfang im Raum stand, nämlich Wände mit einer Höhe von sechs, sieben Metern, die nicht durchsichtig sind. Man darf nicht vergessen: Bamberg wird vom ICE-Ausbau massiv profitieren, vor allem als Wirtschaftsstandort. Die Fahrzeit nach München oder Berlin verringert sich erheblich. Jede andere Stadt in Oberfranken würde Luftsprünge machen, wenn sie einen solchen ICE-Anschluss bekäme.


Die Kandidaten der FDP:

1 . Pöhner, Martin 37, Gymnasiallehrer
2. Brandt, Christoph 38, Rechtsanwalt
3. Stöcklein, Ralf 24, Student
4. Giehler, Jobst 40, Unternehmer
5. Lindner, Jonas 28, Dipl.-Kfm., Unternehmer
6. Biebl, Anna 67, Kauffrau
7. Hahn, Dr. Thomas 39, Rechtsanwalt
8. Ewald, Michael 28, Student
9. Ernst, Lisa 24, Teamassistentin
10. Weichlein, Jürgen 41, Unternehmer
11. Weinert, Jörn 42, Gastronom
12. Jans, Wolfgang 73, Rechtsanwalt
13. Krackhardt, Dr. Ulrich 51, Geschäftsführer
14. Müller, Sascha 26, Student
15. Helldörfer, Oliver 38, Gastwirt
16. Kellermann, Thomas 50, PC- und Weinkaufmann
17. Giehler, Tina 37, Dipl,-Soziologin, Angestellte
18. Hein, Rudolf 60, Gymnasiallehrer
19. Ulbricht, Dominik 24, Student, Selbständiger
20. Neuner, Felix 28, Unternehmer
21. Kestler, Daniel 27, Unternehmer
22. Bott, Wulf 18, Student
23. Diller, Egbert 75, Textilkaufmann
24. Wendenburg, Sylvia 61, Hausfrau
25. Kirchner, Markus 25, Student
26. Böse, Thomas 40, Gymnasiallehrer
27. Martin, Daniel 41, Physiotherapeut
28. Prinz, Jule 24, Studentin
29. Ewald, Jürgen 61, Betriebswirt
30. Sedlmeyer, Georg 24, Student
31. Jander, Timm 26, Soldat
32. Biebl, Michael 31, staatl. gepr, Betriebswirt
33. Günther, Andreas 28, Physiotherapeut
34. Schmidt, Victoria 19, Studentin
35. Bauer, Frank 41, Großhandelskaufmann
36. Schulte-Noelle, Christian 37, Dipl-Wirtsch.-Ing, Spezialist für Werkstoffentwicklung
37. Benke, Florian 20, Schüler
38. Hofmann, Marco 28, Unternehmer
39. Hörmann, Jan-Niklas 22, Student
40. Müller, Daniel 30, Angestellter
41. Hertha, Jens 24, Student
42. Hillebrand, Martin 21, Student
43. Heß, Rudolf 79, Rentner
44. Humme, Kevin 22, Student




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