Erba-Fischpass hat das "Tor" geöffnet

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Simon Abt (links) und Kay Kuhlen, Mitarbeiter der Fachberatung für Fischerei des Bezirks Oberfranken, am Montag beim Abfischen. Der Erba-Fischpass ist nicht nur Lebensraum, sondern auch Wanderungskorridor Fotos: Matthias Hoch
Simon Abt (links) und Kay Kuhlen, Mitarbeiter der Fachberatung für Fischerei des Bezirks Oberfranken, am Montag beim Abfischen. Der Erba-Fischpass ist nicht nur Lebensraum, sondern auch Wanderungskorridor   Fotos: Matthias Hoch
Ein Strich für jedes Fischlein: Viktor Svinger von der Fischereiberatung führte die Strichliste   Foto: gg
Ein Strich für jedes Fischlein: Viktor Svinger von der Fischereiberatung führte die Strichliste   Foto: gg
 
Über die selten gewordenen Nasen freuen sich die Fachleute besonders.
Über die selten gewordenen Nasen freuen sich die Fachleute besonders.
 

Seit der künstlich angelegte Bach auf der Erba-Insel das Kraftwerk umgeht und den Main mit der Regnitz verknüpft, geht es den Fischen sichtlich besser. 24 Arten sind dort schon gesichtet und registriert worden.

19 Arten fehlen noch, dann ist das Main-Regnitz-System wieder das, was es einmal war: eines der artenreichsten Gewässersysteme Europas. Von ehemals 43 nachgewiesenen Fischarten sind in Bamberg wieder 24 heimisch - davon 18, die auf der Roten Liste gefährdeter Arten stehen.

Zu verdanken ist das dem Fischpass, der sich 1,2 Kilometer weit über die Erba-Halbinsel schlängelt und der so aussieht, als wäre er immer schon da gewesen. War er aber nicht. Der Bach ist ein durch und durch künstliches Gewässer und ein junges noch dazu: Erst 2010 hat man sein Bett "ausgegraben" und geflutet, damit er zur Attraktion der 2012 durchgeführten Landesgartenschau werden sollte. Das wurde er auch - und ist mit seinem Wasserspielplatz heute ein Highlight für die großen und besonders die vielen kleinen Besucher des Erba-Parks.


300 Fische auf 150 Metern

Gleichzeitig aber ist er eine ökologische Sensation geworden: für die Fische, die das höchstwahrscheinlich nicht bewusst wahrnehmen, und für die Fachleute, die nicht genug darüber staunen können, wie viele Fische und wie viele Fischarten sich inzwischen im Erba-Bach tummeln. Weil Wissenschaftler alles ganz genau wissen möchten, wurden die Fische am Montag wieder einmal gezählt.

Das Ergebnis zauberte ein Lächeln in die Gesichter von Bezirkstagspräsident Günther Denzler und Oberbürgermeister Andreas Starke, die beim Abfischen mit Strom - die Fische werden dabei nur kurz betäubt, mit Handnetzen eingesammelt und nach dem Zählen wieder unbeschädigt ins Wasser zurückgesetzt - nicht entgehen ließen. Auf 150 Metern Länge gingen mehr als 300 Fische aller Größen in die Kescher. Sie teilen sich in 24 Arten auf, darunter der Hasel als der am häufigsten auftretende Fisch.

Ganz oben auf der Roten Liste

Mit zahlreichen Nasen und zwei Aalen gingen aber auch Fische ins Netz, die auf der Roten Liste ganz oben stehen. "Der Fischpass hat das Tor zur Regnitz aufgemacht", konstatierte Günther Denzler zufrieden. Die Umgehung des Kraftwerks an der Erba durch den neuen Bach schaffe eine Verknüpfung des oberfränkischen Mainsystems mit der Regnitz und ihren Seitengewässern.

In bayerischen Gewässern stellt sich den Fischen im Durchschnitt alle zwei Kilometer ein Querverbau entgegen. Ob Staumauer oder Kraftwerk: Immer ist es ein unüberwindbares Hindernis für Fisch und Kleinlebewesen. In der Folge nahm die Artenvielfalt ab. In erster Linie hatten die so genannten Langdistanzwanderer wie Lachs, Maifisch und Stör keine Möglichkeit mehr, zu ihren Laichgewässern zu kommen oder Rückkzugsräume zu finden. Aber auch die Bestände chakteristischer Flussfischarten wie Barbe und Nase gingen deutlich zurück.

Inzwischen finden sich rund 80 Prozent aller bayerischen Fischarten auf der Roten Liste gefährdeter Arten wieder, sagen die Fachleute des Bezirks Oberfranken. Dessen Fachberater für Fischerei, unter deren fachlicher Anleitung das Wasserwirtschaftsamt den Erba-Fischpass gebaut hat, beobachtet deshalb die Entwicklung im Erba-Bach genau.

Tschechische Wissenschaftler helfen mit

In diesem Jahr - bei der inzwischen dritten Elektrobefischung - bekam Behördenleiter Thomas Speierl tatkräftige Hilfe von Wissenschaftlern aus Tschechien: Thomas Randak, Leiter der Forschungsgruppe für Umweltchemie und -biochemie an der Südböhmischen Universität Budweis, sowie sein Stellvertreter Vladimir Zlabek von der Fakultät für Fischerei und Gewässerschutz legten beim Abfischen selbst Hand an. Die Wissenschaftler aus Budweis möchten künftig stärker mit dem Bezirk in ihrer Wissenschaftsdiziplin zusammenarbeiten.

OB Starke freute sich über den Erfolg dieses "ökologischen Vorzeigeprojekts", das der Landesgartenschau und der Finanzierung durch den Freistaat Bayern zu verdanken sei. Der Fischpass sei als "Herz" der Landesgartenschau entwickelt worden und heute die Attraktion eines neuen Stadtteils.

Hans-Joachim Rost, der für Bamberg zuständige Abteilungsleiter des Wasserwirtschaftsamtes, ergänzte, dass es 100 Jahre gedauert habe, bis nach dem Bau von Schleuse und Kraftwerk in Gaustadt die Fische wieder schwimmen können wie sie wollen. Den Fischpass insgesamt kann er nur in höchsten Tönen loben: Es ist der konkurrenzlose Lieblings-Spielplatz seines dreijährigen Sohnes.