Mit der Forstreform vor zehn Jahren weht ein anderer Wind in den Staatswäldern. Ebrach zieht nach der ersten Dekade in neuer Struktur Bilanz - und feiert.
Am Anfang stand Skepsis, Angst, Protest, ein Volksbegehren. Zehn Jahre später ist das alles zwar nicht vergessen, aber inzwischen weitgehend Routine oder Gewöhnung gewichen und erntet sogar Anerkennung. Gemeint ist Bayerns letzte große Forstreform. Der sind im Landkreis Bamberg drei Forstämter zum "Opfer" gefallen. In der Gestalt eines Forstbetriebs hat das einstige Forstamt Ebrach "überlebt" und setzt als solches in vielen Bereichen mittlerweile auch international Akzente. Denn mit der Forstreform wurde auch das Bayerische Waldgesetz geändert, das eine vorbildliche Nutzung festschreibt. Die bescheinigen Experten Ebrach. Mit einstigen und heutigen Mitarbeitern, Geschäftspartnern und Prominenz feierte Betriebsleiter Ulrich Mergner die ersten zehn Jahre.
Wie Mergner in der Remise der Klosterbräu in Erinnerung brachte, wurden im Zuge der Reform die bayernweit 127 Forstämter aufgeteilt und zwar in eine hoheitliche
Forstverwaltung, die auch für Privat- und Körperschaftswald sowie die Waldpädagogik zuständig ist und mit den Landwirtschaftsämtern verschmolzen wurde. Zu einer forstbezogenen Außenstelle des Landwirtschaftsamtes wurde das einstige Forstamt Scheßlitz. Ebrach gehört zu dem anderen Teil, also den nun 41 Betrieben der Bayerischen Staatsforsten, die sich als Anstalt des öffentlichen Rechts ausschließlich um den Wald des Freistaates zu kümmern hat.
Von neun auf 13 Der Forstbetrieb Ebrach wurde aus den Staatswaldflächen der einstigen Forstämter Gerolzhofen und Eltmann (Unterfranken) sowie aus den vormaligen oberfränkischen Forstämtern Ebrach und Burgebrach gebildet. Das brachte neben vielem auch eine Veränderung bei den Revieren mit sich, die schließlich von vormals 13 auf neun reduziert wurden.
Warum die Einführung vieler Neuerungen wohl gerade in Ebrach gut umgesetzt wurde, führte Adalbert Zink (Personalratsvorsitzender) aus der Sicht der Waldarbeiter originell aus. Es habe wohl daran gelegen, dass der Chef, also Mergner sein Team mitgenommen, erklärt hat, warum welche Änderung, gerade in der Bewirtschaftung erforderlich ist. Zum Beispiel mussten früher die Kronen in der Rückegasse zum Liegen kommen. Mit der Reform müssen sie im Bestand landen, weil ein bestimmter Anteil hier nun als Totholz die Biodiversität fördern soll. Mehrfach sprach Zink von einem Paradigmenwechsel.
Mergner habe es verstanden, sein Team mitzunehmen, "es wurde nichts übergestülpt". Das sei insofern wichtig, als "heute immer mehr Leute im Wald herumlaufen, die Fragen stellen", und denen man Dinge erklären müsse.
Der hohe Anteil von Totholz erschwere die Arbeit, aber zusammen mit den vielen Schulungen sorge er
wohl auch dafür, dass man bei der gefährlichen Arbeit mehr aufpasse. Zwei Jahre ohne Unfall in Folge seien wohl nicht nur dem Glück geschuldet.
Etliche Befürchtungen Befürchtungen und Herausforderungen der Revierleiter beschrieb Andreas Friedel. Als mögliches Schreckgespenst habe vielen vor einer Aktiengesellschaft gegraut. Die Frage, wer wohin geht, habe die Kollegen ebenso umgetrieben wie die Cheffrage oder und der Verlust der Verantwortung für Waldarbeiter, der auch das Selbstwertgefühl belastete.
Den technischen Voraussetzungen habe man sich zwischenzeitlich ebenso gestellt, wie man als Team zusammen gewachsen sei. Letzteres gleichfalls ein Verdienst der Betriebsführung.
Friedel resümierte: "Auch wenn so manche Träne geflossen ist, sind wir wieder alle glücklich in unserem Wald draußen." In den letzten zehn Jahren sei "richtig viel geschaffen worden, das es vorher nicht gab", allem voran nannte er das Trittsteinkonzept.
Namens der Politik hinter der Reform stellte MdL Otto Hünnerkopf (CSU, stellvertretender Vorsitzender des Umweltausschusses) fest: "Der Betrieb hat sich so entwickelt, wie wir es damals wollten." Er meinte damit die Kombination von Schützen und Nützen, wobei er den Nachweis von 464 von insgesamt 480 Holz nutzenden Käferarten als deutlichen Beleg bemühte. Ziel sei es, auf der Fläche zu nutzen und die Biodiversität zu erhalten.
"Wenn wir hören, dass Befürchtungen der Forstreform nicht eingetroffen sind, sind wird froh und glücklich." Wobei Mergner zugestand, es sei eventuell früher ein Fehler gewesen, den Kontakt zur Politik nicht so zu pflegen.
An heftige Diskussionen und Befürchtungen erinnerte auch der Haßfurter Landrat Schneider, um festzustellen, dass die Reform im Großen und Ganzen gelungen sei.
Ebrachs Bürgermeister Max-Dieter Schneider (SPD) wiederum freute sich, dass auch nach der Reform der Ebracher Klosterschatz, also die Wälder bewahrt worden sind. Denn vor 600 Jahren hätten die Mönche naturnah gewirtschaftet ohne, dass sie es wissen.
In Ebrach entwickelte Konzepte strahlten in die gesamte Region aus.
Das ergänzte Waldbiologe Jörg Müller, stellvertretender Leiter des Nationalparks Bayerischer Wald um die europaweite Bedeutung und den Rang Ebrachs, bei zahlreichen Forschungsprojekten auch dank der Offenheit hier für solche Vorhaben.
Existenzielle Fragen An die enormen Ängste der familiengeführten Sägewerksbetreiber in der Region erinnerte zum Abschluss Philipp Reitz (Wohnfurt). Man habe sich die existenzielle Frage gestellt, ob man überhaupt noch Holz bekomme. Die Skepsis ist nahezu Begeisterung gewichen: Es wurden Verträge geschlossen, Preise verhandelt und "wir bekommen Holz termingerecht und in gewünschten Qualitäten.
Was hier - zum großen Teil ohne Konjunktiv - geschrieben wurde, erweckt den Eindruck, durch die Forstreform habe sich alles zum Guten gewandelt. Das Gegenteil ist der Fall. Es herrscht Kommerz gegen Vernunft und Einsicht.. Das hat übrigens auch Herr Mergner schon erfahren müssen, als er im Forstbetrieb Ebrach auf Geheiß der Regensburger Zentrale den Hiebsatz erhöhen musste. Wie gut, wenn man durch beschönigende Worte - wie damals geschehen - auch diesen Zwänge noch Positives abverlangen kann!