Mit Unfällen beim Abbiegen von der Annastraße in die Starkenfeldstraße soll Schluss sein.
Wenn sie sich etwas wünschen dürfte für diese Kreuzung, dann wäre es eine "Lichtsignalanlage", sprich Ampel. Ines Schellmann, Sachbearbeiterin Verkehr bei der Polizeiinspektion Bamberg-Stadt, stellt klar: An dieser Einmündung "sind wir im Bereich der Unfallhäufung". Doch eine Ampelanlage kostet Geld, im Raum steht der Betrag von 120 000 Euro. Die Polizistin drückte sich in der Sitzung des Umweltsenates diplomatisch aus: "Eine bauliche Gestaltung wäre aus unserer Sicht wünschenswert."
Und genau die wird kommen - wenn auch nicht in Form einer Lichtsignalanlage. Für deutlich günstigere 2500 Euro werde man die trichterförmige Einmündung der Annastraße in die Starkenfeldstraße "optisch einengen", wie es Baureferent Thomas Beese beschrieb.
"Die Größe der Kreuzung spielt eine Rolle und lädt zu riskanteren Fahrmanövern ein."
Dem entgegenwirken sollen im Grunde drei Maßnahmen. Erstens: Eine sogenannte Aufschraubinsel. Sie soll die - bisher nur aufgemalte - Mittelinsel auf der Annastraße ersetzen. Außerdem soll die Insel bis zum Fahrbahnrand der Starkenfeldstraße verlängert werden. Autos, die in die Starkenfeldstraße abbiegen wollen, sollen dadurch bis an deren Fahrbahnrand vorfahren. Der Radweg verläuft dann hinter beziehungsweise zwischen den wartenden Autos. Gertrud Leumer von der Grün-Alternativen Liste (GAL) befürchtet allerdings, dass das Heck des vordersten Autos in den Radweg hineinragen könnte.
Bis zur Sichtlinie vorfahren
Das kann aktuell allerdings auch schon vorkommen - sofern der motorisierte Verkehr überhaupt bis an die Sichtlinie vorfährt.
Laut Beese käme es durchaus vor, dass Autofahrer
hinter dem Radweg in der Annastraße halten. Neben der Installation einer Verkehrsinsel soll auch eine Sperrmarkierung auf beiden Seiten der Annastraße aufgemalt werden - und den Verkehr verlangsamen und an die Starkenfeldstraße heranführen. Gleichzeitig wird dadurch die breite, trichterförmige Einmündung verengt. Die Maßnahmen stehen laut Steffen Schützwohl aus der städtischen Pressestelle bereits Mitte April an.
Stadt und Polizei hoffen, dass dann weniger Unfälle passieren. Die Statistik der Polizei zeigt: Es sind nicht wenige. 2012 kam es zu drei Unfällen mit drei Leichtverletzten, 2013 passierte ein Unfall ohne Verletzte, 2014 dagegen sechs Unfälle. Bei dreien kamen die Beteiligten ohne Schaden davon, bei den anderen dreien gab es Leichtverletzte. Die Zahlen stammen von Silke Gahn, Pressesprecherin der Bamberger Polizei.
Die neuesten Daten reichen bis zum 30. November 2015: Demnach passierten bis zu diesem Zeitpunkt vier Unfälle mit zwei Leichtverletzen, in einem Fall gab es eine Schwerverletzte.
Ein Streit entbrannte darüber, ob die erlaubten 50 km/h auf der Starkenfeldstraße ein Grund für die zahlreichen Unfälle sein könnten. Ines Schellmann von der Polizei sagte dazu klar: Nein. "Ausschlaggebend ist nicht die Geschwindigkeit, sondern die Vorfahrtsmissachtung." Änlich sahen das Franz-Wilhelm Heller (CSU) - der im Übrigen mit einem Kreisverkehr liebäugelte - und Ursula Redler (FW). Sie interpretierte die Stellungnahme eines Unfallsachverständigen der Versicherungswirtschaft dahingehend, dass eine Reduzierung auf Tempo 30 auf der Starkenfeldstraße keine Entschärfung bringen würde.
Ganz anders sahen das die Grünen.
Gertrud Leumer sieht sogar einen Widerspruch der Zahlen der Polizei zu dem Ergebnis des Sachverständigen. "Da rauschen die Autos durch" und es bestünde "Gefahr für Leib und Leben", so die Stadträtin. Sie erwähnte im Zusammenhang damit einen tödlichen Unfall im Jahr 2009. Auch ihr Fraktionskollege Peter Gack widersprach der Auslegung der Polizei. "Wenn ich aus einer untergeordneten Straße in eine übergeordnete einbiegen will, finde ich bei Tempo 50 auf der übergeordneten Straße schwieriger eine Lücke als bei Tempo 30."
"Psychologische Barriere"
Doch genau für diese Begrenzung liegen laut Ordnungsreferent Ralf Haupt die gesetzlichen Voraussetzungen nicht vor.
Eine "psychologische Barriere", wie sie Ursula Redler bezeichnete, setzte der Umweltsenat jedenfalls durch: Peter Süß (SPD) forderte, "dass das 30er Schild weiter vorgerückt wird." - Und zwar jenes Schild, das
für Lkw gilt und relativ knapp vor der Pfisterbrücke steht.
Ursächlich für diese Geschwindigkeitsbegrenzung für Lastwagen ist eigentlich der Schutz der Brücke. Genau dieses "Tempo 30 für Lkw"-Schild wird nun - stadteinwärts -
vor die Einmündung der Annastraße versetzt. Und stadtauswärts auf gleicher Höhe wieder aufgehoben. BUB-Stadträtin Daniela Reinfelder wünschte, dass im Umweltsenat in spätestens einem Jahr über die Erfahrungen mit den Maßnahmen berichtet wird. Auch hier stimmte das Gremium zu.
Sogar die Bamberger Polizei erkennt einen „Bereich der Unfallhäufung“ - nahezu ein Wunder! Angesichts der vielen Vorkommnisse, die etliche Leicht-, aber auch Schwerverletzte sowie einen Todesfall zur Folge hatten, blieb wenig anderes übrig.
Stadtverwaltung und (Mehrheit der) Kommunalpolitik tun alles, damit die tatsächlichen Ursachen nicht angefaßt werden. Der einzige positiv zu beurteilende Beschluß betrifft die optische Verengung der Einmündung mittels markierter Sperrflächen.
Die künftig fest installierte Mittelinsel in der Annastraße bewirkt, daß vorfahrtberechtigte (!) Radfahrer nicht ausweichen können, blockiert ihnen ein wartepflichtiges Kraftfahrzeug den Weg. Es wird häufiger zu Notbremsungen kommen - genau dort, wo sie ohnehin damit rechnen müssen, von achtlos in die Annastraße einbiegenden Kraftfahrern auf die Kühlerhaube genommen zu werden.
Die unfallträchtige Führung des Geradeausverkehrs auf dem viel zu schmalen Radweg rechts der Rechtsabbiegespur für Kraftfahrzeuge wird nicht hinterfragt, auch nicht die unzulässig angeordnete Benutzungspflicht.
Gänzlich außer acht gelassen wird der Querungsbedarf für Fußgänger über die Starkenfeldstraße: Einkaufszentrum, Arbeitsagentur, Kindertagesstätte, Schulen und andere Ziele werden ignoriert. Selbstverständlich erhöht die hohe Kfz-Geschwindigkeit neben der Gefahr von Abbiegeunfällen auch das Risiko der Straßenquerung. Man erkennt den Zusammenhang, zieht aber mit der Verlängerung der nur für Schwerverkehr geltenden Geschwindigkeitsbegrenzung eine nicht einmal halbherzige Konsequenz. Was, wenn nicht die Verkehrssicherheit an einem Unfallhäufungspunkt, entspricht „gesetzlichen Voraussetzungen“, wie sie „Ordnungsreferent Haupt“ interpretiert?
Fazit:
Sicherheit für nicht motorisierte Verkehrsteilnehmer darf in Bamberg nur wenig kosten - und wird dem vermeintlichen Bedürfnis nach ungehindert schnellem Autoverkehr gnadenlos untergeordnet.
Können die Verantwortlichen eigentlich ruhig schlafen?