Reckendorfs neuer Bürgermeister Manfred Deinlein (SPD) spricht über anstehende Projekte - und darüber, warum er sich gleich ein wenig unbeliebt gemacht hat.
59,19 Prozent der Stimmen: Die Reckendorfer haben sich im Frühjahr 2014 eindeutig für einen neuen Bürgermeister ausgesprochen. Manfred Deinlein, der erst seit fünf Jahren in der 2000-Seelen-Gemeinde wohnt, hat zum 1. Mai seinen Vorgänger Klaus Etterer (CSU) beerbt. Als eine der ersten Amtshandlungen hat Deinlein Gebühren angehoben.
Herr Deinlein, warum war das nötig?Manfred Deinlein: Ich musste bei meinem Amtsantritt feststellen, dass die finanziellen Aussichten doch nicht so rosig waren. Deswegen war eine der ersten Entscheidungen die Anhebung von Gebühren. Das betraf den Gewerbesteuersatz und die Wasserversorgung.
Das ist natürlich ganz toll, wenn man das als neuer Bürgermeister gleich macht (
lacht, dann wieder ernst:)Wir haben in Reckendorf eine eigene Wasserversorgung, die meiner Meinung nach immer noch niedrige Kosten verursacht.
Stichwort Kosten: Was sind die großen Projekte, die derzeit in Reckendorf anstehen?Unser neuer Kindergarten befindet sich im Bau und soll Anfang 2015 fertig werden. Außerdem brauchen wir dringend Wohnbauland. Im Sommer hatte ich jede Woche zwischen ein und drei Anfragen zu Wohnbauplätzen. Verständlich, schließlich haben wir eine gute Lage. Wir verfügen über einen ordentlichen Bahnanschluss und sind nicht weit weg von Bamberg. Momentan stehen wir in Verhandlung mit einigen Grundstückseigentümern. Und der Breitbandausbau ist natürlich auch immer ein Thema.
Vor kurzem haben alle vier Gemeinden der Verwaltungsgemeinschaft Baunach beschlossen, in dieser Sache zusammenzuarbeiten.
Auch in einem anderen Bereich soll es eine Zusammenarbeit geben...Gemeinsam mit den anderen Gemeinden im Baunachgrund rund um Ebern möchte ich im Rahmen einer "Integrierten Ländlichen Entwicklung" kooperieren. Wir werden dies in einer der nächsten Gemeindratssitzungen besprechen. In den Bereichen Kultur und Soziales bestehen schon große Verflechtungen. Ich sehe noch weitere Möglichkeiten in den Bereichen Infrastruktur, Tourismus, Energiewirtschaft und Kernortentwicklung."
Diskutiert wir ja immer viel. Was läuft einfach gut in Reckendorf?Unser Ortskulturring funktioniert prima, auch die Zusammenarbeit im Gemeinderat. Dort wird immer sachlich und zielorientiert diskutiert.
Zum Beispiel über Gehsteige...
Ja. Die Altersstruktur im Dorf stellt sich so dar, dass wir einerseits dringend neues Bauland brauchen. Andererseits nimmt die Zahl der Rollatoren stetig zu. Wir haben den Vorteil, dass wir eine Caritas-Sozialstation bei uns haben. Für uns heißt das aber auch, das wir für die Mobilität der Menschen sorgen müssen. Die Leute wollen zum Arzt gehen, zum Einkaufen, zum Friedhof, zur Kirche; wenigstens auf einer Seite muss der Gehsteig mit Kinderwagen, Rollstuhl oder Rollator durchgehend befahren werden können. An der Hauptstraße ist das derzeit an einigen Stellen nicht möglich. Dort muss der Gehsteig entweder verbreitert oder abgesenkt werden.
Gesenkt wurde auch die Geschwindigkeit im Ort. Gab es Widerstände?Im Gegenteil. Wir haben es geschafft, in fast ganz Reckendorf Tempo 30 einzurichten.
Das trägt zum Wohnwert bei. Noch hat sich keiner beschwert, viele haben sich sogar gefreut. Zuerst gab es beispielsweise ein Transparent mit der Aufschrift "Wir wollen Tempo 30". Als das beschlossen war, hing an der gleichen Stelle ein neues Transparent mit "Tempo 30 - danke!". Das ist doch schön, dass sich die Leute bedankt haben.
Dann zum Gegenteil: Was macht Ihnen Sorgen in Reckendorf?Richtig Bauchschmerzen bereitet mir dieser mögliche Feuerteufel, der die Schreinerei angezündet haben soll. Alle Reckendorfer sind deswegen besorgt.
Wo sehen Sie sich denn generell als Bürgermeister? Wie hat sich ihr Leben verändert?Ich habe mehr Verantwortung für mehr Menschen. Für mich persönlich ist das Amt eine Bereicherung, ich mach's gerne. Aber es kostet Zeit.
Ich musste meine Anwaltstätigkeit reduzieren, vor allem aber meine Tätigkeit als Dozent für die Industrie- und Handelskammer. Meine letzte Klasse läuft gerade aus. Auch meine Pilgerreise, der letzte Abschnitt von Assisi-Rom, habe ich auf kommenden Mai verschoben.
Und meine Frau sieht mich zwar häufiger als früher, ich bin aber kürzer zuhause. Irgendeinen Abendtermin hat man immer.
Das Gespräch führte Anna Lienhardt.
Herr Deinlein sollte dringendst seinen Parteifreund Starke in Bamberg beraten:
Es gibt Gehwege, die aus historischen Gründen schmal sind. Sie, falls möglich, so zu verbreitern, daß sie für alle nutzbar werden, ist natürlich zu begrüßen. Die Stadt Bamberg aber geht den umgekehrten Weg:
Das Parken auf Gehwegen darf nach den Vorgaben des Verkehrsrechts nur dann zugelassen werden, wenn ein ungehinderter Begegnungsverkehr auch mit Rollstuhl oder Kinderwagen möglich ist. Hierfür geben die Richtlinien ein Mindestmaß von 2,50 m für den freizuhaltenden Querschnitt vor - bei stärkerem Fußgängeraufkommen auch mehr. Schließlich sind noch Rollatoren, Tretroller, Skateboards, Inliner, spielende und radfahrende Kinder zu berücksichtigen. Und der Gehsteig ist nicht allein Verkehrsweg, sondern auch Aufenthaltsbereich, Lebensraum. Logisch: Ist der Gehweg schon baulich nicht so breit, darf Gehwegparken definitiv nicht angeordnet werden.
Die Stadt Bamberg hingegen erklärt lapidar, daß sie diese Vorgaben nicht zu beachten, also dauerhaft gegen geltendes Recht zu verstoßen gedenke. Schlimmer noch: Wiederholt hat sie verlauten lassen, daß sie auch gegen widerrechtliches Falschparken nicht vorgehen will.
Herr Deinlein, bitte übernehmen Sie!
"Gefragt ist folglich ein neuer Ansatz in der Straßenplanung, der am Straßenrand beginnt und zuerst die Flächenansprüche des Fuß- und Radverkehrs klärt" (Nahmobilität 2.0, Arbeitsgemeinschaft fahrradfreundliche Städte, Gemeinden und Kreise in Nordrhein-Westfalen e.V., Februar 2012).