Am Girls' Day und Boys' Day können Jungs und Mädchen können einen Arbeitstag lang in für sie untypische Berufe schnuppern.
Fachkräftemangel. Ein Schreckgespenst für Unternehmen. Zu den Ansätzen, die für Abhilfe sorgen sollen, gehören spezielle Aktionstage. Seit 15 Jahren gibt es den Girls' Day, seit zehn den Boys' Day. Heuer finden beide am 28. April statt. Damit Unternehmen verstärkt auf diese Chance aufmerksam werden, macht sich die Wirtschaftsförderung am Landratsamt stark. Besonders Rainer Keis. "Die Anmeldefristen laufen noch, wir fungieren hier als Bindeglied zu den Unternehmen", beschreibt er die Funktion des Landratsamtes. Mit über 300 Mails hat er versucht, Unternehmen für die Teilnahme zu gewinnen.
Boys- und Girls Day werden unter anderem von der IHK, dem Zentralverband des Handwerks, dem Bundesfamilienministerium und dem Bundesbildungsministerium getragen.
Beide am gleichen Tag
Während beim wohl bekannteren und etablierteren Girls' Day Mädchen Einblick in Berufe bekommen
sollen, die normalerweise eher Männer-Domänen sind, ist es beim Boys' Day genau umgekehrt, führt Keis aus. Freilich weiß Keis auch um das Manko: Berufe für Frauen sind oft schlechter bezahlt. Was die jeweiligen Aktionstage verbindet, ist dass sie jeweils am gleichen Tag stattfinden und jeweils für Schüler und ab der fünften Jahrgangsstufe gedacht sind.
Wie sieht die Beteiligung aus? Im Landkreis Bamberg gibt es insgesamt 3283 Unternehmen gemeldet, die Beschäftigte haben. 44 Unternehmen beteiligten sich letztes Jahr am Boys' Day, den 140 Jungs nutzten. Zu den 40 teilnehmenden Firmen am Girls' Day kamen 415 Mädels, zitiert Keis die Statistiken. Das zeigt, es gibt hier durchaus noch Potenzial, das erschlossen werden könnte - und sollte.
Was kostet Unternehmen die Teilnahme? Eigentlich nichts, nur sollte man Mitarbeiter abstellen, die sich um die Jugendlichen kümmern.
Ziel ist es, möglichst gut Einblick in den Beruf zu geben, erklärt Keis, in der Art etwa eines Tagespraktikums. Für die Unternehmen sei die Teilnahme in gewisser Weise auch ein Image-Gewinn, da sie mit dem Logo werben können. Keis findet es wichtig, dass nicht nur große Unternehmen teilnehmen, sondern gerade auch kleine Unternehmen die Chance nutzen, sich mit einfachen Mitteln vorzustellen und bekannt zu machen.
Nicht allein um ihr Unternehmen geht es dabei Sylvia Buckel. Sie möchte insgesamt fürs Handwerk werben. Natürlich würde sie sich schon auch wünschen, dass über den Girls' Day wieder einmal ein weiblicher Dachdecker-Azubi zu Dach & Wand Buckel käme. Seit 2004 engagiert sich die Gundelsheimer Firma beim Girls' Day, so die Chefin. Das Unternehmen hat insgesamt 30 Beschäftigte, 27 davon Männer. Die drei Damen sind in der Verwaltung tätig.
Angesichts der Tatsache, dass es ohnehin schon schwierig ist, Auszubildende zu bekommen, die Dachdecker werden wollen, bleibt sie realistisch, was eine neue Auszubildende anbelangt.
Sie führt das auf die anstrengende Tätigkeit zurück: Man ist den ganzen Tag im Freien. Zudem handelt es sich um eine schwere Arbeit - man muss schwere Maschinen bedienen, Schweres aufs Dach tragen. Einen realistischen Eindruck soll der Girls' Day vermitteln. Das heißt die Mädchen dürfen tatsächlich rauf aufs Dach. "Sie sollen schon arbeiten und merken, so fühlt sich das an, die dürfen richtig was machen." Das führe am Ende auch zu einem Erfolgserlebnis.
Das haben wohl auch die Jungs, die ihren Boys' Day im Scheßlitzer Gemeindeteil Stübig verbringen. Bei der Confisserie Storath AG wird ihnen der Arbeitstag im wörtlichen Sinne versüßt.
Die Confisserie beteiligt sich laut Chef Johannes Storath seit acht Jahren an diesem Aktionstag, "gerne", wie er betont. Hier bildet man zwar nicht zum Konditor aus, gebraucht werden diese aber schon im Unternehmen. Beim Aktionstag könnte mancher vielleicht auf den Geschmack kommen. Oder einfach Gefallen daran finden, bei Storath als Pralinenmacher zu arbeiten. In den Teilnehmern von Girls' und Boys' Day sieht Storath "die Leute von morgen".
Schon ausgebucht
"Wir geben ihnen eine Chance reinzuschnuppern", so lautet das Credo des Firmenchefs, dessen 75-köpfige Belegschaft aus 98 Prozent Frauen besteht. Freilich muss man schon gerne Kuchen backen oder kochen, um an der Tätigkeit hier Freude zu finden, gesteht er zu. In der Regel sind es vier Jungs, die beim Boys's Day in der Confisserie beim Pralinemachen mittun dürfen.
Neben dem rein Handwerklichen geht es dem Firmenchef auch darum, dass die jungen Besucher das Betriebsklima und den sozialen Umgang hier kennenlernen.
Er setze darauf, langfristig zu begeistern und ist für den 28. April bereits ausgebucht, so Storath. Sehr zur Freude von Wirtschaftsförderer Rainer Keis. Zum aktuellen Stand teilt übrigens Iris Schlaier vom bfz mit, dass sich am Boys' Day 34 Firmen und soziale Einrichtungen mit 160 Plätzen beteiligen, am Girls's Day 35 Firmen mit 530 Plätzen. Es sind immer noch Plätze frei und weitere Angebote kommen hinzu. Die Jugendlichen können sich im Internet (Stichwort girls's day bzw boys' day) bis zum 27. April eintragen. "Eine gute Gelegenheit, außerhalb der üblichen Angebote den richtigen Beruf zu finden", wirbt Iris Schlaier.