Der Spiegel blieb meist blind

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Rainer Wälde referierte gestern in der Jako-Arena über Ethik, Werte und Karriere. Foto: Barbara Herbst

Wegen mangelnder gedanklicher Stringenz verhedderte sich Rainer Wälde im Gestrüpp seiner Ideen

Am Tempel von Delphi soll in der Antike ein eindringlicher Satz zu lesen gewesen sein: " Erkenne dich selbst." Die Erkenntnis seiner selbst galt als die unhintergehbare Voraussetzung dafür, seinem Leben eine bestimmte Form geben zu können.

Darin bekundet sich letztlich auch die Autonomie und Verantwortung des Menschen gegenüber sich und seinem Leben.

Ein emphatisches "Erkenne Dich selbst" rief auch Rainer Wälde am Dienstagabend seinem Publikum in der Bamberger Jako-Arena zu. Dort referierte der renommierte Image-Experte, Buchautor und TV-Moderator über Werte und die Kunst des Selbstmarketings.

Wälde ist es ein großes Ärgernis, dass Menschen zunehmend zu rationalen, Nutzen maximierenden Wirtschaftsteilnehmern reduziert werden. Schließlich werde darüber ihren Leidenschaften und Vorstellungen eines gelingenden Lebens zu wenig Bedeutung zugemessen.


Der Spiegel blieb blind


Stattdessen stellt Wälde die Originalität und Authentizität der Menschen in den Mittelpunkt seiner Überlegungen. "Wir werden alle als Originale und sterben doch viel zu oft als Kopien", klagte er in Bamberg. Seinen Klienten verspricht er Unterstützung dabei, eine belastbare Vorstellung ihrer Identität zu entwickeln und diese darüber hinaus auch im beruflichen Alltag erfolgreich leben zu können.

Leider blieb der Spiegel, in den das zur Selbsterkenntnis aufgeforderte Bamberger Publikum am Dienstag blicken sollte, meist blind.

Trotz glänzender Rhetorik und sonorer Stimme vermochte es Wälde nicht, seinen Gedanken und Argumenten eine logische Stringenz zu verleihen. Mit rührender Arglosigkeit jonglierte er mit den Begriffen Authentizität, Originalität und Ethik. Gesellschaftliche Kräfte, die auf den Menschen und seine Identität einwirken, blendete Wälde völlig aus.

Da mochte es auch nicht mehr überraschen, dass der Begriffsakrobat die Ethik der Lebensführung zu einer Frage der Etikette zusammenschnurren ließ.

Der dritte Weg jedenfalls, die Versöhnung von Werten und Karriere, blieb im Dunkeln.