Der Beste braut in Merkendorf

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Sebastian Dippold an seinem Arbeitsplatz, dem Sudhaus der Brauerei Wagner in Merkendorf.Foto: Hans Kurz
Sebastian Dippold an seinem Arbeitsplatz, dem Sudhaus der Brauerei Wagner in Merkendorf.Foto: Hans Kurz
Sebastian Dippold mit Günter Wagner
Sebastian Dippold mit Günter Wagner
 

Sebastian Dippold ist in diesem Jahr Deutschlands bester Nachwuchsbrauer. Sein Handwerk hat der Scheßlitzer in Merkendorf gelernt.

Wer sich im Bierland Oberfranken als Brauer bewährt, der braucht weder in Bayern noch in ganz Deutschland die Konkurrenz zu scheuen. Das gilt nicht nur für die gestandenen Braumeister und Braumeisterinnen, sondern auch für den Nachwuchs. Sebastian Dippold hat das nun vorgemacht. Der 20-jährige Scheßlitzer wurde in Potsdam zum besten Nachwuchsbrauer Deutschlands gekürt, nachdem er zuvor schon den oberfränkischen Regional- und den bayerischen Landeswettbewerb der frischgebackenen Brauer-Gesellen für sich entschieden hatte.

"Als ich zum Bundesentscheid gefahren bin, hatte ich schon den Ehrgeiz zu gewinnen", sagt Dippold selbstbewusst. Als Oberfranke sei man ja automatisch in einer Favoritenrolle. Zusammen mit seinem Lehrmeister Günter Wagner von der Brauerei Wagner kann er nun über beide Ohren strahlen. "Die Auszeichnung macht stolz, das ist schon einmalig", stellt Braumeister Wagner fest. Wenn er wolle, könne Sebastian natürlich jederzeit bei ihm bleiben.

Braumeister, genauer gesagt Brau- und Malzmeister - so der offizielle Titel, will Dippold nun auch werden und dazu an der renommierten Doemens-Akademie in München studieren. Studieren sei schon nach dem Abitur am Dientzenhofer-Gymnasium eine Überlegung gewesen. "Aber ich habe mich entschieden, erst eine Lehre zu machen", sagt er. Man sieht ihm an, dass der Titel ihm im Nachhinein recht gibt.

Bodenständig und traditionell

Dass es eine Ausbildung zum Brauer werden sollte, war Sebastian Dippold nicht unbedingt in die Wiege gelegt. Im Gegensatz zu vielen seiner jungen Kollegen in der Region stammt er nicht aus einer Brauerfamilie mit eigenem Betrieb. Es waren Praktika während seiner Schulzeit und schließlich eine Freundschaft mit dem Scheßlitzer Drei-Kronen-Brauer Josef Lindner, die den Ausschlag gaben. 2016 begann er dann seine Ausbildung bei der Brauerei Wagner in Merkendorf, legte zwei Jahre später die Gesellenprüfung ab.

Und wie sieht die Zukunft aus? Als Braumeister will Dippold wieder in die Heimat zurückkehren - oder auch mal ins Ausland gehen und neue Erfahrungen sammeln. "Oberfranken wäre schön, das wäre mir am liebsten", hat er bei aller Weltoffenheit eine klare Präferenz. Das ist bei ihm wie beim Bier: Er mag die fränkischen Biersorten, am liebsten ein fränkisch Helles. Die Craft-Bier-Szene lässt ihn weitgehend kalt. Da ist Sebastian Dippold - wie sein Chef und Lehrmeister Günter Wagner - eher Traditionalist. "Auf die Craft-Bier-Schiene sind wir nicht eingestiegen", meint Wagner. Zehn Sorten handwerklich gebrauter Biere - vom Lager über Rotbier, Pils und Märzen bis zum preisgekrönten Bock - sind Vielfalt genug für eine Brauerei, die normalerweise pro Tag zwei Sude à 42 Hektoliter ansetzt.

Ein klassisches Helles gibt es aber noch nicht im Wagner-Sortiment. Aber Sebastian Dippold will in der kommenden Woche eines vorstellen. Es ist eine Premiere: sein erstes eigenes Bier. Bisher hat er in seiner Lehrzeit nach den traditionellen Wagner-Rezepten gebraut und höchstens mal in der heimischen Küche im Kochtopf einen Sud nach eigenem Rezept angesetzt.

Bundesfinale in Merkendorf

Vorerst arbeitet Dippold ganz normal weiter in der Brauerei Wagner. Nur eben jetzt als Geselle. Sein jetziger Erfolg wird aber in Merkendorf noch Auswirkungen haben, wenn er selbst vielleicht schon in München die Meisterausbildung macht. Denn das nächste Bundesfinale der Nachwuchsbrauer wird der Verband Private Brauereien traditionell am Wirkungsort des Vorjahressiegers veranstalte. 2019 wird es also dank Sebastian Dippold in Merkendorf hoch hergehen.

Kommentar

Kein Zweifel: Craft Bier ist ein interessantes Phänomen und oft auch eine feine Sache. Vor allem für Menschen, für die die Bierwelt bisher aus einer Pils-Monokultur bestand. In der Szene führen aber oft Leute das Wort - man kann Sie sich gemeinhin als Berliner Hipster mit selbst gehäkeltem Boschi und Salafistenbart vorstellen -, die meinen, sie hätten gerade das Rad (Bier) neu erfunden und alles, was es sonst gibt, sei eine fade Plörre. Das hat in Franken einen hopfenbitteren Beigeschmack. Denn hier gibt es noch zahlreiche Brauereien, die ihr Bier handwerklich herstellen - und nicht anderes bedeutet Craft Bier in der wörtlichen Übersetzung. Und die Vielfalt der Sorten und Geschmäcker ist auch nicht durch das dreiundfünfzigste, mit sechs Sorten spezieller Aromahopfen in den Richtungen Melone, Litschi, Maracuja, Minze, Waldbeere oder Aprikose kaltgehopfte IPA zu toppen. Ganz abgesehen davon, dass im Craft-Bier-Ursprungsland USA Sorten wie Lager und Rauchbier als Exoten gehandelt werden. Schön, dass es in Franken darüber hinaus noch Kellerbier und Märzen, Rot- und Braunbier, Export und Bock, Hell und Dunkel, filtriert oder unfiltriert, gespundet oder ungespundet und noch mehr gibt. Noch schöner ist, dass es nicht nur alte, sondern auch junge Brauer gibt, die sich zu dieser großartigen Biertradition bekennen.