Damen-Stammtisch verrät grünes Geheimnis

3 Min
Für Ihren "Küll" tun sie alles - sogar Brennnesseln rupfen. Die Mitglieder des Bamberger Damen-Stammtischs zieht es jedes Jahr im Frühling an den Fuß der Giechburg. Hier sammeln Gerlinde Trunk, Christel Fabian und Maria Neumann Grünzeug für ihre Spezialität. Diana Fuchs
Für Ihren "Küll" tun sie alles - sogar Brennnesseln rupfen. Die Mitglieder des Bamberger   Damen-Stammtischs zieht es jedes Jahr im Frühling an den Fuß der Giechburg. Hier sammeln Gerlinde Trunk, Christel Fabian und Maria Neumann Grünzeug für ihre Spezialität. Diana Fuchs
Portionsweise eingefroren, erfreut der Küll noch lange den Gaumen. Foto: Ch. Fabian
Portionsweise eingefroren, erfreut der Küll noch lange den Gaumen. Foto: Ch. Fabian
 
Schöne Tradition: Während der Kräuterwanderung zünden die Dienstagsstammtisch-Damen an der Maria-hilf-Grotte ein Kerzchen an. Unser Bild zeigt Gerlinde Trunk, Christel Fabian und Maria Neumann vor der Grotte im Wald, die ein Soldat und seine Freunde einst aus Dankbarkeit über die Heimkehr aus dem Krieg errichteten.
Schöne Tradition: Während der Kräuterwanderung zünden die Dienstagsstammtisch-Damen an der Maria-hilf-Grotte ein Kerzchen an. Unser Bild zeigt Gerlinde Trunk, Christel Fabian und Maria Neumann vor der Grotte im Wald, die ein Soldat und seine Freunde einst aus Dankbarkeit über die Heimkehr aus dem Krieg errichteten.
 
 
Maria Neumann pflückt eine Handvoll Schlüsselblumenblättern für ihren Küll. Fuchs
Maria Neumann pflückt eine Handvoll Schlüsselblumenblättern für ihren Küll. Fuchs
 
Auf der Suche nach Sumpfdotterblumenblättern. Fuchs
Auf der Suche nach Sumpfdotterblumenblättern. Fuchs
 
Wie einst Opa Hans: Maria Neumann hat ein Sonnenhütchen aus Pestwurz-Blättern gebastelt.Fuchs
Wie einst Opa Hans: Maria Neumann hat ein Sonnenhütchen aus Pestwurz-Blättern gebastelt.Fuchs
 
Tüte voll: So sieht der Inhalt einer Kräutersammeltasche aus.
Tüte voll: So sieht der Inhalt einer Kräutersammeltasche aus.
 
Die Wurzel des bordeaux-rot blühenden Bach-Nelkenwurzes verwendet man in der Heilkunde zum Desinfizieren. Fuchs
Die Wurzel des bordeaux-rot blühenden Bach-Nelkenwurzes verwendet man in der Heilkunde zum Desinfizieren. Fuchs
 
Maria Neumann kennt sich in der Natur aus: Sie weiß, welches Kraut essbar ist - und welches nicht. Fuchs
Maria Neumann kennt sich in der Natur aus: Sie weiß, welches Kraut essbar ist - und welches nicht. Fuchs
 
im Bärlauch. Fuchs
im Bärlauch. Fuchs
 
Christel Fabian, Gerlinde Trunk und Maria Neumann gönnen sich eine kurze Ruhepause auf einem Baumstamm. Wer gute Augen hat, kann im Hintergrund die Giechburg erkennen Diana Fuchs
Christel Fabian, Gerlinde Trunk und Maria Neumann gönnen sich eine kurze Ruhepause auf einem Baumstamm. Wer gute Augen hat, kann im Hintergrund die Giechburg erkennen Diana Fuchs
 
Gekocht und fein püriert, bekommt Küll sein typisch spinatartiges Aussehen. Christel Fabian
Gekocht und fein püriert, bekommt Küll sein typisch spinatartiges Aussehen. Christel Fabian
 
Auf der Suche nach Sumpfdotterblumenblättern. Fuchs
Auf der Suche nach Sumpfdotterblumenblättern. Fuchs
 
Christel Fabian und Gerlinde Trunk vor der Maria-hilf-Grotte. Fuchs
Christel Fabian und Gerlinde Trunk vor der Maria-hilf-Grotte. Fuchs
 
"Schlüsselblumen kann man essen!", sagt Maria Neumann. Und tut's.Fuchs
"Schlüsselblumen kann man essen!", sagt Maria Neumann. Und tut's.Fuchs
 
Ein Hütchen gegen die Sonnenstrahlen - aus Pestwurzblättern. Fuchs
Ein Hütchen gegen die Sonnenstrahlen - aus Pestwurzblättern. Fuchs
 
Erst in Salz- und dann nochmals in normalem Wasser gewaschen: So können die gesammelten Kräuter bedenkenlos verarbeitet werden. Christel Fabian
Erst in Salz- und dann nochmals in normalem Wasser gewaschen: So können die gesammelten Kräuter bedenkenlos verarbeitet werden. Christel Fabian
 
Für Gerlinde Trunk ist die alljährliche Kräuterwanderung mit Kindheitserinnerungen verbunden: "Es hieß, Ehrenpreis solle man nicht pflücken, sonst würde es regnen. Deswegen mache ich das heute immer noch nicht!" Auch wenn der 81-Jährigen längst klar ist, warum die Mutter das wohl gesagt hat: "Wahrscheinlich wollte sie nicht, dass wir alles abrupften und heimschleppten." Unser Bild zeigt die Bambergerin im Bärlauch.
Für Gerlinde Trunk ist die alljährliche Kräuterwanderung mit Kindheitserinnerungen verbunden: "Es hieß, Ehrenpreis solle man nicht pflücken, sonst würde es regnen. Deswegen mache ich das heute immer noch nicht!" Auch wenn der 81-Jährigen längst klar ist, warum die Mutter das wohl gesagt hat: "Wahrscheinlich wollte sie nicht, dass wir alles abrupften und heimschleppten." Unser Bild zeigt die Bambergerin im Bärlauch.
 
Maria Neumann kann Bärlauch sehr gut von giftigen Pflanzen wie dem Maiglöckchen unterscheiden. Fuchs
Maria Neumann kann Bärlauch sehr gut von giftigen Pflanzen wie dem Maiglöckchen unterscheiden. Fuchs
 
Hoch giftig, aber schön: Maria Neumann hat einen blühenden Aaronstab entdeckt. fuchs
Hoch giftig, aber schön: Maria Neumann hat einen blühenden Aaronstab entdeckt. fuchs
 
Christel Fabian schält die Ur-Möhren-Wurzel mit einem Messer.
Christel Fabian schält die Ur-Möhren-Wurzel mit einem Messer.
 
An der Maria-hilf-Grotte zünden die Frauen ein Licht an. Fuchs
An der Maria-hilf-Grotte zünden die Frauen ein Licht an. Fuchs
 
Schöne Tradition: Während der Kräuterwanderung zünden die Dienstagsstammtisch-Damen alljährlich an der Maria-hilf-Grotte ein Kerzchen an. Unser Bild zeigt Gerlinde Trunk, Christel Fabian und Maria Neumann vor der Grotte im Wald, die ein Soldat und seine Freunde einst aus Dankbarkeit über die Heimkehr aus dem Krieg errichteten. Fuchs
Schöne Tradition: Während der Kräuterwanderung zünden die Dienstagsstammtisch-Damen alljährlich an der Maria-hilf-Grotte ein Kerzchen an. Unser Bild zeigt  Gerlinde Trunk, Christel Fabian und Maria Neumann vor der Grotte im Wald, die ein Soldat und seine Freunde einst aus Dankbarkeit über die Heimkehr aus dem Krieg errichteten. Fuchs
 
Christel Fabian hat die Wurzel einer Ur-Möhre ausgegraben. Der Vorläufer unserer Karotte wächst heute noch in vielen fränkischen Gegenden. Wie er schmeckt? "Holzig", sagt Christel Fabian lachend.Fuchs
Christel Fabian hat die Wurzel einer Ur-Möhre ausgegraben. Der Vorläufer unserer Karotte wächst heute noch in vielen fränkischen Gegenden. Wie er schmeckt? "Holzig", sagt Christel Fabian lachend.Fuchs
 
Christel Fabian erntet eifrig Bärlauch. Fuchs
Christel Fabian erntet eifrig Bärlauch. Fuchs
 
Gerlinde Trunk hat Brennnesselblätter gezupft - und sich (fast) nicht dabei gebrannt. Fuchs
Gerlinde Trunk hat Brennnesselblätter gezupft - und sich (fast) nicht dabei gebrannt. Fuchs
 
Mitten im Bärlauch-Meer. Fuchs
Mitten im Bärlauch-Meer. Fuchs
 
Für Ihren "Küll" tun sie alles - sogar Brennnesseln rupfen. Die Mitglieder des Bamberger Damen-Stammtischs zieht es jedes Jahr im Frühling an den Fuß der Giechburg. Hier sammeln Gerlinde Trunk, Christel Fabian und Maria Neumann Grünzeug für ihre Spezialität. Diana Fuchs
Für Ihren "Küll" tun sie alles - sogar Brennnesseln rupfen. Die Mitglieder des Bamberger   Damen-Stammtischs zieht es jedes Jahr im Frühling an den Fuß der Giechburg. Hier sammeln Gerlinde Trunk, Christel Fabian und Maria Neumann Grünzeug für ihre Spezialität. Diana Fuchs
 
Christel Fabian hat die Wurzel einer Ur-Möhre ausgegraben. Der Vorläufer unserer Karotte wächst heute noch in vielen fränkischen Gegenden. Wie er schmeckt? "Holzig", sagt Christel Fabian lachend.Fuchs
Christel Fabian hat die Wurzel einer Ur-Möhre ausgegraben. Der Vorläufer unserer Karotte wächst heute noch in vielen fränkischen Gegenden. Wie er schmeckt? "Holzig", sagt Christel Fabian lachend.Fuchs
 
Hier kann Christel Fabian aus dem Vollen schöpfen. Fuchs
Hier kann Christel Fabian aus dem Vollen schöpfen. Fuchs
 

Die Mitglieder des Bamberger Damen-Stammtischs zieht es jedes Jahr im Frühling an den Fuß der Giechburg. Hier sammeln sie Grünzeug für eine Spezialität.

S chon die Anfahrt ist ein Gedicht. Hinaus aus Bamberg geht es, vorbei an sonnengelben Löwenzahnwiesen, frühlingsgrünen Feldern und duftenden Fliederhecken, Richtung Giechburg. Nach 20 Minuten Autofahrt werden die Wege schmaler. In dem kleinen Ort Pünzendorf bei Scheßlitz steuert Maria Neumann einen Parkplatz an. "Los geht's!", sagt sie und reibt sich die Hände. Bepackt mit großen Tüten steuert die 75-Jährige den nahen Wald an.
Jedes Jahr Ende April packt Maria Neumann das Küll-Fieber. Das ist keine Krankheit, sondern eine wahrlich gesunde Leidenschaft, die aus ihrer frühesten Kindheit herrührt. Schon ihre Mama, Oma und Uroma liebten Küll, ein vitamin- und mineralstoffreiches Frühlingsgemüse aus Kräutern. "Die haben sich in der Natur ausgekannt und sich jedes Jahr auf das frische Grün gefreut", erzählt die Bambergerin, die aus Waischenfeld im Kreis Bayreuth stammt.
Bis zu 13 verschiedene Kräuter werden gesammelt, um daraus Küll zuzubereiten. "Das Gemüse passt hervorragend zu Schweinebraten und Klößen. Ich mag es auch als Pesto über Spaghetti, das schmeckt ganz fein", schwärmt Maria Neumann. Dabei ist das Küll-Rezept wohl aus der Not geboren. "Die Menschen früher konnten ja nicht einfach im Supermarkt knackiges Grünzeug kaufen. Aber nach dem langen Winter hatten sie Appetit darauf. Also gingen sie los und sammelten, was die Natur hergab."
Maria Neumann führt diese Tradition fort, zusammen mit ihren Freundinnen vom Dienstagsstammtisch. "Wir könnten auch woanders sammeln, aber hier ist es einfach optimal", stellt Christel Fabian fest, während sie ihren Blick über grüne Hänge in Richtung Giechburg und Wallfahrtskapelle Gügel schweifen lässt. "Schön abgelegen, da machen keine Hunde hin", fügt Maria Neumann hinzu. Die Oberfränkin hat das Tal einst zufällig entdeckt, bei einer kleinen Wanderung. Seither zieht es sie immer wieder hierher.
Der sonnenbeschienene Schotterweg führt in den Wald hinein. "Hier rechts", sagt Maria Neumann und biegt in einen Seitenpfad ab. "Man riecht's schon!", entgegnet Gerlinde Trunk lachend. Und dann sieht man es auch: Ein Meer von duftendem Bärlauch wächst hier entlang eines Bächleins. Die Damen schütteln die mitgebrachten Tüten auf und beginnen, sie Blättchen für Blättchen zu füllen. "Dass das Bärlauch ist - und nicht etwa das giftige Maiglöckchen - , ist leicht zu erkennen", erklärt Maria Neumann. "Die Blattunterseiten des Bärlauchs sind matt, nicht glänzend, und die Blätter wachsen einzeln aus dem Boden, anders als beim Maiglöckchen, dessen Blätter vom Stiel abzweigen."
Weiter geht's zu einer Wiese auf einer Lichtung. Hier sind Schlüsselblumenblätter und Breitwegerich zu finden. Auch etwas junger Giersch - das "Unkraut" ist eine Vitamin-C-Bombe -, darf mit in die Tüte.
"Schaut her, Blutströpfchen!", ruft Maria Neumann begeistert. Den bordeaux-rot blühenden Bach-Nelkenwurz, dessen Wurzel zur Keimtötung verwendet wird, "sieht man nicht mehr oft", sagt die 75-Jährige. Schon als Kind hat sie viel über Pflanzen und deren Wirkungen gelernt, ganz automatisch. Wenn die kleine Maria im Wald Durst bekam, hieß es "Lutsch' einen Sauerampfer!" und wenn die Mutter sagte: "Hol' ein paar Rapunzele", kam die Tochter wenig später mit Feldsalat fürs Abendessen wieder.
Fast 70 Jahre später bricht sie nun - durch Handschuhe gut geschützt - zusammen mit Freundinnen die oberen, zarten Blätter einer Brennnessel-Oase ab. An einem Feldweg finden die Damen Taubenkropfkraut, auch Kernkraut genannt. "Das macht den Küll schön zart!" Am nahen Bachufer pflücken sie schließlich noch die Blätter von Sumpfdotterblumen. "Das geht ganz schön in die Knochen", stellen sie übereinstimmend fest. Und: "Essen ist schöner als sammeln!" Zur Belohnung für die Bück- und Pflückarbeit steuern sie nun bester Laune einen Biergarten an.
Wieder daheim in Bamberg, waschen sie ihre grünen Schätze erst in Salzwasser, dann in klarem Wasser. "Das überlebt kein Ungeziefer." Sie kochen ihren Küll - woher der Name kommt, ist ungewiss -, genießen die erste Portion frisch, den Rest frieren sie ein. "Die Leute wissen gar nicht, was ihnen entgeht", seufzt Maria Neumann genießerisch. Christel Fabian pflichtet ihr bei: "Manche tun das Kräutersammeln als Getue von alten Leuten ab. Aber viele interessieren sich auch wieder dafür." Letzteren verrät Maria Neumann heute im "Fränkischen Sonntag" ihr überliefertes Küll-Rezept.


Rezept für 4 Portionen Küll

5 Handvoll Brennnesselblätter, jeweils 1 Handvoll Schlüsselblumenblätter, Sumpfdotterblumenblätter, Breitwegerichblätter, Taubenkropfblätter, Bärlauchblätter, Giersch. Wer möchte, gibt noch wilden Feldsalat, wilde Melde, Frauenmantel, Hirtentäschel, Wegmalve, Pimpinelle oder grüne Lauchstücke dazu.
Alles 15 Minuten im kochenden Wasser blanchieren, fein mixen, mit einer hellen Einbrenne aus 2 EL Mehl und 3 EL Butter binden, mit Salz, Pfeffer und Zucker abschmecken. Ein Gedicht!
 (www.infranken.de)