Schriftsteller Christian Ritter isst eine Woche lang das, was Asylbewerber vorgesetzt bekommen. Könnte eine trockene Angelegenheit werden: Sein erstes Essenspaket enthielt keinerlei Soßen.
Wo ist die Soße? Christian Ritter (30) steht vorm Kühlschrank und überlegt, was er sich aus den Lebensmitteln aus dem Asylbewerber-Essenspaket kochen soll. "Vielleicht gibt's Nudeln - ohne Soße. Oder Reis - ohne Soße. Oder: Tiefkühlhähnchen, zusammen mit Tiefkühl-Rindermett."
Irgendwie passen die Nahrungsmittel nicht so wirklich zusammen. Oder etwas fehlt. Brot zum Beispiel. Brot, um die mitgelieferte Margarine draufzustreichen. Oder Brot, um es zu den Puten-Wienerle zu essen. Das, was Grünen-Stadträtin Ursula Sowa zuviel hatte - acht abgepackte Brötchen sowie ein ebenfalls abgepackter Laib Brot - fehlt bei Christian Ritter gänzlich.
"Wahrscheinlich hat der Asylbewerber, dessen Paket ich erhalten habe, einfach kein Brot bestellt", vermutet Ritter. Die Asylbewerber können auf Listen Nahrungsmittel ankreuzen, die in ihr Essenspaket gepackt werden sollen.
Diese bestellte Nahrung kommt nun eine Woche lang bei Bamberger Prominenten auf den Tisch, das erste Paket wurde am Dienstag vorbeigebracht, das zweite kommt heute. Die Asylbewerber erhalten von den Teilnehmern der Aktion eine Spende von mindestens 35 Euro, damit sie sich selbst etwas zu essen kaufen können. Die absolute Ausnahme.
Denn in Bayern wird das Asyl-Sachleistungsprinzip streng gehandhabt, kein anderes Bundesland verteilt mehr Essenpakete. Außerhalb Bayerns können sich Flüchtlinge mit Geld oder Gutscheinen selbst verpflegen.
Auf diese Tatsache will die Flüchtlingsinitiative "Freund statt fremd" mit ihrer Aktion "Und? Schmeckt's?" aufmerksam machen.
Geschmeckt hat es Christian Ritter bisher so einigermaßen. Putenwürste mit Tomaten als Nachmittagssnack, zwei Eier zum Mittagessen beziehungsweise Frühstück. Das fällt bei dem Schriftsteller zusammen, weil er derzeit an seinem Roman schreibt - nachts. Vor vier Uhr morgens geht er nicht ins Bett.
Er hofft, dass im heutigen Paket Brot mitgeliefert wird. Ritter, der auch Autor ist und Poetry-Slams veranstaltet, hat einen Auftritt in Dresden. Aus den Asylbewerber-Lebensmitteln möchte er sich ein Verpflegungs-Paket für unterwegs zusammenstellen. Er hofft, dass nicht wieder angetaute Tiefkühlware dabei ist. Daraus hat er sich gestern das Abendessen kreiert: Tiefkühl-Hähnchenschenkel mit Reis. Blieb die Frage nach der Soße.
Auch bei anderen Flüssigkeiten war er stutzig: Im Paket - das nicht etwa aus Pappe, sondern zwei weißen Plastiktüten besteht - wurden zwar Fruchtsäfte mitgeliefert. Doch kein Wasser. "Aber ich hab ja Leitungswasser dazu", sagt Ritter.
Mit den übergangsweisen Einschränkungen kann er leben, mit größeren könnte er es wohl aber nicht. "Bei einer Aktion, bei ich nicht nur mit Essen, sondern auch mit Hygieneartikeln und Kleidung beliefert werden würde, würde ich nicht freiwillig mitmachen." Genau das ist jedoch Alltag bei Asylbewerbern in Bayern.
"Diese Fremdbestimmung ist hart. Was darf ich anziehen? Mit welcher Creme darf ich mein Gesicht einschmieren? Das sollte abgeschafft werden", fordert Christian Ritter.
Am Freitag plant er mit Musiker David Saam, der ebenfalls am Essenspakete-Projekt teilnimmt, einen Besuch im Asylbewerberheim. Um einen umfassenderen Blick in das Leben der Flüchtlinge zu erhalten. Nicht mehr nur den in zwei Plastiktüten mit abgepacktem Essen.
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Beiträgen der Teilnehmer des Versuchs.
Bei dem Beitrag stelle ich mir die Frage, ob die Autoren wirklich die Zielsetzung einer solchen Verpflegung und anderer Sachzuwendung logisch hinterfragt haben. Soll der Steuerzahler wirklich eine Gourmetverspeisung von Flüchtlingen und Asylbewerbern auf Kosten der Gemeinschaft vornehmen? - und der bürgerliche Sozial- bzw. Hartz IV-Empfänger an die "Tafel" verwiesen werden? Hat Christian Ritter auch an dem (illegalen) Verkauf von persönlichen Nahrungs- oder Sachzuwendungen der Asylbewerber an Dritte teilgenommen, die vor den Flüchtlingseinrichtungen stattfindet? Wie sieht Hr. Ritter die Zuwendungen von Wirtschaftsflüchtigen, die dem deutschen Sozialstaat missbrauchen, um persönlichen Profit zu schlagen und die Gemeinschaft zu schädigen. Sind wirklich, die Ritter'schen Ansprüche gerecht, für die heimische Alters- und Daseinsarmut, die bestimmte Schichten jeden Tag ausgesetzt sind und die keine Ansprüche an Mineralwasser oder Soße erheben, obwohl sie einen Zuschuss zu Hartz IV bekommen würden, aber hierauf verzichten, weil sie sich schämen diese Zuschüsse zu beantragen. Ich finde die Selbstberichterstattung für unakzeptabel, weil hierdurch der Eindruck erweckt wird, dass Flüchtlinge und Asylbewerber in Bayern "schikaniert" werden sollen, durch die ihr zukommende schlechte Behandlung.
Auch die Unterkunftsbedingungen werden in diesem Zusammenhang vielfach diskutiert. Hat sich jemand schon die Frage gestellt, ob der Zustand der Gemeinschaftsunterkünfte nicht durch die Anwohner, also der Asylbewerber, selbst verursacht wurden. Es wird immer hingestellt, dass "der Staat" ihnen menschenunwürdige Unterkünfte zur Verfügung stellt. Kann man nicht die Gegenfrage stellen, ob die Anwohner nicht selber für Ihre menschwürdige Verhältnisse mitverantwortlich sind? Sollten die Anwohner solcher Einrichtungen nicht innerhalb ihres Bereichs für Ordnung und Sauberkeit selber sorgen müssen, wenn sie sich beschweren nicht Erwerbstätigkeit ausüben zu können. Ist der Bericht verhältnismäßi
Der sinnvolle Versuch, herauszufinden, ob es besser ist, die Asylbewerber mit Lebensmittel-"Paketen" oder mit Geld für den Erwerb von Lebensmitteln zu versorgen, ist leider unzureichend vorbereitet. Klar kann man nicht einfach die von einem Asylbewerber georderten Lebensmittel einem anderen überlassen, in dem Fall Herrn Ritter. Da fehlt dann natürlich einiges - bis hin zur Prise Salz. Aber derlei Zutaten können die Asylbewerber ja monatlich bestellen.
Im Übrigen macht Herr Ritter den Eindruck, als sei er über Hotel Mama, Fast Food und Convenience Food nicht hinausgekommen. Kein Überlebenstraining bei den Pfadfindern gehabt, kein Picknick in der Wildnis? Hier eine kleine Nachhilfe, wenn die Soße fehlt: Ketchup lässt sich aus abgehäuteter und entkernter Tomate, Zwiebel, ÖL, Salz, Pfeffer und Zucker selbst herstellen. Oder man macht eine Mehlschwitze aus Fett, Zwiebel, Mehl und Brühe und bekommt eine Soße. Ohne diese geht's bei den hier beschriebenen Lebensmitteln aber auch: Hühnerschenkel mit Zwiebel und - so vorhanden - anderem Suppengemüse in Salzwasser garkochen. Als Einlage:Reis - eine komplette Mahlzeit (Huhn-Reistopf). Oder: Nudeln kochen, abseihen; Putenwürstchen mit Zwiebelwürfeln in Fett anbraten, Nudeln dazu - fast wie Schinkennudeln. Oder: Alte Semmel in Wasser einweichen, ausdrücken, zusammen mit aufgetautem (!) Rinderhack, Zwiebel und Ei vermischen. Zu Fleischküchlein formen und braten - vollständige Mahlzeit.
Und - mit schönem Gruß an Frau Sowa: Wenn sie nicht weiß, wohin mit altbackenen Brötchen; mach's wie Oma: Alte Ritter - einfach mal googlen. Vielleicht sollte man weniger theoretisieren und stattdessen die Asylbewerber anleiten, aus den gelieferten Zutaten nach landestypischer Art zu kochen. Sie müssen ja nicht immerzu Couscous mit totgekochtem Gemüse und fetten Hammelwürfeln essen. Oder täglich Hamburger. Es geht nichts über deutsche Hausmannskost! Wissenswert: Wie kommen die anderen mit 35 Euro/Woche beim Einkauf zurecht?