Chefarzt-Prozess: Erneut sagt Opferzeugin öffentlich aus

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ach wie vor kommen interessierte Zuhörer zu den Verhandlungstagen ins Bamberger Landgericht am Wilhelmsplatz. Dieses Foto stammt von einem früheren Termin. Foto: Matthias Hoch
ach wie vor kommen interessierte Zuhörer zu den Verhandlungstagen ins Bamberger Landgericht am Wilhelmsplatz. Dieses Foto stammt von einem früheren Termin. Foto: Matthias Hoch

Im sogenannten Chefarzt-Prozess waren am Mittwoch am Landgericht Bamberg Zeuginnen geladen, die Opfer des Angeklagten Heinz W. geworden sein könnten. Eine von ihnen war bereit, öffentlich auszusagen. Es ist die bisher zweite Frau von zwölfen, die sich dazu entschloss.

Vergangene Woche hatte eine 26-jährige ehemalige Patientin des Gefäßchirurgen den Anfang gemacht: Sie hatte sich als erste Opferzeugin damit einverstanden erklärt, dass Medienvertreter und Zuhörer im Saal bleiben dürfen. Die Begründung der jungen Frau: Sie wolle einfach, dass einmal beide Seiten gehört werden.

Am Mittwoch tat es ihr eine Studentin gleich - allerdings ohne ihre genauen Beweggründe darzulegen. Auf die Feststellung des Vorsitzenden Richters, dass der Ausschluss der Öffentlichkeit offenbar nicht gewollt sei, antwortete sie schlicht mit "ja". Und dann berichtete die heute 26-Jährige, was vor fünf Jahren vorgefallen sein soll.

An einem Samstag im April 2010 sei sie nach einer langen Busfahrt mit einem "doppelt so dicken Bein" wie normal in die Notaufnahme des Klinikums eingeliefert worden. Dort hätten die Ärzte eine Thrombose des linken Beins festgestellt.
Diese sei zwei Tage später, am Montag, vom Angeklagten operiert worden. Heinz W. habe bei ihr auch einige Vor- und Nachuntersuchungen übernommen.

So sei er am Sonntagabend "extra wegen mir" noch ins Krankenhaus gekommen. Er habe ihr erklärt, wie die OP ablaufe und dass er einen Ultraschall durchführen werde. "Ich meine, er hat gesagt, er spritzt mir ein Kontrastmittel", sagte die Studentin aus. Sie habe bereits am Vortag ein CT mit Kontrastmittel gehabt und sich darauf eingestellt, dass ihr "innerlich so warm" wird. Diese Reaktion hatte sie am Samstag bei sich festgestellt. "Ich dachte am Sonntag noch: Jetzt kommt gleich wieder dieses komische Gefühl, es kam aber nicht."


Keine Erinnerungen mehr an Untersuchung

An die Untersuchung kann sich die 26-Jährige nicht erinnern, erst am Folgetag habe sie "auf Station wieder bisschen was mitgekriegt".

Die Anklageschrift wirft dem Mediziner vor, dass er der Patientin während der Untersuchung einen stabartigen Ultraschallkopf eingeführt hat und Fotos vom Intimbereich der Frau gemacht hat. Um sie zu betäuben, soll der Gefäßchirurg der damals 20-Jährigen das Hypnotikum Midazolam - statt eines Kontrastmittels - gespritzt haben.

"Wir haben drüber gescherzt, dass sie wohl das Kontrastmittel nicht vertragen hat", sagte eine gute Freundin der Patientin am Mittwoch als Zeugin aus. Sie war damals zu Besuch im Krankenhaus gewesen und bezeichnete den Zustand ihrer Freundin nach dem Termin bei W. als "benebelt".


Aus den Medien von Vorwürfen gegen Heinz W. erfahren

Die beiden Frauen erfuhren schließlich aus den Medien von den Vorwürfen gegen den Ex-Chefarzt. "Ich dachte erst, das ist Quatsch", sagte die ehemalige Patientin des Mediziners. Sie habe "ein Grundvertrauen in Ärzte". "Ich hoffe, dass das nicht durch die falschen Vorwürfe erschüttert wurde", merkte Heinz W. dazu an.

Seine ehemalige Patientin wandte sich jedenfalls schließlich doch an die Polizei, wo ihr ein Beamter Fotos ihres Genitalbereichs zeigte. "Die Bilder waren für mich der abschließende Beweis." Der Angeklagte hatte schon in der Vergangenheit angegeben, Fotos von Patientinnen zu medizinischen Dokumentationszwecken gemacht zu haben.

Auch von einer heute 22-Jährigen soll er Bilder aus dem Intimbereich gemacht und diesen berührt haben. Die junge Frau bestand während ihrer Aussage auf den Ausschluss der Öffentlichkeit.

Gerichtssprecher Leander Brößler gab aus der über drei Stunden dauernden Vernehmung immerhin ein paar Details bekannt. So sei auch diese Patientin, damals 18 Jahre alt, von dem Gefäßspezialisten operiert und mehrmals untersucht worden.

Er habe die Gabe von Kontrastmittel angekündigt, "um besser sehen zu können". Ob die Patientin tatsächlich eine Spritze bekommen habe, wisse sie nicht mehr sicher. An die Untersuchung könne sie sich nicht erinnern. Sie sei auf der Liege aufgewacht, habe auf die Uhr geschaut und sich noch gedacht: "Meine Parkscheibe ist jetzt abgelaufen." Dann sei sie zunächst wieder eingeschlafen, und später auf dem Weg zum Auto erneut Heinz W. begegnet, der ihr eine gute Heimfahrt gewünscht habe. Die junge Frau habe sich ermahnt, sie müsse vorsichtig fahren.

Chefarzt-Verteidiger Klaus Bernsmann merkte zum Blick auf die Uhr "nach der angeblichen Sedierung" an: "Das Erinnerungsvermögen ist inkompatibel mit der schlafverursachenden Wirkung von Midazolam."

Der Prozess wird am 15. Dezember um 9 Uhr fortgesetzt.