Auch in Bamberg werden "nach Köln" Rufe nach einer Bürgerwehr laut - zu beobachten vor allem im Internet. Dabei können Einheimische bereits seit 20 Jahren in der Sicherheitswacht auf Streife gehen.
Wer von diesen beiden Herren auf der Straße angesprochen wird, kann sich gerne deren Ausweis zeigen lassen. Erwin Müller (58) und Klaus Steger (52) haben einen, ausgestellt von der Polizeiinspektion Bamberg Stadt. Das Kärtchen bescheinigt, dass diese beiden Herren berechtigt sind, die Personalien aufzunehmen. Oder einen Platzverweis zu erteilen. Und ein Pfefferspray dürfen sie auch mitführen - "das hab' ich aber noch nie gebraucht", merkt Klaus Steger an. Er und Kollege Müller sind bei der Sicherheitswacht.
Sicherheitswacht: "Bindeglied zwischen Polizei und Bevölkerung"
Das heißt: sechs Wochen Ausbildung, Gesetze pauken - und man sollte bereits "Zuverlässigkeit und Verantwortungsbereitschaft" bewiesen haben, wie es auf der Internetseite der oberfränkischen Polizei heißt. Wer es durch das Bewerbungsverfahren schafft und ausgewählt wurde, gehört zur Sicherheitswacht. "Wir sind das Bindeglied zwischen Polizei und Bevölkerung", sagt Steger.
Von dieser bekommen die Bürger vor jedem Einsatz mitgeteilt, wo ihre heutige Streife sie hinführt, die stets drei Stunden dauert. Rund sechs Mal pro Monat ziehen die Sicherheitswachtler los, am Ende steht immer der Streifenbericht. Alles soll nachvollziehbar und registriert sein, die Tour wie der Mensch. "Bei uns ist alles registriert", sagt Steger, als er auf seinen Ausweis deutet.
Anders ist das bei
Bürgerwehren, die sich derzeit vor allem virtuell in sozialen Netzwerken gründen - wie auch in Bamberg vor wenigen Tagen. Da wird auf Facebook "nach den Vorfällen in Köln" dazu aufgerufen, "auf unser Bamberg ,aufzupassen‘". Sinn der "friedlichen Gemeinschaft" sei, "sich an Wochentagen und/oder Wochenenden zu einem zwei- bis dreistündigen Marsch zu treffen und die Straßen unserer Stadt ,sauberzuhalten‘ beziehungsweise aufzupassen, dass niemand versucht, unsere schöne deutsche Stadt und uns Deutsche zu schädigen."
Formulierungen, die durchaus die Frage aufkommen lassen: Haben Polizei und Staatsschutz ein Auge auf diese Gruppierung? "Ja", bestätigt Alexander Czech, Sprecher beim Polizeipräsidium Oberfranken. Er berichtet von ähnlichen Facebook-Bewegungen in Bayreuth oder Lichtenfels. Auch "bekannte rechtsmotivierte Mitglieder, die die Stimmung aufheizen", seien in den Gruppen aktiv. Die habe man im Blick.
Bislang blieb es laut Czech bei virtuellen Bekundungen, tatsächlich auf der Straße aufgetreten sei noch keine der drei Gruppen. Das ist von Seiten der Polizei auch gar nicht erwünscht: "Die Aufrechterhaltung der öffentlichen Sicherheit und Ordnung im öffentlichen Raum ist ausschließlich Aufgabe der Polizei und der Sicherheitsbehörden", sagte jüngst Oberfrankens Polizeipräsident Reinhard Kunkel. Bürgerwehren seien nicht selten mit "rechtsmotivierten Mitgliedern durchmischt". Sein Sprecher Czech merkt an: Aktive in Bürgerwehren haben nicht mehr Rechte als andere Bürger.
Gleiche Rechte für alle Bürger
Das gilt im Grunde auch für die Ehrenamtlichen in der Sicherheitswacht, abgesehen von den eingangs erwähnten zusätzlichen Befugnissen. Wer sich engagieren möchte, findet in der Sicherheitswacht die "legitime Alternative" zur Bürgerwehr, so die Polizei. In Bamberg zählt die Truppe derzeit 13 Mitglieder und ist damit ausgelastet, wie Silke Gahn von der Polizeiinspektion Bamberg-Stadt mitteilt.
Seit Mai 1996 existiert dieser freiwillige Dienst. Nach den Ereignissen von Köln habe es keinen erhöhten Zulauf gegeben, so Gahn. Zwar läuft die Sicherheitswacht auch in den Wohngebieten um die Bamberger Flüchtlingsunterkünfte Streife. Genauso gehören aber Schwerpunkte in der Innenstadt dazu.
Erwin Müller und Klaus Steger haben zum Beispiel am Weihnachtsmarkt nach Taschendieben Ausschau gehalten oder sprechen regelmäßig Jugendliche an, die sich unter der Kettenbrücke mit Alkohol betrinken. Oder machen im Sommer Bürger aufmerksam, dass das Grillen im Hain verboten ist. Meistens sei mit den Leuten gut zu reden, sagen Müller und Steger. Kommt es jedoch zu einer Straftat oder bahnt sich diese an, geht der Griff direkt zum Funkgerät und sie informieren die Polizei.
Von dieser erfahren die beiden bei Dienstbeginn stets, wo die heutigen Schwerpunkte der Streife liegen. Innenstadt, Promenade, oder das Umfeld von Flüchtlingsunterkünften. Auch rund um die Ankunfts- und Rückführungseinrichtung (Are) in Bamberg-Ost sind sie unterwegs. Ja, teilweise seien die Anwohner verunsichert, sagen die zwei Sicherheitswachtler. Aber: Das sei schon "vor Köln" so gewesen. Häufig trage ihre Anwesenheit bereits dazu bei, dass sich die Leute etwas sicherer fühlen würden.
Ein Zusammentreffen mit einer organisierten Bürgerwehr gab es offenbar noch nicht. Klaus Steger kann sich erinnern, dass er vor drei, vier Jahren im Malerviertel einmal habe erklären müssen, wer er sei - gegenüber einer kleinen Gruppe von Personen, die sich als Bürgerwehr verstanden hätte. Seitdem hat er aber nichts mehr in der Richtung mitbekommen.
Sein Kollege merkt an: "Bei einer Bürgerwehr weiß man nicht so recht, wer dabei ist. Das können Leute sein, die's gut meinen. Aber es können eben auch Rechte sein."