Grünen-Versammlung in Hirschaid: Bauernvertreter spricht von "Provokationen" - Partei wehrt sich

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Nach den massiven Störungen einer Grünen-Versammlung in Hirschaid wehren sich Landwirte aus der Region gegen Vorwürfe. LSV-Beirat Christian Besler zufolge soll es im Vorfeld "Provokationen" gegeben haben. Die Partei reagiert.

Was passierte am 21. Februar 2024 im Umfeld der Grünen-Jahreshauptversammlung in Hirschaid? Diese Frage beschäftigt aktuell die Ermittlungsbehörden - aber auch Parteimitglieder und Landwirte über die Region hinaus. Nach Polizeiangaben hatten an diesem Mittwochabend rund 300 Demonstranten bei einer unangemeldeten Versammlung in der Nürnberger Straße "lautstark" gegen die Agrarpolitik der Ampel protestiert. 

Laut dem Polizeipräsidium Oberfranken kam es im Verlauf der Versammlung zu "mehreren Störaktionen". Der Kreisverband der Grünen Bamberg-Land spricht von einem "überregional mobilisierten wütenden Mob", der die Mitglieder habe einschüchtern wollen - die bayerische Fraktionsvorsitzende Schulze forderte sogar Aufarbeitung "von höchster Stelle". Gegenwind kommt aus der Landwirtschaft: Der oberfränkische LSV-Beirat Christian Besler wirft der Partei im Gespräch mit unserer Redaktion bewusste Übertreibung vor. 

Bamberger Bauernvertreter widerspricht Grünen-Darstellung - "gehässiges Grinsen" und Mittelfinger?

"Zu der Versammlung gab es vom LSV keinerlei Aufruf oder Ähnliches", sagt Besler gegenüber inFranken.de. Es habe sich um "ein loses Zusammentreffen" gehandelt. "Dort waren bei Weitem nicht nur Landwirte anwesend." Der LSV habe im Vorfeld gewusst, "dass es Leute gibt, die planen, dort hinzugehen, weil in unseren WhatsApp-Gruppen darüber geschrieben wurde", so Besler. "Das Problem ist, dass die Gruppen immer wieder unterwandert werden – von Leuten, die mit Landwirtschaft gar nichts zu tun haben", betont er.  "Zum Beispiel haben Mitglieder der Montagsmarschierer in Bamberg junge Bauern bei uns angestachelt und versucht, sie in ihren Bann zu ziehen – quasi Bauernfänger."

"Wir haben die betreffenden Personen dann rausgeschmissen", erklärt der Angestellte eines landwirtschaftlichen Betriebs. "Auch zu der Versammlung in Hirschaid haben wir klipp und klar gewarnt: Bleibt friedlich und sucht den Dialog", berichtet er. "Wie mir Landwirte erzählt haben, war dies am Anfang auch der Fall. Es hat jedoch offenbar dann von Seiten der Grünen Provokationen gegeben, die die angespannte Stimmung zum Überkochen gebracht haben", sei ihm von mehreren Seiten erzählt worden. "Mir wurde berichtet, dass aus dem Fenster unter anderem der Mittelfinger gezeigt wurde, dass es gehässiges Grinsen gab und auch wohl auch hämisches Gewinke." 

Besler wolle "gar nicht bestreiten, dass es verbal ziemlich zur Sache ging und auch Kraftausdrücke gebraucht wurden". Er sieht eine generelle "Verrohung der Sprache" unter jungen Leuten, die er "entschieden" ablehne. "Aber wie die Grünen uns Landwirte hier darstellen, finde ich nicht in Ordnung", sagt der LVS-Beirat. "Niemand wurde in Hirschaid gewalttätig und trotz der brenzligen Stimmung gab es nicht die Eskalation, die hier behauptet wird", so seine Sichtweise. "Dann hätte die Polizei aus meiner Sicht auch früher eingegriffen", konstatiert er. "Ich habe das Gefühl, dass die Grünen uns Bauern bewusst in eine radikale Ecke stecken möchten, weil sie selber in der Klemme stecken."

"Von uns ging keine Aggression aus": Grünen-Versammlungsleiter in Hirschaid äußert sich 

Tim-Luca Rosenheimer, Kreisvorsitzender der Grünen Bamberg-Land, widerspricht dem vehement. "Mir war es von Anfang an immer wichtig, ganz klar zu differenzieren", so Rosenheimer gegenüber inFranken.de. "Wir finden es gut, wenn Landwirte mit uns sprechen und dabei auch kritisch sind, denn das ist schließlich ein wichtiger Teil der Demokratie", betont er. "Der BBV und LSV haben sich auch klar von dieser Aktion distanziert. Das sind nicht die Leute, die uns in Hirschaid eingeschüchtert und bedroht haben. Das sind Leute, die diese Proteste für ganz andere Ziele nutzen", so seine Beobachtung. 

Provokationen durch Mitglieder der Grünen könne Rosenheimer gleichzeitig "so überhaupt nicht bestätigen". Er selbst habe die Jahreshauptversammlung geleitet und dadurch "permanent auf die Scheiben und die Mitglieder" geblickt. "Wir haben auch Kontakt zu der Person aufgenommen, die angeblich einen Mittelfinger gezeigt hat. Auf einem von Demonstranten geschossenen Foto sieht man sie lediglich mit der Hand im Gesicht und sie hat auch nochmal unter Eid ausgesagt, das nicht getan zu haben." 

"Von uns ging keine Aggression aus", sagt Rosenheimer. Während der Versammlung habe er immer wieder telefonischen Kontakt mit der Polizei gehalten. Aufgrund der "Situation vor dem Gebäude" habe man schließlich zwei Besprechungspunkte ausfallen lassen. "Weil der Vorder- und Hinterausgang blockiert war, hieß es dann zum Schluss, wir sollen in kleinen Gruppen herauskommen. Auf dem Weg zu den Fahrzeugen ist dann jeweils ein Beamter vorweg gelaufen.

Polizei bestätigt: Viele Demonstranten keine Landwirte - und von außerhalb 

Auf Anfrage äußert sich auch die Polizei zum aktuellen Ermittlungsstand. "Die Kriminalpolizei Bamberg ermittelt alle Fälle, die im Zusammenhang mit der Parteiversammlung und dem stattgefundenen Gegenprotest stehen", heißt es aus dem Präsidium Oberfranken. "Derzeit wird in acht Fällen zum Nachteil der Parteiversammlungsteilnehmenden wegen Nötigung, Beleidigung und Beleidigung gegen Personen des politischen Lebens sowie zudem wegen Verstößen gegen das Bayerische Versammlungsgesetz ermittelt", erklärt ein Sprecher. 

Bezüglich der Grünen selbst werde "in bisher einem bekannten gewordenen Fall wegen Beleidigung zum Nachteil von Teilnehmenden des Gegenprotests ermittelt", heißt es weiter. Hierzu würden "insbesondere Befragungen durchgeführt und Bildaufnahmen ausgewertet", so die Polizei. "Die Ermittlungen - insbesondere die Identifizierung von tatverdächtigen Personen - dauern an."

Bezüglich der Teilnehmer bestätigt die Polizei die Beobachtungen Beslers und des Grünen-Kreisverbands: "Bei der Protestaktion fällt auf, dass der überwiegende Teil der Protestierenden mit Fahrzeugen teilnahm, die nicht dem Bamberger Landkreis zugeordnet werden können", so der Polizeisprecher. "Das heißt, dass die Protestierenden auch von außerhalb der Region nach Hirschaid kamen, um sich am Protest zu beteiligen. Zudem sind Teile der Protestierenden nicht dem Berufsfeld der Landwirtschaft zuzuordnen". Auch hierzu liefen aktuell Ermittlungen durch die Kripo Bamberg. Weitere Nachrichten aus dem Landkreis Bamberg gibt es hier. 

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