Tatsächlich lag die Sieben-Tage-Inzidenz in der Altersgruppe der 15 bis 19-Jährigen mit rund 40 Prozent innerhalb Deutschlands im Vergleich am zweithöchsten (Kalenderwoche 29, Quelle: RKI). Bei den unter Vierjährigen sowie in der Altersgruppe von fünf bis neun Jahre (Inzidenzen 8,7 und 12,7) lagen sie hingegen im Schnitt beziehungsweise leicht darunter - obwohl Kinder unter sechs Jahren keine Masken tragen müssen und bei einer Inzidenz unter 50 auch die Maskenpflicht im Grundschulunterricht entfällt. Die Delta-Variante sei auch für Kinder ansteckender, wie der Oberarzt für Pädiatrische Infektiologie, Jakob Armann, kürzlich gegenüber dem Tagesspiegel bestätigte. Doch es gebe "keine Zunahme von schweren – intensivpflichtigen – Verläufen durch Delta bei Kindern und Jugendlichen."
Corona-Fälle in Bamberger Kitas: Gesundheitsamt schickt generell ganze Gruppen in Quarantäne
Insgesamt verlaufen Corona-Fälle bei Kindern und Jugendlichen in der allergrößten Mehrheit der Fälle milde ab, wie Zahlen der Deutschen Gesellschaft für Pädiatrische Infektiologie zeigen. Demnach starben nur 0,4 Prozent aller stationär behandelten jungen Patienten und Patientinnen an den Folgen ihrer Corona-Infektion. Zum PIMS-Syndrom, das während der dritten Welle als mögliche Nachwirkung einer Infektion bei Kindern gehäuft auftrat, liegen derzeit laut Ständiger Impfkommission noch keine gesicherten Daten vor. PIMS-Folgeschäden wurden laut DGPI bei weniger als 10 Prozent aller behandelten Kinder registriert, verstorben sei bisher in Deutschland niemand. Eine neue Studie aus London zeigt ebenfalls, dass die wenigsten Kinder nach einer Corona-Infektion mit längerfristigen Nachwirkungen zu kämpfen haben.
Bamberg: Warum fehlen tausende Geimpfte? (FT+)
Sind die Quarantäne-Maßnahmen für Kinder angesichts dieser Daten noch verhältnismäßig? "Diese Frage ist nicht durch das Gesundheitsamt zu beantworten, da wir keinen Einfluss auf die Regelungen der AV Isolation haben", so das Gesundheitsamt Bamberg auf Anfrage. Die "AV Isolation", (Kurzform für Allgemeinverfügung) des Bayerischen Gesundheitsministeriums regelt, dass enge Kontaktpersonen von Infizierten für 14 Tage in Quarantäne müssen. Dies gilt jedoch nicht für vollständig Geimpfte. Doch weil für Kinder unter 12 Jahren kein Impfstoff bereitsteht, muss diese Altersgruppe bei entsprechendem Kontakt immer für die gesamte Zeit in Isolation. "Alle Kinder, die nicht als geimpft oder genesen gelten und als enge Kontaktperson zu einem COVID-Fall identifiziert wurden, müssen 14 Tage in Quarantäne", informiert das Gesundheitsamt Bamberg.
Bei Kita-Gruppen sei das generell immer die gesamte Gruppe, "weil in Kitas keine Maske getragen wird", so Frank Förtsch, Sprecher des Landratsamtes Bamberg. Auch wenn die Maskenpflicht in Schulen bei niedrigen Inzidenzen wegfalle, empfehle man "dringend, trotzdem Maske am Platz zu tragen, weil das Gesundheitsamt "sonst die ganze Klasse in Quarantäne schicken muss". Länger in Isolation müssten die Kinder aber nicht mehr. "Inzwischen werden auch Schnelltests akzeptiert", so Förtsch. Zuvor hatte das bayerische Gesundheitsministerium laut Behörde schriftlich gefordert, "dass eine PCR bei Delta auch am Ende der Quarantäne durchgeführt werden sollte". Dabei habe man aus Gründen der "Arbeitsorganisation" Termine für die Eltern vereinbart, die Ergebnisse hätten im Schnitt nach zwei Tagen vorgelegen - eine Verlängerung der Isolation für die Kinder.
Kinder-Quarantäne: Gesundheitsministerium spricht von fehlenden Daten
"Für Bayern hat die Ermöglichung von Präsenzunterricht und einer Betreuung in Präsenz in Kindertagesstätten höchste Priorität", so ein Sprecher des Bayerischen Gesundheitsministeriums auf Anfrage. In Schulen werde es daher "eine intensivierte Testung" geben. Aber: "Aufgrund des erhöhten Übertragungspotentials der inzwischen in Deutschland vorherrschenden besorgniserregenden Virusvariante Delta und der Inkubationszeit von in der Regel maximal 14 Tagen besteht für nicht geimpfte Kinder und Jugendliche, die als enge Kontaktpersonen eingestuft werden, derzeit keine Möglichkeit, die Quarantänedauer, etwa durch ein negatives Testergebnis während der Quarantäne, zu verkürzen", heißt es in der schriftlichen Antwort. Man verfolge genau, "welche Erkenntnisse sich aus der internationalen wissenschaftliche Diskussion ergeben".
Derzeit gebe es aber "noch keine ausreichende Datenlage zu Änderungen bezüglich der Quarantäneanordnungen". In Kinderbetreuungseinrichtungen sei es "anders als in den Schulen nicht immer möglich, die üblichen Hygieneregeln vollumfänglich einzuhalten". Daher könne "nach Prüfung durch das Gesundheitsamt gemäß RKI-Empfehlung eine Quarantäne für die ganze Gruppe angezeigt sein". Die Quarantäne habe "kind- und altersgerecht zu erfolgen", so der Sprecher weiter. Eine "Trennung von Familien bei der Durchsetzung von Quarantänemaßnahmen" sei in Bayern "nicht vorgesehen". Ob ganze Schulklassen oder Kita-Gruppen in Quarantäne geschickt werden müssen, liegt also letztlich in der Hand des Gesundheitsamtes. Die strikte pauschale Praxis der Bamberger Behörde folgt also keiner Anordnung aus München.
Auch können Eltern völlig frei entscheiden, wo ihre Kinder am Quarantäne-Ende welchen Test machen. Diese Wahlfreiheit scheint den Eltern im Bamberger Kita-Fall nicht klar mitgeteilt worden zu sein. Annerose Ackermann, Vorsitzende des Kinderschutzbundes Bamberg, würde grundsätzlich eine andere Regelung befürworten. "Entscheidend ist, das getestet wird. Wenn jemand negativ ist, sollte er meiner Ansicht nach nicht in Quarantäne müssen", sagt Ackermann, die auch eine Krippe in Bamberg leitet. Persönlich empfinde sie die Quarantäne-Regeln bei Geimpften und Kindern "schon ein wenig ungleich". Allerdings empfiehlt Ackermann vorsichtig zu sein und - wenn möglich - auch seine Kinder impfen zu lassen. "Sonst werden wir Corona ja nie los", sagt sie.
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Ich hoffe, dass endlich Bewegung in diese vertrackte (oder eher vermurkste) Situation kommt. Der Bund macht was, die Länder verordnen was und die örtlichen Gesundheitsämter „basteln“ sich dann aus dem Durcheinander irgendwas lokales zusammen, was juristisch mehr als zweifelhaft erscheint. Das geht alles zu Lasten der Kleinsten und deren Familien, die inzwischen „auf dem Zahnfleisch gehen“. Dann gibt es Zeitgenossen, deren Kinder sich, obwohl PZR-mäßig positiv getestet, unbehelligt, überhaupt nicht an die Quarantäne halten und sich im öffentlichen Raum in Gesellschaft mit (unwissenden) Personen bewegen. Somit erweist sich das ganze System als unwirksam, und schwer belastend für Familien und Kinder die sich an die Vorschriften halten.
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