Bahnausbau in Bamberg kostet 450 Millionen

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Welche Ausbau-Variante ist die beste? Bamberg steht eine fundamental Weichenstellung für die Zukunft bevor. Unser Bild enstand am Dienstag bei Arbeiten am Bamberger Gleisnetz. Foto: Ronald Rinklef
Welche Ausbau-Variante ist die beste? Bamberg steht eine fundamental Weichenstellung für die Zukunft bevor. Unser Bild enstand am Dienstag bei Arbeiten am Bamberger Gleisnetz.   Foto: Ronald Rinklef

Die technischen Hindernisse eines Tunnelbaus durch Bamberg sind offenbar zu bewältigen. Doch gilt dies auch für die Kosten? 450 Millionen Euro verschlingt der konventionelle Ausbau. Ein Tunnel wird nicht teurer , sagt "Bahnsinn Bamberg".

Doch welche Variante machbar ist, hängt auch davon ab, wie hoch man die Kapazitäten eines Tunnels ansetzt.

Tausende Anwohner entlang der Bahngleise in Bamberg erhielten in diesen Tagen einen Handzettel. "Unsere Baustelle kann schon mal zur echten Nervensäge werden", warnt die DB Netz AG vor den unvermeidlichen Begleiterscheinungen eines Vorhabens, für das auch nachts und am Wochenende gearbeitet wird. Dabei kommt auch ein Signalhorn zum Einsatz, das die Anrainer von Ausbaustrecken etwa im badischen Freiburg schon bestens kennen. Es warnt die Arbeiter im Dunkeln vor herannahenden Zügen und ist offenbar Mark erschütternd: "Wer diese Hupe hört, bei dem ist es um den Schlaf geschehen. Das ist ein Vorgeschmack auf das, was Bamberg in den nächsten Jahren bevorsteht", sagt Robert Bartsch von der Initiative Bahnsinn.


Der Hinweis auf den bevorstehenden Krach beim Austausch von sieben Weichen und 2000 Tonnen Schotter kommt zur rechten Zeit. Denn während die Bewohner im Landkreis gegen die Ausbaustrecke im Norden auf die Barrikaden gehen und dem Vernehmen nach bis Dienstag bereits über 1000 Einwendungen abgegeben haben, herrscht in Bamberg noch die Ruhe vor dem Sturm.

Fakten liegen im November vor

Die ist bekanntlich trügerisch. Schon Ende November wird der Stadtrat über die Ergebnisse zweier neuer Machbarkeitsstudien beraten, die, um im Bild zu bleiben, die Weichen für Bambergs Zukunft stellen werden. Eine davon soll Aufschluss geben, welche innovativen Lärmschutztechniken beim Ausbau auf der bestehenden Strecke tatsächlich zur Anwendung kommen können. Bisher konnte die Bahn die Zweifel, dass viele alternative Methoden entweder noch nicht zugelassen oder nicht wirksam sind, nicht entkräften. Kritiker glauben deshalb, dass der "innovative Lärmschutz" am Ende wieder auf die alten Lärmschutzmauern hinausläuft, die zwar die Anwohner schützen, aber die Stadt teilen und viele Blickbeziehungen im Welterbe zerstören würden.

Neue Erkenntnisse gibt es über die von der Stadt favorisierte Tunnellösung. Das Ingenieurbüro Emch und Berger prüft im Auftrag der Bahn derzeit eine solche Güterzugunterfahrung Bambergs, die beim Münchner Ring abtauchen und an der Kronacher Straße wieder auftauchen soll. Klar ist schon jetzt: Ein Tunnel unter Bamberg hindurch ist entgegen anfänglichen Aussagen der Bahn durchaus machbar, stößt aber auf große technische Herausforderungen. Da wäre zuallererst der Grundwasserstrom, der hier in relativ geringer Höhe von drei Metern unter der Geländeoberkante ansteht und gewissermaßen um das Bauwerk herumgeleitet werden müsste.

Dabei spielt es für die Trasse auch eine Rolle, dass sie zu Beginn und Ende der Absenkung in den rund zehn Meter mächtigen Flussablagerungen verlaufen würde. Ein möglicher Tiefstpunkt der Strecke läge bei rund 20 Metern und damit tief im Keupersandstein, der oben noch recht klüftig, aber weiter unten für einen Tunnel geeignet sein soll. Von der Tiefe und vom Untergrund hängt wiederum die Frage ab, ob der Tunnel in offener Bauweise oder im bergmännischen Vortrieb errichtet werden kann oder in einer Kombination aus beidem. Und noch etwas: Für die Geisfelder Straße bedeutet eine Absenkung in einer Rampe, dass sie künftig in einer Überführung über die Bahntrasse geleitet werden müsste.

Die Stadt spricht sich aus zwei Gründen für die Tunnellösung aus. Sie ermöglicht es, die lauten Güterzüge unter die Erde zu verbannen. Aber auch die derzeit noch aufwändig als Unterführung der Nordstrecke geplante Gleisabzweigung Richtung Schweinfurt in der Nordflur würde ein Güterzugtunnel überflüssig machen, die Gärtner könnten aufatmen.

Trotz dieser Verheißungen richtet man sich in der Bauverwaltung der Stadt nicht auf eine leichte Lösung ein. Ein Dilemma könnte in den Kosten und einer hohen Beteiligung der Stadt, aber auch in den Kapazitäten des Tunnels stecken. Würde sich etwa herausstellen, dass der Tunnel wegen der Kreuzungskonflikte mit Personenzügen nicht ausreicht, um die für 2025 vorhergesagten Güterzüge aufzunehmen, bisher ist von 250 Zügen am Tag die Rede, dann müssten dennoch weiter Züge oberirdisch verkehren - ohne entsprechenden Lärmschutz.
"Wir sind in dieser Sache leidenschaftslos. Sollte sich herausstellen, dass alle Randbedingungen stimmen, dann könnte ein Tunnel wirklich ein Königsweg sein", sagt Reiner Gubitz von der Baugesellschaft der Bahn zu den gegenwärtigen Spekulationen in Bamberg. Gubitz bestätigt, dass mittlerweile eine Kostenschätzung der Bahn für den konventionellen Ausbau im Bestand vorliegt. Demnach schlüge diese (ursprüngliche) Variante mit einer Summe von 450 Millionen Euro zu Buche - das Zehnfache einer Gleisstrecke auf der grünen Wiese und nach Informationen unserer Zeitung 150 Millionen mehr als sich für eine Ostumfahrung errechnen würde.

Wieso die anfänglich als billiger eingestufte herkömmliche Variante so teuer ist, erklärt der Bahnexperte unter anderem mit den Kosten für das Bauen unter Betriebsbedingungen in der Stadt, aber auch mit den teueren Lärmschutzauflagen.

Tunnel liegt bei 240 Millionen

Den Gegnern eines konventionellen Ausbaus scheint der hohe Preis Summe in die Hände zu spielen. Robert Bartsch von der Initiative Bahnsinn rechnet vor, dass ein Tunnel von vier Kilometern Länge nach einer vorsichtigen Schätzung nicht teurer als 240 Millionen Euro kommen könnte. Auch die Befürchtungen, eine Unterfahrung könnte zu geringe Kapazitäten haben, lässt Bahnsinn nicht gelten: Nach ihren Berechnungen könnte ein Bahnstrecke mit Tunnel in Bamberg 400 Züge am Tag bewältigen.