Angriff auf Beamtin: Häftling aus JVA Ebrach war schon mit 14 straffällig

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Ein langer Gang im Inneren der Justizvollzugsanstalt Ebrach. Das Foto entstand im Zuge eines Pressetermins im Mai 2016. Archivfoto: Anette Schreiber
Ein langer Gang im Inneren der Justizvollzugsanstalt Ebrach. Das Foto entstand im Zuge eines Pressetermins im Mai 2016.  Archivfoto: Anette Schreiber

Heute trug der Sachverständige sein psychiatrisches Gutachten vor. Demnach ist zu erwarten, dass der Beschuldigte wieder straffällig wird.

Regungen hat er kaum gezeigt an diesem vierten Prozesstag, der junge Mann auf der Anklagebank. Glaubt man dem Sachverständigen, Psychiater Christoph Mattern, passt genau dieses Verhalten zur Persönlichkeit des 21-Jährigen. Der Gutachter beschrieb Markus A. (Namen geändert) als starr, einsilbig, sprach von einer deutlich reduzierten Schwingungsfähigkeit. "Er zeigt keine Reaktion, hat ein neutrales Pokerface. Er schwingt nicht mit, das heißt, er kann sich nicht mitfreuen, nicht mittrauern."

Nur in einer Situation entfleucht dem Beschuldigten ein abfälliges "Pfff", als nämlich laut darüber nachgedacht wird, ob es sein könne, dass Markus A. gelegentlich Stimmen höre, was nicht ungewöhnlich bei Patienten mit Psychose sei.

Eine solche attestierte der Fachmann dem 21-jährigen Straftäter: "Eine Psychose aus dem schizophrenen Formenkreis liegt seit vielen Jahren vor." Daran gebe es keinen Zweifel, sagte Mattern. Der Beschuldigte zeige "antisoziale Persönlichkeitszüge" und er leide unter einer krankhaften seelischen Störung. Zum Tatzeitpunkt sei die Steuerungsfähigkeit des Mannes aufgehoben gewesen.

Dieser Punkt ist von Bedeutung, da der Gutachter "die Anwendung von Paragraf 63 als gegeben" sieht. Dieser regelt die Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus, sollte jemand eine rechtswidrige Tat im Zustand der Schuldunfähigkeit oder der verminderterten Schuldfähigkeit begangen haben.


Neue Straftaten seien zu erwarten

Mattern sagte weiter: "Es ist zu erwarten, dass er wieder straffällig wird." Bei Markus A. kämen zwei Dinge zusammmen: Zum einen sei er mehrfach von Drogen abhängig, konkret Metamphetamin, Canabis und Alkohol. Zum anderen sei da eben die "paranoide halluzinatorische Psychose". Damit im Einklang sieht Mattern die fehlende Motivation des 21-Jährigen bei früheren Therapieversuchen, ein autistisch anmutendes Sozialleben, den Rückzug in die Einsamkeit. "Dazu passt, dass die bisherigen Erziehungsmaßnahmen nicht erfolgreich waren. Ich erreiche einen Menschen nicht, wenn so eine Psychose vorliegt." Diese könne zeitweise durch Drogenkonsum ausgelöst werden.

In der Tat begann die Drogenkarriere von Markus A. schon im Alter von 14 Jahren. Einmal wurde er sogar in einer Klinik auf der Kinderstation eingeliefert, weil die eigentliche Suchtstation erst ab 16 beginnt.
Fünfmal wurde der heute 21-Jährige in der Vergangenheit bereits verurteilt, zweimal im Jahr 2011 und 2012, einmal 2015. Seine Vergehen reichen von räuberischer Erpressung, Bedrohung, Sachbeschädigung, Körperverletzung über Diebstahl und die Verwendung verfassungswidriger Kennzeichen, den Besitz und das Führen einer unerlaubten Waffe bis hin zum unerlaubten Handeltreiben mit Betäubungsmitteln.

Als der Vorsitzende Richter Manfred Schmidt aus den früheren Urteilen seiner Kollegen vorliest, bleiben Zitate hängen wie "gestörtes Sozialverhalten", oder "Rückfallgeschwindigkeit erheblich". Ein Richter hatte im Tenor zu seinem Urteil geschrieben: "Trotz seines jugendlichen Alters ist er erzieherisch kaum zu erreichen", ein anderer notierte "schädliche Neigungen liegen vor" und schließlich "derzeit ist er zu einem straffreien Leben nicht im Stande."

Und dann liest Richter Schmidt eine Aussage des Beschuldigten selbst vor, aus dem Jahr 2011. Dieser sagte damals offenbar: "Ich möchte weiterhin in der kriminellen Szene bleiben und damit mein Geld verdienen." Ob und inwiefern Markus A. bei seinen früheren Straftaten schon unter einer Psychose gelitten haben könnte, blieb ungeklärt. In Bezug auf den Vorfall, für den sich der 21-Jährige aktuell verantworten muss, ist sich der Gutachter jedenfalls sicher.

Im August 2016 soll der Häftling in der Justizvollzugsanstalt Ebrach eine Beamtin mit einem messerähnlichen Bruchstück eines Tellers angegriffen haben. Mindestens drei Mal soll er auf die Frau eingestochen haben, sie erlitt tiefe Schnittwunden. Den Übergriff hat die Überwachungskamera festgehalten.
Für Markus A. geht es diesmal nicht um eine weitere Haftstrafe, sondern um die längerfristige Unterbringung in einer psychiatrischen Einrichtung.

Die Verhandlung wird am 14. September um 9 Uhr im Justizgebäude am Wilhelmsplatz fortgesetzt. Möglicherweise ist dann mit dem Urteil zu rechnen.