Der Kissinger Kabarettherbst startet mit Wolfgang Krebs und seinem Programm "Vergelt's Gott" vor fast ausverkauftem Haus.
Sechs Quadratmeter weiß-blauen Himmel brachte der Kabarettist Wolfgang Krebs in den Kissinger Rossini-Saal mit und grantelte sich als Söder, radebrechte sich als Stoiber, "offenborte" sich als Aiwanger oder bejubelte sich selbst als Seehofer durch 120 Minuten bayrische Politsatire. Den knapp 200 Gästen gefiel die bunte Mischung aus gelungener Parodie, platten Witzen und gepfefferten Breitseiten gegen die Politik-Prominenz und sie bedankten sich mit spontanem Gelächter und begeistertem Applaus.
Wenn man zu Wolfgang Krebs geht, dann weiß man, was einen erwartet. Seine Parodien sind aus Fernsehen, Rundfunk und sozialen Medien bekannt. Von daher herrschte freudige Erwartung im fast ausverkauften Rossini-Saal, wo die Eröffnung des Kissinger Kabarettherbstes stattfand. Für den politisch-satirischen Entertainer Krebs reichen die Illusion des weiß-blauen Himmels, hinter dem sich seine Protagonisten bis zu ihren Auftritten verstecken, und ein filigranes Rednerpult für den begnadeten Mundwerker. Seine Figuren repräsentieren auch im aktuellen Programm "Vergelt's Gott" die politische Zeitgeschichte, sind bekannt und lassen deshalb eine schnelle Identifikation auch bei den aktuellen Themen zu. Kurze Pausen werden durch Telefonschaltungen gefüllt, in denen Franz-Josef Strauß aus dem Jenseits grantelt, Beckstein monoton referiert oder Merkel vorpommerisch alles rechtfertigt.
Vor dem weiß-blauen Himmel fungiert der bayrische Märchenkönig, der dem Grund für fehlende CSU-Mitglieder im Himmel nachforscht, "wogegen in der Hölle Platzmangel herrscht". In Edmund Stoiber findet er den "Botschafter zwischen Himmel und Erde", der im blau-weißem Aloisius-Kostüm mit goldenen Flügeln auf der Suche nach Antworten ist.
Mit "Äh, Äh, Äh" und den bekannten Stoiber-Wortverdrehungen stimuliert Krebs die Lachmuskeln der Gäste: Mal lobt er den CSU-Reservekanister alias Verkehrsminister, mal das autonome Fahren, "wobei man die Nackten - äh - Akten sichten kann", mal den Individualverkehr mit dem Transrapid, der in zehn Minuten - der Rest ist Geschichte. Stoiber'sche Ratschläge zu Energiesparmaßnahmen gipfeln darin, dass man das Licht am Ende des Tunnels ausschalten beziehungsweise das Licht in Amtsstuben durch Bewegungsmelder ersetzen könne.
Hubert Aiwanger setzt bei der Ämterschelte nahtlos an, denn "letzte Ruhe finden" ist für ihn, dass einer Beamter wird und damit seine "Nahtod-Erfahrung" erlebt. Ansonsten ist auch Hubert - frei übersetzt mit "der durch seinen Verstand glänzt" - ebenfalls für's Einsparen, und wenn es nur bei den Vokalen ist: "Vier reichen auch!". Seine niederbayrische Meinung zu den Influencern, die sich auf Instagram oder Twitter bewegen, ist schlicht und ergreifend: "Je größer der Dachschaden, desto mehr Follower."
Applaus gab's auch für die Erkenntnis, dass schon früher jedes Dorf seinen Deppen hatte, "aber die waren nicht vernetzt". Ein Blick in die ländliche Dorfstruktur zwischen grünen Wiesen und Vereinsmeierei liefert Schorsch Scheberl, der nicht nur Vorsitzender 30 Vereine ist, sondern auch eine Lobrede auf die Vereinsjubiläen hält. Anschaulich ergänzt er den satirischen Blick auf die Vereinskultur mit einen "Benefiz-Saurüssel-Essen", das garniert mit Sauerkraut, Bockbier und Enzian für ein durchschlagender Erfolg ist.
Seehofers Blick zurück
Edler Zwirn und souveränes Lächeln auf der einen Seite, edler Zwirn und ein Lachen wie bei Schnappatmung auf der anderen - so zeigen sich Söder und Seehofer auf der Bühne. Der eine mit einer Lesung aus seinem 5. Buch und dem biblischen Finale als "Worte des wahrhaftigen Markus" sowie einer Tirade zur turbulenten Reise von Robert Habeck als "Märchenonkel" und zur Beliebtheit der Grünen, "die reziprok zur Nebenkostenabrechnung fällt". Der Rest ist Wahlkampf für 2023, den Söder in drei Talkshows gleichzeitig führt und dabei täglich mindestens einen Zapfhahn auf irgendeinem bayrischen Volksfest in das Bierfass schlägt.