Die Beratung durch eine Hebamme steht den Frauen zu. Die Frauen im Flüchtlingsheim helfen sich gegenseitig.
Viele junge Asylsuchende sind - kaum in Deutschland angekommen - schwanger und bekommen Kinder. Da ist das Vorurteil nicht weit, dass diese jungen Mütter im Asylverfahren bevorzugt werden. Doch wie sieht die Realität aus?
Hazar Aboukaf aus Syrien übersetzt für das gesamte Haus in Zeitlofs. Sie spricht perfekt Englisch, denn in ihrem Heimatland ist sie studierte Architektin. Seit einem Jahr lebt sie mit ihren beiden Söhnen Faris Danoura (14) und Abdoula Danoura (17) in der Unterkunft und wartet auf den "positiv letter", so nennen sie hier die Anerkennung als Flüchtling. "Das Nichtstun ist das Schlimmste", erklärt sie und übersetzt für die beiden Frauen neben ihr, die ebenfalls aus Syrien stammen.
Eine der Frauen, Maria Alkhalf, hat gerade ihr erstes Baby, Fatima, in Fulda zur Welt gebracht. Sie spricht weder Deutsch noch Englisch. "Wir unterstützen uns gegenseitig, wo es nur geht", übersetzt Hazar, und meint damit die anderen Flüchtlingsfamilien, die ebenfalls hier in Zeitlofs untergebracht sind.
Unüberwindbare Hürden
Ohne die Hilfe der Hebamme Doris Geifrig wüssten sie oft nicht, was zu tun wäre. "Wohin gehe ich, wenn mein Baby Fieber hat oder wenn es nicht aufhört zu schreien?", das sind Fragen, die selbstverständlich klingen. "Doch für die jungen, oft traumatisierten Frauen sind das unüberwindbare Hürden, wenn sie keine Unterstützung bekommen", berichtet Doris Geifrig.
Auch ihnen steht - trotz laufendem Asylverfahren -, wie jeder anderen schwangeren Frau in Deutschland, die Beratung einer Hebamme zu. "Schwangere Asylbewerberinnen sind oft alleine gelassen", meint Geifrig zu deren Lage in Deutschland, und "sie kommen oft ohne Familie, doch die Mütter vernetzen sich untereinander", berichtet sie über die Vorteile der Gemeinschaftsunterkünfte.
"Wir sind hier wie eine große Familie", pflichtet Hazar ihr bei. "Das Sozialamt übernimmt die Kosten für die Hebamme, solange sie im Asylverfahren sind", erklärt Daniela Schad, Flüchtlingsberaterin der Caritas in der Gemeinschaftsunterkunft in Volkers. "Doch es gibt einen großen Mangel an Unterstützung von staatlicher Seite", beklagt sie. Die Frage kommt auf, warum die jungen Frauen gerade jetzt, in dieser unsicheren Situation, schwanger werden und Kinder bekommen. Schad erklärt: "Die meisten Flüchtlinge haben Jahre im Krieg und in Unsicherheit gelebt. Hier fühlen sie sich das erste Mal wieder sicher, so schwer das für uns zu verstehen ist."
Große kulturelle Unterschieden
Zudem gebe es einen großen kulturellen Unterschied, denn viele Frauen kommen im gebärfähigen Alter, und Verhütung spiele ebenfalls oft keine so große Rolle wie in der westlichen Kultur, meint Schad. Geifrig ergänzt, dass der Hebammenverband in Kürze ein Informationsblatt zur Verhütung für die jungen Flüchtlingsfamilien herausbringe. Denn es gebe natürlich auch Fälle, so Geifrig, wo Familien acht Kinder haben, weil sie nicht verhüten.
Ins Asylverfahren einbezogen
Im Asylgesetz gibt es eine eindeutige Regelung: Bekommt eine asylsuchende Frau im Laufe des Asylverfahrens ein Baby, so wird es - wie jedes andere minderjährige mitreisende Kind - in das Asylverfahren der Mutter mit einbezogen, beziehungsweise muss die Mutter oder der Vater das Kind unverzüglich beim Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (BAMF) melden.
Schad bringt es auf den Punkt: "Eine Schwangerschaft hat keine Auswirkungen auf die Anerkennung als Flüchtling." Kinder, die hier geboren werden, werden in das Verfahren ganz normal mit aufgenommen und es muss ein Antrag auf Familienasyl gesellt werden.
Hingegen sind die Auswirkungen auf die Frauen sehr groß, meint Hazar. Denn obwohl sie hier in Zeitlofs sehr gut aufgenommen wurden, versichert sie, seien die Infrastruktur und die Versorgung sehr schlecht. Ihre Söhne besuchen in Bad Brückenau und Bad Kissingen die Schulen und müssen jeden Tag einen weiten Weg auf sich nehmen. Sie selbst dürfe noch nicht umziehen. Sie dürfe auch keinen Deutschkurs besuchen, der dringend notwendig wäre, um eine Arbeit zu finden. Doch zumindest Hazar, die studiert hat und gut Englisch spricht, hat Aussicht auf Erfolg. Ihre Landsfrauen hingegen müssen auf die Anerkennung warten, bis sie sich zumindest ein wenig verständigen können.
Dieses Zeitfenster müsste in vielerlei Hinsicht besser genutzt werden, ist sich Schad sicher, doch ihnen seien die Hände gebunden. Erst nach der Anerkennung dürfe ein Integrationskurs besucht werden, in dem Deutschkenntnisse vermittelt werden. "Wichtig wären Tagesmütter oder Familienbegleiter für die oft orientierungslosen Familien", meint sie weiter, doch der Bedarf sei vom Jugendamt erkannt und es werde etwas passieren, hofft Schad.