Unverständnis, Verwirrung und späte Spannung

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Gard Sveen: "Der einsame Bote". Foto: List-Verlag
Gard Sveen: "Der einsame Bote". Foto: List-Verlag

Der Psychothriller "Der einsame Bote" des norwegischen Bestseller-Autors Gard Sveen (49) mutet dem Leser einiges zu.

Der Psychothriller "Der einsame Bote" des norwegischen Bestseller-Autors Gard Sveen (49), der seit fünf Jahren als neuer Stern am skandinavischen Thriller-Himmel gehandelt wird, wird mein letzter Band aus dieser Reihe um Kommissar Tommy Bergmann gewesen sein. Schon bei Sveens erstem, mehrfach ausgezeichnetem Debüt "Der letzte Pilger" (2016) hatte ich bemängelt, die Handlung sei verwirrend und es gebe bessere als diesen zum "besten Krimi Skandinaviens" gekürten Thriller. Beim zweiten Band "Teufelskälte" (2017) stellte ich fest, im Thriller seien alle irgendwie krank, jeder auf seine Weise, bei Gard Sveen herrscht nur Dunkelheit und Wahnsinn.

Obskure Handlung

Diese Kritik halte ich auch bei diesem dritten Band aufrecht, dessen obskure Handlung für Quereinsteiger nicht mehr nachzuvollziehen ist und selbst bei Kennern beider Vorgängerbände nur Unverständnis und Verwirrung aufkommen lässt. Erst in der zweiten Hälfte der sehr konstruierten Handlung kommt endlich Spannung auf: Tommy Bergmann, der psychisch gestörte und sich selbst hassende Kommissar, nimmt sich trotz einer Abmahnung eines aus seiner Sicht noch ungelösten Falles an. Die seit Monaten vermisste 13-jährigen Amanda wurde für tot erklärt, der Mörder angeblich verbrannt, der Fall offiziell abgeschlossen. Bergmann sieht sich bei seinen Nachforschungen von den Kollegen im Stich gelassen. Als auch er fast aufgeben will, stößt er endlich auf die Spur einer mysteriösen Sekte. Ihr Anführer ist überzeugt, einen Mörder erlösen zu können, wenn dieser ein junges Mädchen opfert - ein im Sternzeichen Widder geborenes, noch nicht 14-jähriges Mädchen wie Amanda oder auch Matthea, die sechsjährige Tochter von Bergmanns ebenfalls psychisch angeschlagener Kollegin Susanne Bech.

Lektüre artet in Arbeit aus

Der Fall nimmt Bezug auf eine vorangegangene, Jahre zurückliegende Mordserie, bei der mehrere Mädchen und auch Frauen erst aufs Grauenvollste verstümmelt, dann ermordet wurden. Frühere Bezugspunkte baut der Autor nun in die Handlung des dritten Bandes ohne weitere Erläuterungen ein, zudem verwirren ständige Szenenwechsel, so dass man sich beim Lesen sehr konzentrieren muss, um überhaupt Zusammenhänge begreifen zu können. Die eigentlich zur Unterhaltung dienende Lektüre artet somit in Arbeit aus, die den erwarteten Spannungsfluss hemmt und dem Leser die Freude am Buch nehmen kann.

Absurder Schluss

Dazu kommt die ewig düstere Stimmung dieses Thrillers, dem ironische, sarkastische oder jegliche aufmunternde Passagen fehlen, durch die sich andere, auch skandinavische Psychothriller auszeichnen, um dem Leser Erholungspausen zu gönnen. Bei Gard Sveen herrscht auf 300 Seiten ausnahmslos Düsternis und Psycho-Wahnsinn. Zusätzlich stört die wirklichkeitsfremde Arbeitsweise von Tommy Bergmann und seiner Kollegin Susanne Bech. So unglaubwürdig wie die Handlung ist auch der nur als absurd zu bezeichnende Schluss dieses Thrillers.

Konnte man den ersten Band "Der letzte Pilger" vielleicht noch als spannend und wegen mehrfacher Auszeichnungen und Belobigungen als vielversprechendes Debüt des bis dahin unbekannten Thriller-Autors Gard Sveen akzeptieren, ist nach dem schon etwas enttäuschenden zweiten Band "Teufelskälte" jetzt bei "Der einsame Bote" aus meiner Sicht das Urteil "nicht empfehlenswert" durchaus angemessen.

Informationen zum Buch

Gard Sveen: "Der einsame Bote", List-Verlag, broschiert, 304 Seiten, Preis: 15 Euro, ISBN 978-3471351505