In Stralsbach schweigen die Kirchenglocken, damit die Bürger ruhig schlafen können.
Das nächtliche Geläut von Kirchenglocken geht einigen Menschen ziemlich auf die Nerven. Sie schlafen manchmal schlecht, wälzen sich im Bett hin und her und kurz vor dem Einschlafen läutet es zur Viertelstunde, zur halben Stunde, zur Dreiviertelstunde und zu vollen Stunden. In Stralsbach waren es um Mitternacht insgesamt 32 Glockenschläge.
Ein solcher Lärm kann kurz vor dem Einschlafen üble Gefühle auf Glockengeläut und die katholische Kirche überhaupt wecken. Die Prozesse zu nächtlichen Lärmbelästigungen durch Glockenschläge vor allem in Städten sind unzählbar.
Seit fast einem Jahr nun schweigen die Stralsbacher Kirchenglocken in der Zeit zwischen 22 Uhr und sechs Uhr in der Frühe.
"Es häuften sich im Dorf Klagen und Beschwerden", sagt Monika Knauer, die Vorsitzende des Stralsbacher Pfarrgemeinderats. Kirchenverwaltung und Pfarrgemeinderat hätten sich mit diesem Thema auseinandergesetzt. Man habe nach einigen Diskussionen das nächtliche Ruhebedürfnis der Stralsbacher ernst genommen.
"Wir haben akzeptiert, dass immer mehr Menschen bedingt durch beruflichen Stress gerade um die Lebensmitte ein Recht auf nächtliche Ruhe haben", sagt Monika
Knauer. Seltsamerweise hätten aber im Dorf viele erst nach einiger Zeit registriert, dass in Stralsbach nächtens die Glocken nicht mehr schlagen. Dennoch sei die durchaus umstrittene Entscheidung mit Rücksicht auf immer mehr tagtäglich gestresste Menschen aus christlicher Perspektive richtig gewesen. "Der Mensch braucht Ruhe und einen guten Schlaf."
Vier Glocken sind im Turm der Stralsbacher Bergkirche St. Oswald aufgehängt.
Gegossen in Brilon, Nordrhein-Westfalen, wurden sie im Juli 1950 feierlich eingeweiht. Mit einem Gewicht von 20 Zentnern ist die Christusglocke, Inschrift "Christus, Erlöser der Welt, erbarme dich unser", die größte. Die Marienglocke ("Unbeflektes Herz Mariä, rette uns") wiegt 14 Zentner. Die Oswaldglocke, ("Schutzpatron St. Oswald schütze uns") ist zehn Zentner schwer, die Totenglocke "Verstorbene und Gefallene betet für uns", 300 Kilo.
Zur Zeit der Einweihung waren allerdings viele Stralsbacher auf den Feldern mit Erntearbeiten beschäftigt. Bereits damals schon begann das Glockengeläut als Hinweis darauf, was die Stunde geschlagen hat, im Bewusstsein der Bevölkerung an religiös inspirierter Wertschätzung zu verlieren. Man orientierte sich bei der Arbeit und vor dem Einschlafen an der Armbanduhr und am Wecker.