Singenrainer setzt auf den Forst von morgen

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Forstingenieur Stefan Blumrich berät Hans Kober, Waldbesitzer aus Singenrain, wie er seinen Forst fit für die Zukunft macht. Foto: Carmen Schmitt
Forstingenieur Stefan Blumrich berät Hans Kober, Waldbesitzer aus Singenrain, wie er seinen Forst fit für die Zukunft macht.  Foto: Carmen Schmitt

Was sollte im Wäldchen wachsen, damit es für die Zukunft gewappnet ist? So frisiert man seinen Forst, dass auch noch die Ur-Enkel etwas von ihm haben

Hans Kober ist Papa, Opa und neuerdings: Ziehvater. Besonders in den nächsten vier, fünf Jahren wird er gut auf seine neuen Schützlinge Acht geben müssen. Danach wird er beobachten können, wie sie langsam größer und stärker werden, wie sie Wurzeln schlagen, ihre Arme ausbreiten. Trotzdem: Hans Kober wird nicht erleben, wie sie erwachsen werden - die 8700 jungen Buchen. Ob als Tischplatte oder Regal - an dem Holz der Bäume werden sich erst die Urenkel seiner Enkel erfreuen können. Freilich: Ein Forst braucht Zeit. Und Pflege. Besonders jetzt, wo Stürme stärker und Sommer trockener werden. Dafür will Hans Kober aus Singenrain sein kleines Waldstück wappnen und holt sich Rat vom Fachmann.
Er kann sich noch erinnern, wie er mit seinem Opa hier durch den Wald gestreift ist. Zweieinhalb Hektar ist das Wäldchen groß, wenige Kilometer von dem Haus in Singenrain entfernt, wo der 60-Jährige mit seiner Familie lebt. Mit seinem Großvater hatte er damals einige der Fichten gepflanzt, die heute hier in die Höhe schießen. Die jüngeren sind um die 30, die ältesten bis zu 60 Jahre alt. Besonders gut geht es denen nicht. Und Besserung ist nicht in Sicht. Eher im Gegenteil, meint Stefan Blumrich.


Fichte verträgt Hitze nicht

Der Forstingenieur arbeitet für die Forstbetriebsgemeinschaft Rhön-Saale. Die kümmert sich im Landkreis Bad Kissingen um den Wald von Kommunen und Privatleuten. Er weiß: Braust ein kräftiger Sturm durch den Forst, löst eine Fichte mit den flachen Wurzeln ihre Verankerung früher aus dem Boden als Nachbarn, die sich tiefer eingegraben haben. Dazu kommt: Hitze kann die Fichte gar nicht ab. Und ist sie einmal angeschlagen, hat der Borkenkäfer leichtes Spiel und macht es sich mit seinen Nachkommen in der Rinde schön gemütlich. Das alles seien Gründe, sich nach anderen Baumarten für sein Wäldchen umzuschauen, meint Forstingenieur Stefan Blumrich. Was rät der Experte?


Auflage: Zaun schützt Pflänzchen

"Hier könnte es nicht besser sein für die Buche", sagt Stefan Blumrich. "Wenn der Mensch nicht eingegriffen hätte, wäre das alles hier Buchenwald." Alle paar Meter graben junge Buchen-Sprösslinge seit ein paar Wochen ihre Wurzeln in den Boden auf dem Waldstück bei Singenrain. Sie sind ein paar Jahre alt - so alt wie Hans Kobers Enkel. Damit die zarten Pflänzchen nicht zur Delikatesse für Feinschmecker-Rehe werden, hat Hans Kober das Grundstück mit ein paar hundert Meter Zaun abgesteckt. Eine Auflage dafür, dass er für die Renovierung des Forsts eine Förderung bekommt.
Der lässt sich die Umrüstung etwas kosten: Nicht nur für den Naturschutz und die Pflege, auch für den Waldumbau vergibt das Ministerium Fördergeld übers Amt für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten (AELF). 682 000 Euro haben Waldbesitzer aus dem Kissinger Kreis im vergangenen Jahr aus dem Fördertopf geschöpft - dafür, dass sie ihren Forst so frisieren, dass er zukünftig besser gewappnet ist. So wie Hans Kober machen das immer mehr, meint Bernhard Zürner von der Kissinger Außenstelle des Amtes für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten (AELF) in Bad Neustadt. "Wir sind schon auf einem guten Weg", sagt er. Immer wieder appelliert er an die Wäldler, sich an den Förderungen zu bedienen. Immerhin: Die Töpfe seien "gut gefüllt".
"Ich will einen Beitrag für die nachfolgende Generation leisten", sagt Hans Kober. Ohne die Finanzspritze vom Freistaat hätte er sich die Investition aber gut überlegt, meint er. Und dann: Wo anfangen? "Wir geben oft Hilfe zur Selbsthilfe", sagt Stefan Blumrich von der Fostbetriebsgemeinschaft. In den Waldstücken, die in privatem Besitz sind, sieht der Revier-Förster "viel Entwicklungspotenzial", sagt er vorsichtig. "Viele Wälder sind nicht gepflegt." Schmale Handtuch-Grundstücke machen die Bewirtschaftung - und den Umbau des Waldes - nicht gerade einfacher, meint Forstoberrat Bernhard Zürner. Wo haben die Wäldler noch zu tun? "Die Nordhälfte des Landkreises hat es am nötigsten." Und die Kommunen? "Jeder Bürgermeister, jede Gemeinde hat verstanden, dass die Bewirtschaftung des Waldes eine nachhaltige Sache ist", sagt Bernhard Zürner. Kommunen, die einen Forst besitzen, seien verpflichtet, diesen "vorbildlich zu bewirtschaften".
Stefan Blumrich ist sich sicher: Dass es zukünftig Sinn mache, das Risiko zu streuen und auf eine bessere Mischung zu setzen, haben die meisten 2015 gespürt - während eines besonders trockenen und heißen Jahres. "Wer schnell handelt und sich auf die richtige Seite bewegt, hat gute Karten." Der Forstingenieur hat keinen Zweifel daran, dass sich die Renovierung auszahlt: "Der Rohstoff Holz wird in Zukunft einen gewaltigen Aufschwung erleben."

Zahlen, Daten, Fakten

• In Bayern liegen 23 Prozent der gesamten Waldfläche Deutschlands.

•  35 Prozent der Fläche Bayerns ist mit Wald bedeckt.

•  48 Prozent der Fläche des Landkreises ist mit
Wald bedeckt, das macht insgesamt 54 000 Hektar Wald im Landkreis Bad Kissingen.

• So teilt sich der Besitz auf:
28 Prozent Kommunalwald
30 Prozent Privatwald
42 Prozent Staatswald

• Privatwald:
Im Landkreis Bad Kissingen sind 26 000 Waldstücke in privatem Besitz. Bei 22 000 gibt es einen Besitzer, für die restlichen 4000 sind mehrere Besitzer eingetragen — etwa eine Erbengemeinschaft (zwei bis sieben Leute).

• Die kleinsten Grundstücke in privatem Besitz sind circa 1500 Quadratmeter groß, die größten über 1000 Hektar.

• Um die 70 Prozent der Privatwaldbesitzer haben Waldflächen mit einer Größe von etwa 0,5 bis 2 Hektar.

• Kommunalwald:
Die drei Gemeinden mit den größten Flächen:
Hammelburg 2040 Hektar
Bad Kissingen 1667 Hektar
Oberthulba 1568 Hektar

Die drei Gemeinden mit den kleinsten Flächen:
Geroda 31 Hektar
Motten 28 Hektar
Zeitlofs 11 Hektar