Altschrott ist wertvoll. Für Kommunen wie Kleinunternehmer. Die einen wollen niedrige Müllgebühren, die anderen eine Existenz.
Als Schrotthändler hat Manfred Hock einen Knochenjob, mit dem er seine Familie ernährt. Er erzählt von 300 Kilo schweren Eisenöfen, die er mit einem Mitarbeiter aus Kellern wuchtet. Er erzählt davon, wie es ist, sich früh um 7 Uhr hinter das Lenkrad eines seiner Lkw zu setzen und bis abends um 19 oder auch mal 20 Uhr unterwegs zu sein. Dann ist er in Unter- und Oberfranken, oder auch in Thüringen unterwegs und entsorgt an Schrott und Altmetall, was er von Firmen bekommt. "Das ist mein Alltag."
Manfred Hock - in Oberthulba nur "Schrotti" genannt - sieht man die harte Arbeit an: Er ist hager und drahtig, hat kräftige Hände, Hornhaut an den Fingern und Schmutzränder unter den Nägeln, die sich schon gar nicht mehr richtig lösen.
"Ich bin seit meiner Kindheit dabei. Mein Großvater war schon Schrotthändler und mein Vater auch." Für den heute 47-Jährigen ist der Schrotthandel sowohl Lebensunterhalt, als auch Familientradition. "Meine Schwester verdient sich mit Sammlungen etwas dazu."
Seit einem dreiviertel Jahr schlagen die Interessenverbände Alarm: Die Tradition sei bedroht. Besonders Kleinunternehmer müssten um ihre Existenz kämpfen. Grund ist eine Änderung des Kreislaufwirtschaftsgesetzes im Sommer 2012. Gewerbliche Sammlungen - dazu gehören Altschrott-, Altkleider- oder Altpapiersammlungen - müssen drei Monate vorher beim zuständigen Landratsamt angemeldet werden. "Sobald die Kommunen das öffentliche Interesse gefährdet sehen, können sie die Sammlungen ablehnen", sagt Jutta Ebert von der Interessengemeinschaft der Altkleider-, Altpapier und Schrotthändler (IGAS) Unterfranken. Die Landkreise würden so unliebsame private Konkurrenz aus dem Weg räumen.
Laut Ebert wurden in Unterfranken von den bisher gestellten Anträgen ein Großteil noch nicht bearbeitet. Ferner seien zwischen fünf und zehn Prozent der Anträge abgelehnt worden. "In Würzburg will die Behörde im ganzen Landkreis keine Sammler. Die wollen ein Monopol", schimpft sie.
Steigende Müllgebühren Einen anderen Blick auf die Sache hat man beim Landratsamt. "Als öffentlich-rechtlicher Entsorgungsträger sehen wir gewerbliche Sammlungen nicht gerne", sagt etwa Andreas Sandwall, der in Bad Kissingen für die Abfallwirtschaft zuständig ist.
"Ich finde es wichtig, dass nicht jeder sammeln kann", betont Sandwall. Das wird mit dem Gesetz gewährleistet. "Nicht jeder, der sammeln möchte, ist auch für die Entsorgung geeignet." Der Gesetzgeber zwingt Schrotthändler dazu, sich offen zu legen und nachzuweisen, dass sie Entsorgen können.
Für die öffentlichen Entsorger sind die Erlöse, enorm wichtig. Es helfe "die Müllgebühren deutlich zu entlasten", sagt Sandwall. Letztendlich profitiert der Bürger, wenn er seine alte Badewanne von der öffentlichen Hand entsorgen lässt.
Generell besteht bei der Abfallentsorgung eine gesetzliche Überlassungspflicht. "Abfälle aus privaten Haushalten müssen den öffentlichen Entsorgungsträgern zur Beseitigung und Verwertung überlassen werden", sagt Abteilungsleiter Thomas Schönwald. Also etwa Hausabfälle, Altschrott und -papier. Ausgenommen davon ist der Biokompost. "Die Erträge aus der Verwertung sind schon in die Müllgebühren mit eingerechnet." Wie Schönwald erläutert, sind Sammlungen rechtlich nur erlaubt, wenn sie gemeinnützig sind oder nicht den öffentlichen Entsorgern schaden. "Wir legen das schon relativ restriktiv aus", berichtet er.
Private Konkurrenz Wann sind gewerbliche Schrotthändler aus offizieller Sicht schädlich? "Wenn die Gebührenstabilität beeinträchtigt wird", sagt Schönwald. Also wenn nicht genügend Erträge erwirtschaftet werden. Außerdem wenn die Planungssicherheit beeinträchtigt wird, also wenn der kommunale Entsorger aufgrund der Konkurrenz nicht verlässlich kalkulieren kann.
Gestattet sind gewerbliche Sammlungen, wenn sie keine Konkurrenz darstellen - in Bad Kissingen zum Beispiel bei Altkleidersammlungen. Doch auch beim Altschrott gibt es laut Schönwald bislang noch Ausnahmen: "Wenn jemand die ganze Zeit gesammelt hat, genießt er einen Vertrauensschutz." Bei Kleinunternehmern halte die Behörde momentan noch still und wartet die weitere rechtliche Entwicklung ab. Die kann sich jedoch schnell ändern. "Wenn es keine Probleme gibt, lassen wir Kleingewerbetreibende in Ruhe. Das kann aber jederzeit anders aussehen."
Manfred Hock hatte zwar bislang noch keine Probleme, sieht aber die Gefahr: "Das ist eine freie Wirtschaft und da können die uns nicht einfach wegdrängen." Die Kommunen sollten Unternehmer, die einfach ihrem Gewerbe nachgehen und Steuern zahlen keine Steine in den Weg legen. Leben und leben lassen, ist seine Devise.
Hock denkt nicht, dass gewerbliche Sammler eine Gefahr für die Kommunen darstellen. "Wenn jemand seine Genehmigung nicht erhält, ist das aber sehr wohl existenzbedrohend. Dann ist es aus."