Schloss Ebenhausen: Liebhaberstück unter der Lupe

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Architekt Oliver Kuhn begutachtet den verzierten Türknauf einer rund 200 Jahre alten Holztüre im Greisingbau des Schlosses. Fotos: Benedikt Borst
Architekt Oliver Kuhn begutachtet den verzierten Türknauf einer rund 200 Jahre alten Holztüre im Greisingbau des Schlosses.  Fotos: Benedikt Borst
Ein Arbeiter entsorgt altes Heu.
Ein Arbeiter entsorgt altes Heu.
 
Eine aufwendige Fachwerkkonstruktion trägt das Dach des Schlosses.
Eine aufwendige Fachwerkkonstruktion trägt das Dach des Schlosses.
 
Der charakteristische Zugangsweg zum historischen Schloss.
Der charakteristische Zugangsweg zum historischen Schloss.
 
Das Wappen von Fürstbischof Julius Echter.
Das Wappen von Fürstbischof Julius Echter.
 
Seltene Balkenkonstruktion im Dachstuhl des Schüttbaus
Seltene Balkenkonstruktion im Dachstuhl des Schüttbaus
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
Dicke Balken stützen seit Jahrhunderten die Decke des Gewölbekellers.
Dicke Balken stützen seit Jahrhunderten die Decke des Gewölbekellers.
 
 
 
 
 
 

Architekt Oliver Kuhn erstellt bis April Gutachten und mögliche Nutzungskonzepte für das historische Schloss in Ebenhausen. Vorher wird es entrümpelt. Das charmante Gebäude hat viel Potenzial, ist aber punktuell einsturzgefährdet.

Schwer und alt ist sie, die weiße Holztüre. Sie knarrt leise, wenn sie ins Schloss gedrückt wird. Die Türangeln sind mit verschnörkelten Beschlägen an dem Holz angebracht, der Schlüsselkasten ist nicht abgedeckt sondern offen, so dass die feine Mechanik im Innern sichtbar ist. Die Türe hat einen schmalen, gusseisernen Griff und in der Mitte zusätzlich noch einen aufwendig gearbeiteten, massiven Knauf.
"Sie ist etwa 200 Jahre alt und ein Originalstück", sagt Oliver Kuhn. Er fährt mit der Fingerspitze über die aufwendig gearbeiteten Beschläge. "Die Leute früher haben viel stärker auf die Ästhetik geachtet."

Der Architekt aus Dettelbach begutachtet in den nächsten vier Monaten das historische Schloss Ebenhausen im Auftrag der Gemeinde. Es wird ein statisches Gutachten erstellt, außerdem ein burgenkundliches sowie ein restauratorisches. "Auf der Grundlage werden wir Konzepte entwickeln, wie eine Nutzung des Schlosses möglich ist", erklärt Oliver Kuhn. Bis Ende März sollen die Entwürfe vorliegen. "Das wichtigste wird aber sein, die Kosten zu definieren." Das heißt: Er und seine Kollegen bestimmen, welche Arbeiten nötig sind, um das denkmalgeschützte Gebäude zu sanieren und was die kosten werden. Mit dem Gutachten und dem Nutzungskonzept erhält die Gemeinde Oerlenbach das Handwerkszeug, um auf Investorensuche zu gehen. "Investoren kaufen ja nicht die Katze im Sack, sondern haben mit dem Gutachten eine gute Grundlage, auf der eine Kaufentscheidung getroffen werden kann", sagt der Architekt.

Nutzung ist noch offen

Das historische Schloss steht seit mehr als zehn Jahren leer und wurde 2009 von der Gemeinde gekauft. Seitdem sucht sie erfolglos nach einem seriösen Investor. "Mit dem Gutachten haben wir eine gute Grundlage für mögliche Interessenten", sagt Bürgermeister Franz Kuhn (CSU). Er freue sich, dass nach Jahren endlich etwas in dem Schloss passiert. "Das ist eine gute Nachricht."

Architekt Oliver Kuhn sieht die Gemeinde in der Pflicht, eine sinnvolle Nutzung für das Gebäude zu finden. "Grundsätzlich denke ich, dass das Objekt so viel Potenzial hat, einen Investor zu finden", sagt er. Meistens ein teures. Zu Beginn des Gutachtens sind für ihn viele Nutzungsmöglichkeiten denkbar, egal ob Wohnungen, Büroräume, Arztpraxen oder eine teilöffentliche Nutzung. Oliver Kuhn: "Das Schloss kann auch mit ein Ortszentrum sein. Die Frage ist einfach: Was wird benötigt?" Bürgermeister Franz Kuhn zeigt sich offen für Vorschläge. "Wir wollen eine verträgliche Lösung mit den Nachbarn und der Gemeinde", sagt er.

Einsturzgefährdete Stellen

Seit einigen Tagen sind die ersten Arbeiter zugange und entrümpeln die historischen Gemäuer. "Im Moment kommen wir an viele Bauteile gar nicht ran", erklärt der Architekt. Die Eigentümer haben unter anderem etwa 600 Kubikmeter Heu im Dachboden gelagert, dazu jede Menge Sperrmüll und anderen Schrott. Dann erst beginnt das eigentliche Gutachten. Oliver Kuhn: "Ein Statiker schaut sich die Gebäudeteile an." Bisher sind einige Stellen vor allem im Dachboden des Nordflügels bekannt, die einsturzgefährdet sind. "Das ist aber wirklich nur punktuell." In einem nächsten Schritt vollzieht ein Restaurator die bauzeitlichen Abschnitte des historischen Schlosses nach. Wann wurde was eingebaut oder umgebaut? Historische Substanz wie stuckverzierte Decken, Holztüren, Fenster und Treppenstufen soll erhalten, moderne Einbauten wie ein wenige Jahrzehnte altes Badezimmer im Greissingbau sollen später herausgerissen werden. "Das Gebäude hat einen Charme, der unbedingt erhalten werden muss", findet der Architekt. Ist alles fertig begutachtet beginnt er, Pläne für eine mögliche Nutzung auszuarbeiten.

Oliver Kuhn ist optimistisch, dass das Schloss belebt wird. Zwar handle es sich um einen Altbau mit schiefen Wänden und Böden, aber: Die Auffahrt und die barocke Eingangssituation sind einmalig, ebenso das Treppenhaus und die Natursteinböden. "Es ist ein Liebhaberstück. Zum Beispiel bringen die dicken Wände eine Behaglichkeit, die ich mit einem Neubau niemals schaffen werde."


Architektur des historischen Schlosses Ebenhausen

Gebäude Das Schloss ist eine dreiflügelige Anlage. Die einzelnen Gebäudeteile sind in unterschiedlichen Jahrhunderten entstanden. Außerhalb des Schlosses befinden sich Reste der alten Wehranlage (vor 1400). Drei Wachturmreste sind noch zu erkennen.

Greissingbau heißt der barocke Südflügel des Schlosses. Er wurde im 18. Jahrhundert errichtet, steht aber auf viel älteren Fundamenten. Hier wohnten die letzten Eigentümer.

Schuttbau
ist der dreigeschossige, westliche Teil. Hier befanden sich die historischen Lagerräume, beispielsweise für Getreide. Er wurde im 17. Jahrhundert zum Teil auf den Resten der spätmittelalterlichen Burganlage errichtet. Im Erdgeschoss spielte zuletzt die Revival-Band "The Jets".

Nordflügel Der nördliche Gebäudeabschnitt ist wesentlich älter als Greissingbau und Schuttbau. Sein Zustand ist am schlechtesten.