Zahnärzte erhalten seit Oktober weniger Honorar für die Behandlung von AOK-Patienten. Oft werden nur noch dringende Fälle behandelt, Routineuntersuchungen werden verschoben. Im Landkreis Bad Kissingen sind rund 37 000 Versicherte betroffen.
Elisabeth Franz sitzt auf dem Behandlungsstuhl der Zahnarztpraxis von Martin Dietrich. Den Mund hat sie weit offen. Dietrich kontrolliert, ob ihre Wunde nach einem größeren Eingriff gut heilt. Die Arnshäuserin ist bei der AOK Bayern versichert. Sie hat keine Ahnung, dass ihre Krankenkasse im Oktober Puffertage ausgerufen hat und den Zahnärzten seitdem nur einen Teil des vereinbarten Honorars zahlt. Sie weiß auch nicht, was das für sie als Versicherte bedeutet.
"Ich höre immer wieder von anderen, dass sie keinen Termin mehr bekommen", sagt sie.
Patienten sind schlecht informiert Elisabeth Franz fühlt sich schlecht informiert. "Es hat mir niemand darüber etwas gesagt", kritisiert sie. Von der Krankenkasse sei sie nicht über die Puffertage aufgeklärt worden, obwohl sie seit Oktober mehrmals mit einem Berater telefoniert habe.
Erst ihr Zahnarzt holte das während einer Behandlung nach. Das ist allerdings auch mehr eine Ausnahme, als die Regel. "Uns fehlt dafür die Zeit. Wir können nicht jeden Patienten vernünftig informieren", sagt Zahnarzt Martin Dietrich.
Was aber sind Puffertage? "Jedes Jahr finden Budgetverhandlungen zwischen der Kassenzahnärztlichen Vereinigung Bayerns (KZVB) und den Krankenkassen statt", erklärt Martin Dietrich.
Das Budget wird für das nächste Jahr festgelegt. Die KZVB verwaltet das Geld und bezahlt die Zahnärzte, wenn die ihre Arbeit in Rechnung stellen. Nach einem dreiviertel Jahr wird geprüft, wie viel Geld ausgegeben wurde. Ist zu wenig Geld in dem Topf, ruft die KZVB Puffertage aus. Die Zahnärzte erhalten in dieser Zeit nur noch einen Teil, mindestens aber ein Drittel des Honorars.
"Es ist Aufgabe der KZVB, die Gelder gleichmäßig zu verteilen", heißt es aus der AOK-Zentrale in München. Die Krankenkasse habe auf die Verteilung des Geldes keinen Einfluss. "Die AOK Bayern erfüllt die gesetzlichen und vertraglichen Honorarverpflichtungen in vollem Umfang", wird versichert.
Bis zu 20 000 Euro Verlust Laut AOK wurde der Honorartopf außerdem von 2012 auf 2013 um 7,5 Prozent
aufgestockt. Dieses Jahr sind die Budgetverhandlungen mit der KZVB allerdings gescheitert. Eine anhängige Entscheidung des Landessozialgerichts München wird heute erwartet.
"Es heißt ja nicht, dass wir nichts kriegen", sagt Dietrich. "Wir wissen nur nicht wie viel. Mit diesem unsicheren Gefühl behandeln wir seit Oktober." Der Mediziner vertritt als Obmann die Interessen der Zahnärzte in den Altlandkreisen Bad Kissingen und Bad Brückenau.
Anspruch auf Behandlung Seiner eigenen Praxis bereiten die Puffertage weniger Probleme, weil der Anteil an AOK-Patienten nicht überwiegt. In ländlichen Regionen wie dem Raum Bad Brückenau ist die Lage anders. "Da kommen Ärzte auf mich zu und sagen: ,Wir haben fast die Hälfte der Patienten als AOK-Versicherte. Wie kriegen wir da unser Geld?'", schildert Dietrich.
Solchen Praxen würden im Quartal bis zu 20 000 Euro Verlust drohen. Die Puffertage auf drei Monate auszudehnen sei gravierend.
Nach eigenen Angaben hat die AOK im Landkreis einen Marktanteil von 44 Prozent. Was bedeuten die Puffertage für die 37 000 AOK-Versicherten? Laut AOK erst einmal gar nichts. Die Patienten sollen sich wie gewohnt behandeln lassen. "Puffertage dürfen nicht zu einer Einschränkung führen", teilt die Krankenkasse mit.
Sie betont, dass Verweigerungen nicht zulässig sind. "Natürlich können wir niemanden wegschicken und sagen: ,Du bis AOK-Patient, ich behandele dich nicht'", entgegnet Dietrich. Allerdings würden manche Praxen nur noch dringende Fälle dran nehmen.
Routineuntersuchungen würden ins nächste Jahr verschoben. Es ist möglich, dass AOK-Versicherte 2014 keinen Zahnarzt-Termin mehr bekommen.
"Es kann auch sein, dass Kollegen ihre Praxis im Dezember schließen und Urlaub machen, um die Puffertage zu entschärfen", sagt Dietrich. Das Ergebnis ist in jedem Fall dasselbe: Patienten müssen warten. Die AOK weist darauf hin, dass die Puffertage am 23. Dezember enden.
Sachliche Lösung suchen Martin Dietrich setzt sich für eine sachliche Lösung ein.
"Es steht nicht im Vordergrund, dass Zahnärzte am Hungertuch nagen, sondern, dass die Puffertage Auswirkungen für die Patienten haben", sagt der Obmann. Er wolle keine Hetzkampagne führen und die AOK als schlechte Krankenkasse darstellen. Er wünsche sich, dass die AOK und die KZVB wieder verhandeln und dass ein bereits getroffener Schiedsspruch akzeptiert wird.
Vor allem müsse eine langfristige Lösung gefunden werden, fordert Dietrich.
Seit Jahren werden zum Jahresende Puffertage ausgerufen, woraufhin Behandlungen ins neue Jahr verlegt werden. "Das Problem verschiebt sich dadurch nur und wird nicht gelöst", sagt der Mediziner.
Zitat: "Es steht nicht im Vordergrund, dass Zahnärzte am Hungertuch nagen, sondern, dass die Puffertage Auswirkungen für die Patienten haben", sagt der Obmann. Wenn dies nicht im Vordergrund stünde wären doch sicherlich auch keine Auswirkung für den Patienten zu befürchten. Ich kenne aber auch eine Zahnarztpraxis hier im Raum die in ihrem Wartezimmer darauf hinweist, daß trotz AOK-Patient weiterhin eine Behandlung erfolgt. Meine Hochachtung