Wohin kommt der dritte Nationalpark?

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Bereits mehrfach informierte sich Umweltministerin Ulrike Scharf im Landkreis, hier mit Landrat Thomas Bold in Oberbach. Foto: Melanie Hofmann
Bereits mehrfach informierte sich Umweltministerin Ulrike Scharf im Landkreis, hier mit Landrat Thomas Bold in Oberbach.  Foto: Melanie Hofmann

Umweltministerin Ulrike Scharf diskutierte gestern mit Bürgermeistern über das weitere Vorgehen. Mit Pro- und Contra-Kommentaren.

Es schien, als präsentiere sich die Rhön im besten Licht: Die Sonne schien auf die smaragdgrüne Haut der Buchen, das Moos glitzerte auf den Baumgerippen in den Kernzonen des Biosphärenreservats, und im blauen Himmel drehte ein Rotmilan seine Kreise. "Schön ist es hier", sagte Bayerns Umweltministerin Ulrike Scharf (CSU). Sie begutachtete die Rhön als möglichen Standort für einen dritten Nationalpark in Bayern. In ihrem Gefolge: Vertreter aus fast allen Gemeinden im Gebiet zwischen Neuwirtshauser Forst, Schwarze Berge, Salzforst und Klauswald. Daneben die Landräte Thomas Habermann (Rhön-Grabfeld, CSU) und Thomas Bold (Bad Kissingen, CSU) und Experten der Naturschutzbehörden. Die Landräte, die zu der Informationsfahrt durch die Rhön eingeladen hatten, wurden nicht müde, ihre Neutralität zu betonen. Habermann: "Es spricht - Stand jetzt - genauso viel für wie gegen einen Nationalpark. " Wie sein Bad Kissinger Kollege wolle auch er zunächst Informationen sammeln.


"Beides zusammen geht nicht"

Die Fahrt führte durch Kernzonen des Biosphärenreservats - Flächen, die nahezu unberührt von menschlicher Hand wachsen. Habermann: "Beim Biosphärenreservat steht der Mensch im Mittelpunkt. Beim Nationalpark die Natur. Beides zusammen geht nicht, außer in einer Gebietskulisse", und dafür sei die Rhön groß genug. Das sah auch Ulrike Scharf so. "Die Kernzone des Nationalparks muss 75 Prozent der 10 000 Hektar betragen. Das heißt, wir reden über 2500 Hektar, in denen der Mensch noch eingreifen kann."

Ministerin Scharf hat sich festgelegt: "Die Rhön erfüllt alle Voraussetzungen für einen Nationalpark", der jedoch, wie oft betont, nicht über die Köpfe der Bürger entschieden werden soll. Auf dem Kreuzberg kamen Ministerin und Gemeindevertreter ins Gespräch.

Darunter auch Birgit Erb, Bürgermeisterin von Oberelsbach: "Ich bin offen in meiner Meinung. Der Park hätte Chancen für die Region. Aber auch Nachteile für die Bevölkerung, was Wegerechte oder Bejagung angeht. Jetzt ist wichtig, die Spielregeln der Regierung hinsichtlich des Parks kennenzulernen."


Vier Regionen im Rennen

Ministerpräsident Horst Seehofer hat den dritten Nationalpark als Ziel ausgegeben, die Suche überlässt er der bayerischen Umweltministerin. "Die vier Regionen Spessart, Rhön, Neuburg-Schrobenhausen und Kelheim haben sich in einer bayernweiten Sichtung als naturschutzfachlich besonders geeignete Regionen erwiesen", berichtet Ministeriumssprecher Thomas Marzahn. Mit diesen Regionen seien in einem laufenden Dialog bereits die nächsten Schritte vereinbart worden. Zum möglichen Standort Rhön hatte sich Umweltministerin Ulrike Scharf (CSU) im Oktober mit Habermann und Bold zum Gespräch getroffen. Mit am Tisch saß auch die Oberelsbacher Bürgermeisterin Birgit Erb und der Maßbacher Bürgermeister Matthias Klement, der stellvertretender Kreis-Vorsitzender im Bayerischen Gemeindetag ist.

"Das Gespräch im Bayerischen Landtag verlief in einer guten und offenen Atmosphäre", berichtet Pressesprecher Marzahn. Zum weiteren Vorgehen kündigt das Ministerium an: "Die weiteren Schritte werden jeweils gemeinsam mit den Landräten als politischen Vertretern der Region festgelegt."


Der Kommentar von Redakteur Benedikt Borst FÜR den Nationalpark:

Viele Ängste sind unbegründet

Die Rhön würde sich hervorragend für einen Nationalpark eignen. Immerhin gibt es hier auf kleinstem Raum so viele Buchenwaldtypen wie nirgends sonst in Bayern. Klar, ein Nationalpark darf nicht die prägende Kulturlandschaft verändern - das "Land der offenen Ferne" darf nicht zuwuchern. Aber ist das zu befürchten? Der Park soll sich vor allem auf Staatsforstgebiet erstrecken. Davon wäre die Hochrhön kaum betroffen. Natürlich werden vorab viele Ängste laut. Fragt man in bestehenden Nationalparks nach, zeigt sich, dass vieles unbegründet ist: Es gibt ein freies Betretungsrecht, Pilze dürfen weiter gesammelt werden, Brennholz wird nicht knapp. Dafür profitieren ganze Regionen von steigenden Gästezahlen, Investitionen und Arbeitsplätzen. Und dabei geht es nicht nur um das Fachpersonal, das für den Park eingestellt wird.


Der Kommentar von Redakteur Ralf Ruppert GEGEN den Nationalpark:

Natur ist auch ohne Park schön

Die Rhön ist zwar ein Natur-Paradies mitten in Deutschland, aber das eigentliche Alleinstellungsmerkmal ist von Menschen gemacht: Das "Land der offenen Fernen" musste erst gerodet werden, der Bedarf an Holz für die Glashütten und Weideflächen für das Vieh formte die Kultur-Landschaft. Auf diese Verknüpfung von Mensch und Natur nimmt das Biosphärenreservat ausdrücklich Rücksicht. Beim Naturpark wäre damit Schluss: Jede Menge Holz würde dem Markt entzogen, wer auf den kleinen Holzofen oder die Hackschnitzel-Heizung gesetzt hat, muss sich auf höhere Preise einstellen. Arbeitslosen Holzrückern und Forstwirten nutzt es nichts, dass Fachpersonal für den Naturpark eingestellt wird. Und der hauptamtliche Jäger, der fürs Wildtiermanagement zuständig ist, ersetzt nicht die jahrhundertealte Jagdtradition.