Der Prozess wegen sexueller Nötigung am Amtsgericht Bad Kissingen geht weiter.
Es ist der zweite Tag im Prozess gegen einen 26-jährigen Mann aus dem Landkreis Bad Kissingen, der sich in 24 Fällen von sexueller Nötigung und einem weiteren Fall wegen Vergewaltigung vor Gericht verantworten muss. Insgesamt fünf junge Frauen soll er zwischen 2009 und 2013 sexuell belästigt haben. Diese sind dem Angeklagten gut bekannt, besuchten sie doch alle dasselbe Ausbildungszentrum. Mit mehreren der Mädchen hatte er regelmäßige Fahrgemeinschaften gebildet, weil sie in der Nähe wohnten.
Auch diesmal geht es im Gerichtssaal vor der Großen Strafkammer des Landgerichts emotional zu. Mehrere der jungen Frauen sagen als Zeuginnen aus, werden bis ins letzte Detail befragt. Bis auf einen Fall liefen die Taten ähnlich ab: So berichten die Mädchen von Übergriffen des Angeklagten im Auto, oft während der Hin- oder Rückfahrt ins Ausbildungszentrum. "Immer wieder hat er mir die Hand auf den Oberschenkel gelegt. Und immer wieder habe ich seine Hand weggeschoben und gesagt, dass ich das nicht will", so ein noch minderjähriges Opfer vor Gericht.
Plötzlich die Türen verriegelt Trotz des Widerstands, den alle Mädchen leisteten, in dem sie zum Beispiel die Beine zusammen kniffen, schaffte es der 26-Jährige, seine Opfer im Schritt oder sogar am Geschlechtsteil anzufassen. "Es war so eklig", beschreibt eine junge Frau die Situation. Der Angeklagte habe trotz ihres Weinens und auch Anschreiens nicht wahrhaben wollen, "dass ich das nicht will".
Ein weiteres Opfer berichtet, dass der Angeklagte auf der Fahrt zu einem Geschäft in Rhön-Grabfeld plötzlich auf einem Parkplatz anhielt, die Türen per Knopfdruck verriegelte und begann, sie anzugrabschen. "Ich habe fürchterliche Angst gehabt, wusste ja nicht, was passieren würde", sagt sie. Erst nach mehrfacher, vehementer Aufforderung habe er aufgehört. Durch die gemeinsame Schulzeit sei ihr bekannt gewesen, dass er gerne die Nähe der Mädels suchte, auf eine Art, die manchen sogar schmeichelte, erklärt die heute 26-Jährige. "Aber, dass er zu so etwas fähig sein könnte, hätte ich nicht gedacht."
Folgen der Übergriffe Schnell wird deutlich, dass fast alle Opfer mit den Folgen der Übergriffe bis heute zu kämpfen haben. "Im Auto darf mich niemand am Oberschenkel anfassen. Auch nicht mein Freund. Da fange ich sofort an zu weinen", sagt eines der Mädchen. Ein anderes berichtet, dass eine Beziehung auseinander ging, weil sie nicht mehr berührt werden wollte. Aus Angst und vor Scham hatten viele der Opfer lange geschwiegen. Erst, als ein Mädchen den Mann anzeigte, setzte dies eine Welle in Bewegung.
Der Täter, der heute in einer stabilen Beziehung lebt und Vater einer kleinen Tochter ist, hat den Großteil der Taten schon in der ersten Sitzung eingeräumt. Reumütig steht er im Gerichtssaal mehrmals auf, entschuldigt sich bei jedem Opfer für sein Verhalten. Kaum ein Mädchen jedoch fühlt sich bereit, die Entschuldigung anzunehmen. Zu stark haben die Übergriffe ihr Leben beeinflusst.
Eingestellt wurde allerdings das Verfahren gegen den 26-Jährigen wegen des Vorwurfs der Vergewaltigung. Zur Last gelegt wurde ihm, dass er in einem Fall mit seinen Fingern in die Vagina eines Opfers eingedrungen sein soll - strafrechtlich zu ahnden als Vergewaltigung. Dies lässt sich jedoch nicht beweisen, da sich das Mädchen im Zeugenstand in krasse Widersprüche verstrickte. Weder der Tathergang noch die Kleidung, die die junge Frau an diesem Tag getragen haben will, entsprachen den Aussagen, die sie bei der Polizei getätigt hatte. Aufgrund psychischer Probleme, die auch mit einer anderen Sache zusammenhängen, könne sie sich nicht mehr genau erinnern, gab sie an. Fortgesetzt wird die Verhandlung am Donnerstag, 12. Februar.
kgh