Michael Altinger muss immer wieder zurück in diese seltsame Ortschaft, um zu sich selbst zu kommen. Was er zu sagen hatte, sagte er lieber direkt, und das kam bei den Besuchern sehr gut an.
Strunzenöd ist eine seltsame Ortschaft. Südlich des Weißwurstäquators gelegen, könnte sie auch an anderer Stelle in der Republik sein. Einwohner wie dort gibt es nämlich in ganz Deutschland. Es ist ein komisches Dorf: eine Mischung zwischen Ponyblümchenland und finsterem Fiebertraum. Dennoch fühlt sich Michael Altinger dort wohl, muss er doch immer wieder nach Strunzenöd zurückkehren, um zu sich selbst zu kommen. Und die Zuschauer in der ausverkauften Alten Aula in Münnerstadt folgten ihm dabei, waren in den Bann gezogen und konnten sich kaum noch halten vor Lachen.
Viel Gesellschaftskritik Der Auftritt mit seinem Programm "Ich sag's lieber direkt" kam sehr gut an, auch weil der Kabarettist behände von einem Punkt zum anderen sprang, hin und wieder ein Lied einstreute und dabei beißende Gesellschaftskritik übte.
Überhaupt gab es viele gesellschaftliche Themen, die Altinger gewaltig auf die Ei... gingen - Entschuldigung, die Altingers "Gemächt zum Läuten brachten", wie es der Kabarettist gewählt ausdrückte. Wie beispielsweise das am Nebentisch nervende im neoliberalen Stil erzogene Kind, das mit einem 600 Euro teuren Handy nicht nur seine Eltern, sondern auch die gesamten Gäste nervte, was Altinger auf die Palme und das Publikum zum Lachen brachte.
Dem Kabarettisten zur Seite stand Musiker Martin Julius Faber, der sich zwar kaum äußerte, aber dennoch mit Altinger eine perfekte Symbiose einging. Natürlich wurden auch immer wieder die guten, alten Zeiten beschworen. Altinger erinnerte sich an seine imaginäre Kindheit in Strunzenöd, in welcher niemand über 40 mit ihm redete. Und die Charaktere in jenem seltsamen Dorf hatten es ebenso in sich.
So die Kindergärtnerin, Tante Augenie, die tiefgläubige Rokoko-Katholikin, eine im tiefsten Innern bitterböse Frau. Nicht nur Altinger und seinen Eltern, sondern auch schon seinen Großeltern hatte sie Manieren beigebracht. Wie sie genau zu ihrem Gatten Hans Peter gekommen ist, weiß man nicht mehr. Witzig war nicht nur, wie Altinger es verstand, seine Strunzenöder mimisch darzustellen, sondern auch, dass es genau jene absurden Charaktere sind, auf die man in der Realität trifft.
Worte und Taten Teilweise sehr sarkastisch waren Altingers gesellschaftskritische Töne. Beispielsweise, als er die drei schlechtesten Kinderbücher ansprach.
"Das kleine Ich bin ich" und die "Kleine Raupe Nimmersatt" haben im Verein mit dem "Oh, wie schön ist Panama" dafür gesorgt, dass es nur noch zwei Sorten von Menschen gibt: eingebildete Individualisten, die die Konkurrenten sprichwörtlich aus dem Weg fressen, und notorische Weltverbesserer, so der Kabarettist.
Doch Altinger ist nicht nur mit Worten Weltverbesserer, sondern dabei auch aktiv tätig. Kauft er doch für seine Söhne den Playboy, damit diese auch in der Erotik anspruchsvoll werden. Dies hält die beiden allerdings nicht davon ab, ihrem Vater die Haare vom Kopf zu fressen, was das Familienoberhaupt schier kirre macht. Zielsicher begab sich Altinger kabarettistisch durch den Alltag, griff Charaktere auf, die man an je -der Straßenecke trifft und verstand es, die Untugenden der modernen Zeit scharf zu geißeln, ohne dabei die Ver gan genheit zu verherrlichen. Den Besuchern gefiel es außerordentlich gut, was sich am Applaus zeigte.