64 Mitarbeiter der Firma Remog wissen derzeit nur eins mit Sicherheit: Ab spätestens 1. Februar ist ihr Arbeitsplatz weg. Nicht einmal die Höhe der Abfindung ist bisher geregelt.
In den Hallen ist es ruhig geworden, der Krankenstand ist hoch. Die, die noch da sind, müssen teilweise die Maschinen abbauen, die nach Polen gehen. Bei Remog Polska wird schließlich weiter produziert. Nicht aber in Münnerstadt. Da ist Feierabend. Für immer. Wie gehen die Arbeiter mit ihrer Kündigung um? "Wir warten auf den 31. Januar und auf die fette Abfindung, die wir bekommen", sagt Reiner Wachtel. Ihren Humor haben sie noch nicht ganz verloren, aber eigentlich ist es der blanke Galgenhumor.
Am Tisch sitzen Jahrzehnte, viele Jahrzehnte. Arthur Zimmermann ist seit 25 Jahren bei Remog, Bernhard Bocklet seit 1973 (mit Unterbrechung). Rainer Wachtel hat 1974 angefangen. "Ich habe quasi lebenslänglich", scherzt er. 25 Jahre ist Frank Dümling im Betrieb, feiert wie Arthur Zimmermann heuer eigentlich Jubiläum. "Na Glückwunsch", kommentiert Reiner Wachtel. Sie müssen lachen. Dann kommt noch Georg Wilm dazu. Der gelernte Schreiner ist seit 31 Jahren da, hat sich auf die Metallverarbeitung spezialisiert. In seinem alten Beruf kann er nach so vielen Jahren nicht mehr arbeiten. Die Aussichten sind eher schlecht. Für alle.
Als die Kündigung kam, waren sie noch 80. Ein paar von ihnen haben einen neuen Arbeitsplatz gefunden, darunter auch fünf der sieben Azubis. 28 Prozent der Belegschaft ist älter als 60 Jahre, 56 Prozent älter als 55. "Ab einem gewissen Alter ist es schwierig", sagt Bernhard Bocklet. "Es gibt hier keine Großindustrie." Schon wenn die 40 überschritten ist, sei es schwer, einen Arbeitsplatz zu bekommen, erst recht wenn es eine fünf vorne steht, sagen sie. Alle, die irgendetwas in Aussicht haben, werden Lohneinbußen hinnehmen müssen. "Ein Drittel und mehr", sagt Georg Wilm. Und dabei verdienen sie schon hier weit unter Tarif. Auch, wenn sie früher in Rente oder gar in die Arbeitslosigkeit gehen: Sie bekommen weniger Geld.
"Viele von uns haben nicht mehr lange bis zur Rente", sagt Rainer Wachtel. Auch er gehört dazu. "Noch drei, vier Jahre - und wir hätten sauber in Rente gehen können." Das wird aber nichts. "Diese Möglichkeit hat er uns genommen." Gemeint ist Wilfried Müller, Geschäftsführer von Remog Münnerstadt. Er hatte immer wieder betont, dass die Auftragslage schlecht sei, die Produktion in Münnerstadt zu teuer. Für den Abwärtstrend und die Schließung hat Wilfried Müller auch immer wieder den Betriebsrat verantwortlich gemacht, der nicht flexibel genug gewesen sei. "Dabei haben wir alles mitgemacht", betont Arthur Zimmermann, der Mitglied des Betriebsrats ist. Überstunden, Lohnverzicht, Kurzarbeit, Personalabbau - die Liste ist lang. Die Mitarbeiter haben das Gefühl, dass Wilfried Müller irgendwas gegen den Standort Münnerstadt hat. "Er hätte nicht schließen müssen, es ist gut gelaufen", sagt Arthur Zimmermann. Er weiß natürlich, dass der Geschäftsführer das Gegenteil behauptet.
Remog - der Name stammt von Rudolf Erich Müller, der den Betrieb gegründet hat. "Da hat es noch Spaß gemacht", sagt Rainer Wachtel, der sich noch gut an diese Zeiten erinnern kann. Zehn Prozent über Tarif habe ihnen Rudolf Erich Müller gezahlt, damit die Facharbeiter nicht zur Großindustrie nach Schweinfurt abwandern. 350 Arbeiter und Angestellte waren 1990 bei Remog beschäftigt, teilweise waren es noch mehr. Später kam Wilfried Müller. Die Namensgleichheit ist reiner Zufall, sei dem jetzigen Geschäftsführer aber öfter zugute gekommen, weil der Gründer einen guten Ruf hatte, meinen die verbliebenen Arbeiter. Ihr heutiger Geschäftsführer hat die Tarifbindung aufgegeben
aber im Arbeitgeberverband geblieben. Seither habe es fast nur individuelle Lohnerhöhungen
gegeben. Gute Worte über ihn fallen nicht. Im Gegenteil.