Landkreis Bad Kissingen: Treffen mit Bürgern abgesagt

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PEine Kamera filmte die Hausener Bürgerversammlung Ende Oktober. Bürger verfolgten die Sitzung teils im Internet. Ganz auf digitale Veranstaltungen umzusteigen, geht bisher nicht. Foto: Wolfgang Dünnebier/Archivier
PEine Kamera filmte  die Hausener Bürgerversammlung Ende Oktober. Bürger verfolgten die Sitzung teils im Internet. Ganz auf digitale Veranstaltungen umzusteigen, geht bisher  nicht.  Foto: Wolfgang Dünnebier/Archivier

Viele Menschen wollen mitreden, was in ihrem Wohnort passiert. Dafür ist die Bürgerversammlung gedacht. Aber dieses wichtige Mittel der politischen Mitsprache fällt dieses Jahr häufig aus.

Eigentlich sollte jede Gemeinde einheimischen Bürgerinnen und Bürgern mindestens einmal im Jahr die Möglichkeit geben, Wünsche, Kritik und Anregungen im Rahmen einer Bürgerversammlung zu äußern. Das legt die Bayerische Gemeindeordnung in Artikel 18 fest. Aber auch bald zwei Jahre nach Beginn der Pandemie bringen die horrenden Corona-Zahlen die Terminkalender in den Rathäusern kräftig durcheinander. Bürgerversammlungen wurden geplant, verschoben, abgesagt.

"Mein Vorgänger wollte im März 2020 eine Bürgerversammlung machen, da ging Corona los", berichtet Oerlenbachs Bürgermeister Nico Rogge (CSU). "Ich hatte eine Bürgerversammlung für Oktober 2020 geplant, musste sie aber an dem Tag absagen, an dem sie stattfinden sollte, weil die Inzidenz durch die Decke ging. Dann war eine im April 2021 angesetzt, da war es auch nicht möglich." Jetzt plant Nico Rogge mit Frühjahr 2022. Um die Menschen dennoch über die Geschehnisse in der Gemeinde zu informieren, schreibt er in regelmäßigen Abständen einen Informationsbrief an die Bürger, der in den Gemeinde-Nachrichten und auch auf der Homepage veröffentlicht wird.

Auch die Bürgerversammlungen in Motten, die eigentlich für Mitte bis Ende November in den Gemeindeteilen Speicherz, Kothen und Motten geplant waren, sagte Bürgermeisterin Katja Habersack (parteilos) angesichts der Corona-Infektionszahlen ab. Ähnlich wie Oerlenbach plant die Gemeinde, die Bürgerversammlungen nachzuholen. Oerlenbach und Motten sind diesbezüglich im Landkreis eher die Regel als die Ausnahme (siehe Infokasten).

Die Vertagung der Veranstaltung ist rechtens, denn das Bayerische Staatsministerium des Innern, für Sport und Integration hat die Gemeinden im März darüber informiert, dass es aufgrund der Pandemie "im Ermessen" des 1. Bürgermeisters ist, ob er im Jahr 2021 eine Bürgerversammlung durchführt. Gibt es keine Bürgerversammlung, muss diese bis zum 31. März 2022 stattfinden. So zumindest lautet die Gesetzesänderung der Gemeindeordnung, die vor acht Monaten beschlossen wurde.

"Die Planung der Bürgerversammlungen für 2022 erfolgt natürlich unter Vorbehalt", teilt Christina Günzel für die Verwaltungsgemeinschaft Maßbach mit. Denn momentan kann niemand voraussagen, ob die Treffen mit den Bürgerinnen und Bürgern tatsächlich im März realistisch sind.

Ins Freie ausweichen als Alternative?

Auch die Bürgerversammlungen in der Marktgemeinde Elfershausen sollen im Frühjahr 2022 stattfinden. "Es stehen jedoch wichtige Infoveranstaltungen zu den aktuell diskutierten Projekten in der Marktgemeinde an. Diese sollen im Freien stattfinden", teilt Bürgermeister Johannes Krumm (SPD/Freie Wähler) mit.

Nüdlingen hatte zwar seine Bürgerschaft Ende September zur Sitzung eingeladen, angesichts der für den 25. November geplanten Auftaktveranstaltung für das integrierte Stadtentwicklungskonzept (ISEK) standen die Gemeinderäte aber vor ähnlichen Problemen. Aufgrund der 2G-Regeln können in der derzeitigen Situation oft nur geimpfte oder genesene Bürger an Veranstaltungen teilnehmen, ein Problem beim Thema Bürgerbeteiligung und Mitsprache. Hybride Veranstaltungen, also eine Mischung aus Präsenzveranstaltung und digitalem Live-Streaming bieten sich stattdessen an. Eine reine Online-Veranstaltung ist aber für keine Kommune denkbar.

Hybridveranstaltungen

Im Stadtteil Hausen in Bad Kissingen fand Ende Oktober eine Bürgerversammlung statt, zu der die Bürgerinnen und Bürger in die Mehrzweckhalle kommen konnten. Alternativ verfolgten Bürger die Sitzung im Internet mit. "Das hat gut geklappt", findet Thomas Hack, Pressesprecher der Stadt Bad Kissingen.

Für den Markt Oberthulba berichtet Geschäftsleiterin Nicole Wehner: "Im Rahmen des Bürgerhauses Frankenbrunn hatten wir aufgrund der damaligen Inzidenzwerte bereits eine Zoom-Bürgerversammlung mit großem Erfolg durchgeführt. Eventuell werden wir diese Möglichkeit wieder anbieten, zum Beispiel bei unseren Info-Veranstaltungen zum Thema Sturzflutmanagement."

Digitale Sitzungen klappen aber nicht überall. Beispiel Nüdlingen: "Der Internetanschluss der Schlossberghalle ist nicht ausreichend um eine stabile Hybridveranstaltung sicher ins Netz zu stellen. Auch im Mobilfunknetz ist eine Hybridveranstaltung nicht möglich, da die Schlossberghalle in einem Funkloch liegt", teilt Bürgermeister Harald Hofmann (CSU) mit.

Die Gemeinde plant, die ISEK-Veranstaltung stattdessen aufzuzeichnen und diese dann auf die Homepage der Gemeinde zu stellen. "Bürger haben dann circa 14 Tage, um Anregungen zu melden."

Bürgerversammlungen vollständig digital zu veranstalten, ist derzeit - nicht nur aus technischen Gründen - keine Option. Im Schreiben des Bayerischen Innenministeriums vom März steht: "Bürgerversammlungen sind zur Wahrnehmung der Mitberatungsrechte durch die Gemeindebürger grundsätzlich als Präsenzveranstaltungen durchzuführen." Die Gemeinde kann einen zusätzlichen Live-Stream anbieten, darf die Präsenzveranstaltung aber nicht vollständig ersetzen.

Bürgertreffen im Sommer

Manche Bürgermeister im Landkreis sind mittlerweile heilfroh, die Treffen mit der Bürgerschaft schon im Sommer von der To-Do-Liste gestrichen zu haben.

In Bad Brückenau etwa fanden die Bürgerversammlungen im August in allen Stadtteilen als Präsenzveranstaltungen statt. "Wir hatten unsere Bürgerversammlung glücklicherweise im Juli und September", sagt Bürgermeister Daniel Wehner (CSU) für den Markt Burkardroth. Auch Nüdlingen hat die Sitzung Ende September veranstaltet.

Andere dagegen wurden mittendrin ausgebremst. Der Markt Oberthulba veranstaltete in vier von acht Gemeindeteilen Bürgerversammlungen, bevor die Inzidenzwerte anstiegen. Die weiteren vier, die Anfang bis Mitte November geplant waren, wurden auf das kommende Frühjahr verschoben.

Auch Michael Kastl, Bürgermeister von Münnerstadt (CSU), kam nur noch mit einem Teil der Bürgerinnen und Bürger ins Gespräch. Acht Bürgerversammlungen kamen in den letzten Wochen noch zustande. "Kleinwenkeim, Großwenkheim, Münnerstadt musste ich dann aufgrund der sich zuspitzenden pandemischen Lage bedauerlicherweise doch absagen. Sie werden sobald als möglich nachgeholt", teilt Kastl mit.

"Am 24. November hatte ich ursprünglich noch eine 12. Bürgerversammlung geplant, für all diejenigen, die nicht 3G plus-fähig sind." Diese sollte unter verschärften Abstands-, Lüftungs- und Maskenregeln stattfinden. "Diese muss jetzt jedoch ebenfalls ausfallen", so Kastl.

Bürgerversammlungen: Abgesagt und verschoben

Bürgerversammlung Die Liste der Gemeinden, die ihre Bürgerversammlungen auf Frühjahr 2022 verschoben haben, ist lang: Die Bürgerversammlungen in Hammelburg (im Stadtteil Feuerthal, Untererthal und Gauaschach) werden verschoben. Auch im Markt Geroda, Oberleichtersbach, Riedenberg, Markt Schondra sind Bürgerversammlungen aufs nächstes Jahr vertagt. Rannungen hat ebenfalls abgesagt. Der Markt Maßbach und die Gemeinde Thundorf planen die Versammlung für Frühjahr, ebenso der Markt Bad Bocklet.

Auch Peter Bergel, Bürgermeister vom Markt Euerdorf (Bürgerblock) hofft, dass die Bürgerversammlung bis spätestens Ende März nächsten Jahres abgehalten ist.

Weiterhin geplant: Die Bürgerversammlungen in Waizenbach (23. November) und Dittlofsroda (30. November) finden nach aktuellem Stand statt.