Kreis Bad Kissingen ist keineswegs verdrossen von Politik

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Drei Abgeordnete sind im Bundestag, zwei davon haben gute Chancen, bei der Regierungsbildung mitzuwirken. Foto: Matthias Hoch
Drei Abgeordnete sind im Bundestag, zwei davon haben gute Chancen, bei der Regierungsbildung mitzuwirken. Foto: Matthias Hoch

Redakteur Ralf Ruppert kommentiert das Wahl-Ergebnis im Wahlkreis 248:

Stellen Sie sich einen Sport-Wettkampf - nehmen wir Weitsprung - vor, bei dem schon vorab klar ist, dass der Sieger doppelt so weit springt wie alle anderen und auch der Zweite feststeht. Würden Sie da noch hingehen? Ein bisschen so schien es im Wahlkampf: Bei den 46 Direktmandaten war in Bayern die CSU gesetzt. Wie der Sieg von Dorothee Bär war auch der Sieg der Union bei den Zweitstimmen klar. Trotzdem ließen sich die Bürger von scheinbar fest zementierten Umfragewerten nicht abschrecken und stimmten über die Zukunft ihres Landes mit ab: Vier von fünf Wahlberechtigten gingen zur Wahl, vor vier Jahren wählten "nur" 71,3 Prozent.


Ähnlichkeiten zur Bundespolitik

Bei den Kandidaten im Wahlkreis 248 gab es auffällige Ähnlichkeiten zu den jeweiligen Spitzenkandidaten: Dorothee Bär (CSU) setzte auf den Plakaten auf einen nahezu inhaltslosen Wahlkampf. Heimatliebe-Slogans und Lebkuchen-Herzen, Stöckelschuhe und Promi-Besuch sollten Aufmerksamkeit bringen. Das ist zwar nach außen ganz anders als bei Merkel, aber die gleiche Strategie: "Weiter so" und "läuft doch bei uns" war die Botschaft im Sub-Text. Am Ende brachte das Bär wie Merkel riesige Einbrüche: Acht Prozent-Punkte rutschte Bär ab. Im CSU-Vergleich zwar ein Spitzenwert, aber trotzdem schlechte Karten im Kampf ums Amt der Digital-Ministerin. Zumal bei einer Regierungsbeteiligung der FDP vermutlich die Liberalen das Thema Breitband besetzen.


Aus einfachen Verhältnissen

Die größte Parallele von SPD-Frau Sabine Dittmar mit ihrem Parteivorsitzenden Martin Schulz ist das Durchbrechen der Grenzen zwischen sozialen Schichten: Sich vom Hauptschul-Abschluss zum Medizin-Studium durchzukämpfen und dann in den Bundestag einzuziehen, ist eine sozialdemokratische Muster-Karriere. Trotzdem rutschte sie um einen Prozentpunkt ab.
Grünen-Kandidatin Manuela Rottmann schließlich war die alte Grundskepsis der Öko-Partei gegen Personen-Kult anzumerken. Ihre Erfahrung als Polit-Profi mit Regierungserfahrung in Frankfurt stellte sie ebenso unter den Scheffel wie ihre bundesweite Vernetzung in der Partei. Kein Wunder, dass sie auf weniger Erststimmen als Hans-Josef Fell vor vier Jahren kam, aber eben clever, sich durch Verhandlungsgeschick Platz 7 auf der Landesliste zu sichern.
Der Wahlkreis ist - vielleicht als einziger in Deutschland - mit drei Frauen im Bundestag vertreten. Und zwei davon, Bär und Rottmann, haben sogar gute Chancen, in die Regierung zu kommen.
Bedenklich nur, dass die AfD in drei Gemeinden im Kreis zweitstärkste Kraft ist.