Kissinger Kurbähnle fährt heuer in Wertheim

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Neben den Touren zum Wildpark Klaushof fuhr das Kurbähnle auch regelmäßig durch Stadt und Luitpoldpark. Hier entfernte Gästeführer Albin Markert (links) einen Pfosten und macht die Bahn frei.Ralf Ruppert
Neben den Touren zum Wildpark Klaushof fuhr das Kurbähnle auch regelmäßig durch Stadt und Luitpoldpark. Hier entfernte Gästeführer Albin Markert (links) einen Pfosten und macht die Bahn frei.Ralf Ruppert

Der neue Betreiber macht gleich in der ersten Saison Pause, will aber ein Konzept für 2019 erarbeiten.

"Wann fährt denn das Bähnle?" "Wie kommen wir zurück in die Stadt?" Diese und weitere Fragen zum Bad Kissinger Kurbähnle sind aktuell ständig vor dem Wildpark Klaushof zu hören. Die Antwort ist ernüchternd: Nach mehr als 40 Jahren Dauer-Betrieb im Sommer-Halbjahr fährt das weiß-blaue Traditionsgefährt heuer nicht in Bad Kissingen, sondern in Wertheim. "Es war geplant, dass ich noch ein weiteres Bähnle bekomme, das hat sich im Januar aber zerschlagen", begründet Oliver Wolters, Inhaber der Kölner "Gecko-Bahn", die Zwangspause. Er habe das Bähnle einfach in Wertheim benötigt. Für 2019 plane er aber eine Wieder-Aufnahme des Bähnle-Betriebs an der Saale.
"Gehört zur Stadt Bad Kissingen einfach dazu", kommentierte Stefan Markart gestern die Nachricht von der Kursaison ohne Bähnle auf der Facebook-Seite der Saale-Zeitung. "Das Bähnle war und ist ein Wahrzeichen der Stadt, das darf nicht woanders fahren", ergänzt die ehemalige Kissingerin Jenny Booms. Viele verbinden mit dem Traditionsgefährt Kindheitserinnerungen, bis heute nutzen Kindergärten das Bähnle für Ausflüge. Neben dem Pendel-Verkehr zum Wildpark Klaushof waren die Stadt-Rundfahrten am Sonntagmorgen sehr beliebt.
"Es ist mehr Bedarf da als nur zum Wildpark", ist sich auch Oliver Wolters sicher. Er hat das Bähnle im Herbst von Hans-Jürgen Kämmerer übernommen: 20 Jahre lang saß der Ebenhäuser selbst hinter dem Steuer, 2017 ging er in Rente und war sich eigentlich sicher, die Weichen fürs Bähnle richtig gestellt zu haben: Für 1. April war der Saisonstart angekündigt. Doch statt des Fahrbetriebs ab Ostersonntag wurden die Hinweis-Schilder abgebaut.

"Es fehlt was in der Stadt", bedauert auch Thomas Hack, Pressesprecher der Stadt Bad Kissingen die Bähnle-Pause. Vor 14 Tagen haben der Betreiber einen ersten Hinweis gegeben, dass er die Linie heuer nicht betreibt. Trotzdem warben Stadt und Staatsbad gestern noch auf der gemeinsamen Homepage für das Kissinger Kurbähnle. "Das müssen wir überarbeiten", sicherte Hack auf Nachfrage zu. "Das Kurbähnle ist ein attraktives Angebot und bei unseren Gästen sehr beliebt", teilt auch die Staatsbad GmbH auf Anfrage mit, und: "Wir hoffen, dass das Kurbähnle nächstes Jahr wie gewohnt wieder durch Bad Kissingen und Umgebung fahren wird."
Die Lücke im touristischen Angebot habe "betriebsinterne Gründe", betont Hack. Viel machen könne die Stadt aber nicht: Das Bähnle nehme zwar eine Sonderstellung ein, sei aber trotzdem ein rein privates Angebot wie ein Taxi. Deshalb könne neben Gecko-Bahn auch jeder andere Betreiber die Linie bedienen: "Jeder Vorschlag ist willkommen, der das Dilemma löst, aber es gibt keine finanzielle Unterstützung von der Stadt." Direkte Auswirkungen hat die fehlende Linie aber auf eine städtische Einrichtung: Am Wochenende parkten die Autos der Besucher entlang des gesamten Wildparks Klaushof auf der Straße.
Oliver Wolters betreibt Kleinbahnen in ganz Deutschland, vom Cabrio-Bus in Heidelberg bis zum Bähnle in Coburg. "Ich bin an anderen Standorten fest gebunden", berichtet der Inhaber der Gecko-Bahn. Zu der Entscheidung gegen Bad Kissingen beigetragen habe auch, dass er trotz intensiver Suche keine Busfahrer fürs Bähnle gefunden habe. Trotzdem glaubt er an die Zukunft des Standortes: "Das Bähnle ist ja 40 Jahre gut gelaufen", sagt Wolters. Deshalb wolle er nun das Jahr 2018 nutzen, um ein neues Konzept zu erarbeiten. "Dazu gehört auch eine neue Preis-Gestaltung", kündigte Wolters an.
Zuständig für die Genehmigung von touristischen Bahnen ist die Regierung von Unterfranken: Sie erteilte im Oktober 1976 die erste Konzession für Bad Kissingen: Damals war es die erste Kleinbahn ihrer Art in Deutschland und die dritte weltweit. Laut Pressestelle der Regierung von Unterfranken läuft die aktuelle Genehmigung der Kleinbahn GmbH bis August 2023. "Uns ist kein Wechsel des betreibers bekannt", sagt Sprecher Johannes Hardenacke. Die Genehmigung könne übertragen oder zurückgegeben werden. Für eine neue Genehmigung müsse die Sicherheit und Leistungsfähigkeit des Betriebes sowie die Eignung und Zuverlässigkeit des betreibers nachgewiesen werden. Im Gegensatz zu Konzessionen im öffentlichen Nahverkehr gebe es aber keine Betriebspflicht, stellt Hardenacke klar.

Der Bad Kissinger Walter Berninger hatte in Freudenstadt eine Kleinbahn fahren sehen und war nicht mehr von seiner Idee abzubringen, das Gefährt 1975 probehalber nach Bad Kissingen zu holen. Allerdings kam das erste Bähnle nicht durch den TÜV, weil es sich unter anderem in den Kurven zu sehr zur Seite neigte. Gemeinsam mit Berthold Dürrstein und Wolfgang Georgi gründete Berninger 1976 die Bad Kissinger Kleinbahn GmbH und kauften eine Lok mit drei Anhängern.
Das Kurbähnle wurde ein Renner. Hotels und Pensionen buchten die Kleinbahn für ihre Gäste. 1987 wurde die erste Lok mit dem Motor eines VW Käfer gegen eine andere mit einem japanischen Dieselmotor ausgetauscht. 2001 folgte Zugmaschine Nummer drei. Ab 1996 saß Hans-Jürgen Kämmerer am Lenkrad, im Jahr 2000 übernahm er die GmbH-Geschäftsführung. Der langjährige Reisebus-Fahrer nutzte seine Kontakte und holte zahlreiche Tagestouristen für Stadtrundfahrt nach Bad Kissingen.