Dazu ein Kommentar von Redakteur Ralf Ruppert:
Deutschland braucht Fachkräfte. Ab Mitte der 1950er Jahre gab es riesige Geburtsjahrgänge in Deutschland, diese so genannten Baby-Boomer gehen in den kommenden Jahren in Ruhestand. Wer soll deren Arbeit machen? In der öffentlichen Diskussion geht es meist um hoch-qualifizierte Akademiker, aber vor allem natürlich werden Menschen für das gebraucht, was kaum mehr ein Deutscher machen will. Auch weil solche Arbeiten immer schlechter bezahlt werden.
Die Wirtschaft drängt auf Lösungen, um möglichst viele Arbeiter aus aller Welt holen zu können. Jede Marktwirtschaft ist auf Gedeih und Verderb auf Wachstum angewiesen. Was passiert, wenn es rückwärts geht, sieht man im Osten oder im Ruhrgebiet.
Die Bundesregierung hat am Mittwoch mit viel Trubel ein Fachkräfteeinwanderungsgesetz angekündigt. Das verspricht Besserung, gerade in Bayern wird aber trotzdem nach wie vor hart durchgegriffen. Schließlich gilt es, ein Image zu erfüllen und Stärke zu zeigen.
Natürlich bemisst sich der Wert eines Menschen nicht darin, was er verdient, aber bei den ausländischen Mitbürgern, die ihren Lebensunterhalt vollständig selbst aufbringen, ist die harte Haltung des Staates besonders absurd. "Das versteht doch keiner", kommentiert deshalb auch die Grünen-Bundestagsabgeordnete Manuela Rottmann aus Hammelburg zu Recht den Fall der Familie Forostjanow/Nigrezkul.
Die Familie stammt nicht nur aus der Ukraine, sondern war auf der Insel Krim daheim. Beide hatten sich eine Existenz aufgebaut: Fitness-Studio, Friseurladen, ein Wohnhaus. Dann nahm der russische Einfluss zu, sie sollten ihren ukrainischen Pass abgeben und die russische Staatsbürgerschaft annehmen, aktuell herrscht in ihren Heimatstädten Kriegsrecht, weil Präsident Putin wieder einmal seine Muskeln spielen lässt.
Bei der Regierung von Unterfranken spielt die Ankündigung des Kabinetts in Berlin keine Rolle: "Dies ändert jedenfalls an der aktuellen Gesetzeslage erst mal nichts, an die wir nach dem Rechtsstaatsprinzip gebunden sind", kommentiert Sprecher Johannes Hardenacke das Fachkräfteeinwanderungsgesetz. Bislang liege nur ein Entwurf vor, der erst Anfang 2020 in Kraft trete.
SPD-Bundestagsabgeordnete Sabine Dittmar hofft, dass das parlamentarische Verfahren schneller gehe und das Gesetz vielleicht schon zum 1. Juli Erleichterungen bringe. Der Fall Forostjanow/Nigrezkul sei "nicht nachvollziehbar": "Das sind genau die Fälle, die wir verhindern wollen", sagt sie und bietet Hilfe an, wenn sich die Familie an ihr Büro wendet. Vielleicht könne die Härtefall-Kommission weiterhelfen.
"Ich setze mich für jeden ein, der sich an mich wendet", sagt auch CSU-Abgeordnete und Staatsministerin Dorothee Bär, die zudem dem CSU-Präsidium angehört. Deshalb widerspricht sie auch dem Eindruck, dass Bayern besonders schnell abschiebt: "Das empfinde ich gar nicht so."
Bär hofft, dass Behörden bis zur Einführung des geplanten Fachkräfteeinwanderungsgesetzes nicht voreilig abschieben. "Es muss möglich sein, im Einzelfall zu entscheiden", fordert sie. Hoffentlich auch im CSU-Präsidium! Das sind viele warme Worte, die einer jungen Familie ohne Einnahmen wenig nutzen. Fakt ist: Gut integrierte Menschen, die jahrelang Steuern und Sozialabgaben zahlten, sollen nun ausgehungert werden. Schwer begreifbar im reichen Deutschland!