Hans-Josef Fell muss um den Wiedereinzug in den Bundestag bangen

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Die Nominierung wurde zum Zitterspiel. Hans-Josef Fell, der Grüne Spitzenkandidat von 2009, belegt diesmal nur Platz 12 auf der Landesliste. 2009 hätte das nicht zum Einzug in den Bundestag gereicht.

Mit einer faustdicken Überraschung endete für Hans-Josef Fell die Nominierung der Bayerischen Grünen für die Bundestagswahl 2013. Der Spitzenkandidat von 2009 unterlag in mehreren Kampfabstimmungen und kam nur auf Platz 12 der Landesliste. Damit beginnt für ihn ein Zitterspiel um den Wiedereinzug in den Bundestag, dem Fell seit 1998 angehört. Die Grünen bräuchten knapp 13 Prozent in Bayern. Gelingt das nicht, steht auch die politische Karriere von Fell auf dem Spiel. Wir unterhielten uns mit dem Hammelburger über die Nominierung und seine politischen Aussichten.

Herr Fell, bei der Bundestagswahl 2009 waren Sie Spitzenkandidat neben Claudia Roth auf der Landesliste. Diesmal stehen Sie nur auf Platz 12. Droht Ihnen das Ende Ihrer politischen Karriere.

Hans-Josef Fell: Nach meiner festen Überzeugung: Nein. Der zwölfte Platz auf der Liste gilt als aussichtsreich.
Wir Grünen streben diesmal sogar 15 bayerische Mandate an. Zum einen liegen wir seit Jahren in Umfragen und Wahlergebnissen deutlich über dem Ergebnis der letzten Bundestagswahl von 10,7 Prozent, zusätzlich kann uns Grünen das neue Wahlrecht ein Ausgleichsmandat in Bayern bringen. Insofern gehe ich vom Wiedereinzug in den Bundestag aus.

Erst das Debakel für Claudia Roth bei der Nominierung der Spitzenkandidatin. Jetzt eine schlechte Platzierung für Sie. Schwächen die Grünen ihre bayerischen Gallionsfiguren?

Die Platzierung ärgert mich natürlich und ist auch kein gutes Signal nach außen. Ich habe zwar nur jeweils knapp die Stichwahlen auf den Plätzen, die ich anstrebte, verloren. Dies lag aber nicht daran, dass die Delegierten mich nicht wollten oder schwächen wollten. Vielmehr haben einige Bezirksverbände Allianzen gebildet, um gegenseitig ihre regionalen Kandidaten zu unterstützen. Dieser Stimmenblock war zu mächtig. Erst auf Platz zwölf war damit der Weg für mich frei. Die Delegierten wollten mich schon wieder im Bundestag sehen, so dass sie mich gegen weitere starke Konkurrenz auf Platz zwölf mit großer Stimmenmehrheit wählten.

Sie gelten als einer der Väter des Erneuerbaren Energien-Gesetzes (EEG). Jetzt stehen wir mitten in der Energiewende - und Sie werden zum Wackelkandidaten bei der Wahl. Sind die Grünen einfach optimistisch hinsichtlich ihres Wahlergebnisses oder opfern sie leichtfertig ihr einstiges Kernthema?

Ja, der Optimismus der Grünen ist in der Tat groß, aber auch berechtigt. Ein Kernthema der Grünen bleibt die Umstellung auf 100 Prozent Erneuerbare Energien. Dies wird mir zusätzlich helfen, wieder in den Bundestag einzuziehen.

In Kommentaren zur Nominierung werden Sie andererseits als möglicher Minister im Falle eines Wahlsieges gehandelt.

Das ehrt mich. Doch erst müssen wir die Wahlen erfolgreich bestreiten und eine Regierungsbeteiligung erreichen, dann wird über Ministerposten geredet.

Seit Katrin Göring-Eckardt zur Spitzenkandidatin der Grünen gekürt wurde ist immer wieder auch von einer möglichen Schwarz-grünen Koalition die Rede. Halten Sie dies für realistisch oder würden Sie ein solches Bündnis kategorisch ausschließen?

Ich schätze Katrin Göring-Eckardt sehr und freue mich vor allem über ihren Erfolg als grüne Spitzenkandidatin, da sie uns Wählerschichten erschließen kann, die aus dem christlich-konservativen Bereich kommen. Auch mir werden aus wertkonservativen Kreisen viele Sympathien entgegengebracht. Dennoch haben wir Grünen mit der SPD die größten programmatischen Schnittmengen. Gerade auf dem Gebiet der Energiepolitik gibt es bei CDU/CSU starke Kräfte, die den Ausbau der Erneuerbaren Energien stoppen und sogar das EEG abschaffen wollen. Mit einer solchen Programmatik kann die Union für uns kein Koalitionspartner sein.

Sollten Sie wieder in den Bundestag einziehen. Wo sehen Sie ihre Schwerpunkte?

Weiterhin in der Energiepolitik auf dem Ziel zur Vollversorgung mit 100 Prozent Erneuerbaren Energien, damit wirksamer Klimaschutz und Vorsorge vor weiter steigenden Ölpreisen gelingen kann. Zunächst müssen die von schwarz-gelb beschlossenen massiven Fehler im EEG, die zu einer unnötigen Verteuerung der Strompreise führten, korrigiert werden. Und dann müssen wir das EEG für einen weiteren schnellen Ausbau der Erneuerbaren Energie ertüchtigen. Ich werde aber ebenso weiter auf der Europaebene arbeiten, um den Erneuerbaren Energien endlich auch in den EU-Krisenländern zum Durchbruch zu verhelfen.

Ist die Energiewende realistisch?

Wir sehen, wie stark die Bevölkerung den Umstieg auf Erneuerbare Energien ernst nimmt und Aktivitäten dafür entfaltet. Schauen wir doch mal zum Beispiel Großbardorf, wo die Bürger mit eigenem Kapital und einer Genossenschaft den vollständigen Umstieg auf Ökostrom und erneuerbare Wärmeversorgung selbst geschafft haben. Die Kraft aus der Bevölkerung ist so stark, dass die Umstellung auf Erneuerbare Energien schneller kommen wird, als es den Atom- und Kohlekonzernen und deren Unterstützern lieb ist.

Das Gespräch führte Hans-Jürgen Burdack