Wenn der Obereschenbacher Ortssprecher Thomas Reuter online gehen oder Mails verschicken will, muss er viel Geduld haben.
genAuch nach zwei Förderprogrammen zum Breitband-Ausbau klafft im Landkreis Bad Kissingen noch eine riesige Lücke zwischen Wunsch und Wirklichkeit: Die einen müssten für höhere Übertragungsraten den Anbieter wechseln, andere sind ganz abgehängt beim schnellen Internet. "Ich könnte zu Kabel Deutschland wechseln, aber viele andere eben nicht", berichtet etwa der Obereschenbacher Ortssprecher Thomas Reuter (53). Aus Solidarität sei er bislang bei der Telekom geblieben, denn: Andere Neubaugebiete wie "Am Bauholz" haben auch kein Fernsehkabel in der Straße.
Über den Pfarrbrief gab es in Obereschenbach eine Umfrage unter den rund 550 Einwohnern. Die Rückmeldungen an Thomas Reuter sind ernüchternd: Viele wünschen sich schnelleres Internet, Wohnungen könnten nicht vermietet werden, Gewerbetreibende haben Probleme, vor allem Jugendliche schimpfen. "Einer hat geschrieben, dass er mit seinen Kindern immer zum Hammelburger Schwimmbad fährt, weil es dort einen Hotspot gibt", erzählt Reuter. Auch Mobilfunk ist in dem Hammelburger Stadtteil keine Alternative, weil es an vielen Stellen keinen Empfang gibt.
Ein Test hat ergeben, dass Reuter mit maximal 168 Kilobit in der Sekunde Daten hoch laden kann. Ein Foto mit 4 Megabyte dauert also gut drei Minuten. "Wenn's gut läuft, also früh um 5.30 Uhr, am Abend, wenn alle online sind, dauert's viel länger", sagt Reuter, der die Obereschenbacher Liste im Stadtrat vertritt. "Ich hab schon mehrfach nachgefragt", sagt er, aber die Hoffnung auf eine schnelle Lösung hat er längst aufgegeben: "Es wird immer groß gesprochen, aber die kleinen Dörfer fallen hinten runter."
Analyse ist abgeschlossen
Auch dem Hammelburger Bürgermeister Armin Warmuth (CSU) sind die Engpässe in Obereschenbach bekannt, obwohl es aktuell nur wenige Beschwerden im Rathaus wegen Internet-Verbindungen gebe. Das Problem sei, dass Obereschenbach bei den ersten beiden Förderprogrammen noch halbwegs gut da stand. Deshalb wurden Morlesau, Ochsenthal, Seßhof, Feuerthal, Gauaschach und das Westheimer Gewerbegebiet vorgezogen. "Die sind alle auf einem ordentlichen Stand." Damit seien die beiden bisherigen Förderprogramme ausgeschöpft worden. Im vergangenen Jahr erhielt die Stadt
Hammelburg nun - wie die meisten Kommunen im Kreis - einen weiteren Förderbescheid: 50 000 Euro stehen für die weitere Planung des Breitband-Ausbaus zur Verfügung. "Die Analyse ist vor wenigen Wochen eingegangen", berichtet Warmuth. Nun müsse entschieden werden, welche schwach ausgebauten Bereiche nun angegangen werden, denn: Neben Obereschenbach gebe es noch weitere Baustellen.
Der Breitband-Ausbau war auch eines der Hauptthemen bei der Podiumsdiskussion der
Saale-Zeitung zur Bundestagswahl. "Beim Digitalen sind wir immer eine Legislaturperiode zu spät dran", gab CSU-Direktkandidatin Dorothee Bär zu. Allerdings ist sie trotzdem zuversichtlich, dass mit Hilfe schneller Netze irgendwann die Lebensbedingungen auf dem Land sogar besser sein werden als in Ballungsräumen: "Wir werden hier im Landkreis besser leben können als in Berlin oder München", ist sich die Parlamentarische Staatssekretärin sicher.
"Der ländliche Raum kann vom Breitband-Ausbau profitieren", stimmte SPD-Kandidatin Sabine Dittmar zu, schränkt aber ein: "Wir haben unser Ausbau-Ziel bei Glasfaser auf der letzten Meile nicht erreicht." Gerade einmal zwei Prozent aller Gebäude hätten auf dem Land einen direkten Glasfaser-Anschluss, in Städten seien es immerhin elf Prozent. "Wer ein Software-Update will, muss nach Würzburg fahren", berichtete Manuela Rottmann (Grüne) von Gesprächen in der Region. Zudem dämpfte sie die Erwartungen an schnellere Datenleitungen: "Digitalisierung wird keine Antwort zum Beispiel auf schlechte medizinische Versorgung sein." Trotzdem schlagen die Grünen vor, dass der Bund seine Telekom-Aktien verkauft, um das Glasfaser-Netz auszubauen. Auch die anderen Direktkandidaten forderten einen zügigen Breitband-Ausbau.