Die Gemeinde hat ihr Verwaltungsgebäude verkauft. Bürgermeister und Räte sind in die frühere Schule umgezogen. Jetzt baut Architekt Johannes Hahn an ausgefallener Urlaubsatmosphäre.
Das Rathaus in Aura hat einen neuen Besitzer. Mit viel Gefühl kitzelt Architekt Johannes Hahn (Bad Kissingen) seit drei Monaten Baukunst der Vorfahren unter Gipskarton, Estrich und Beton hervor. Die Gemeinde hat sich im Frühjahr von dem Haus getrennt, weil sie zwischenzeitlich leerstehende Räume in der Schule aus den 60er Jahren mit Leben füllen will (wir berichteten).
Die Reize des Hauses kennt der Architekt schon länger. Hier ist er als Planer der Baugebietserweiterung Am Hahn ein- und ausgegangen. Unter fünf Bewerbern habe er den Zuschlag für das Haus bekommen. Die Aufnahme in die Denkmalschutzliste steht unmittelbar bevor. Gemeinde und Behörden hat er für das Projekt bereits gewonnen. Davon verspricht er sich Zuschüsse, die den Mehraufwand für die sensible Sanierung aber bei Weitem nicht decken.
Der neue Eigentümer könnte ein Glücksfall für die Gemeinde sein.
Er plant die Einrichtung von Ferienwohnungen im Erdgeschoss und ersten Stock, später vielleicht auch unter dem Dach. "Der Tourismus hat Zukunft", ist Hahn überzeugt. Die Nachbarschaft zur Saale mit dem Bootstourismus, aber auch die Nähe zu Bad Kissingen biete Möglichkeiten.
Nicht zu vergessen Auras Tourismus-Trümpfe: Das Rathaus schmiegt sich an den Klosterberg an. Hier beginnt die Treppe zu ehemaligem Pfarrhaus und Benediktinerkloster. Reizvoll weitet sich treppauf der Blick über das Dorf und die Saale auen. Denkmalschützer bescheinigen dem Haus eine Portalfunktion in zentraler Lage.
1754 war es hier als Schulhaus errichten worden. Später kamen ein Treppenhaus, Ställe und ein Waschhaus dazu. Die Außenanlage versprüht bei Sonnenschein südliches Flair.
Original sind Plattenbelag und Sandsteinpflaster erhalten.
Im Hauptgebäude will Hahn manche Begradigung einer Sanierung aus den 1980er Jahren rückgängig machen. "Die früheren Baumeister hatten es drauf", schwärmt Hahn von vorausgegangenen Epochen. Zur Atmosphäre in dem Gebäude tragen nach Entfernung von Abhängungen die hohen Decken bei. Die eigentlich noch recht gut erhaltenen Fenster will der Experte durch handwerkliche Flügelfenster ersetzen. Während der Außenputz erhalten bleiben soll, will Hahn innen mit Schilfmatten und Kalkputz dem Orginalzustand näher kommen.
Beim Hausrundgang fallen viele Charakteristika ins Auge. Die gusseiserne Stütze im einstigen Klassenzimmer beziehungsweise Sitzungssaal etwa. Mit seinen 55 Quadratmetern wird der Saal die untere Ferienwohnung prägen. Das Gewölbe des Weinkellers im Erdgeschoss liegt auf dem Fels des Klosterberges auf.
Im Stall sind noch die Güllerinnen zu erkennen. Für Gesprächsstoff unter künftigen Urlaubsgästen dürfte auch der Hausbrunnen im Garten sorgen.
Spaß an solchen Gebäuden hat der Architekt auch bei seinen Sanierungsentwürfen für das Rathaus in Ebenhausen, das Pfarrhaus in Gefäll und das Gemeindehaus Hassenbach entdeckt.
Die Fertigstellung will er an seinem 50. Geburtstag im April 2016 feiern. Der Schriftzug Rathaus soll an der Fassade erhalten bleiben. Mit dem Zusatz "Altes". Das sei schließlich eine werbewirksame Adresse, ist Hahn überzeugt.
Wolfgang Dünnebier