Zwei Mal im Jahr backen die Frauenrother Plootz nach altem Rezept. Männer und Frauen arbeiten dabei jedoch getrennt voneinander. Von der Aktion profitieren nicht nur der Feuerwehr- und Musikverein, sondern auch die Dorfgemeinschaft.
Im Feuerwehrhaus haben die Frauen das Sagen. Sie stehen an Tischen und machen lauter Sachen, die eigentlich total untypisch für ein Domizil der Floriansjünger sind. Sie kneten, rollen aus, belegen, bestreichen und schwatzen. Schließlich gehört das auch dazu, wenn in Frauenroth Plootz gebacken wird. Das geschieht zwei Mal im Jahr: im Frühjahr kurz nach Ostern und im Oktober. Am vergangenen Samstag war es wieder so weit. Dann verwandelt sich das Feuerwehrhaus in eine Plootzküche, dann verschwinden die Uniformen und Gerätschaften der Floriansjünger hinter riesigen Planen.
Drei Generationen Frauenrötherinnen haben sich am frühen Vormittag hier versammelt und bereiten die beliebten Kuchen aus Roggen-Sauerteig zu: süß mit Äpfeln oder Kirschen, oder auch herzhaft mit Zwiebeln, Käse oder Kartoffelbrei. Obendrauf kommt die sogenannte Schmiere, ein Schmand-Gemisch - alles nach überliefertem Geheimrezept, versteht sich. Etwa 250 bis 300 Plootze werden am Samstagvormittag innerhalb von zwei, drei Stunden zubereitet.
Arbeiten im Akkord
Für die Frauen heißt das: Arbeiten im Akkord. Plootz um Plootz wird ausgerollt und belegt. Das geschieht recht zügig, weil jeder Handgriff sitzt. "Wir sind halt ein eingespieltes Team", sagen die Frauen. Die Älteste ist Thekla Grom mit 84 Jahren, die Jüngste ihre Enkelin, ein Teenager. "Ich habe schon als junge Frau geholfen", erinnert sich die rüstige Seniorin.
Damals gab es in Frauenroth noch mehrere Backöfen, im ganzen Dorf verteilt. Doch im Lauf der Jahrzehnte verabschiedete sich Ofen für Ofen, machte neuen Häusern Platz, bis schließlich keiner mehr stand. "Den letzten gab es auf der anderen Straßenseite am Anwesen von Klaus Kleinhenz", erinnert sich Marianne Metz, die für die Schmiere verantwortlich ist. Doch die Tradition überlebte bis heute.
Denn Ende der 90er-Jahre wurde in dem 180-Seelen-Dorf ein neues Backhaus mit zwei Öfen gebaut, direkt neben dem Feuerwehrhaus. Die Initiative dazu kam von der Dorfgemeinschaft und dem örtlichen Plootzbackverein, einer Truppe ambitionierter Einheimischer, die bereits 1969 beschlossen, die Tradition fortzuführen. "Aber das war kein echter Verein", erklärt Richard Rost und holt ein Holzschild von der Wand. Dreizehn Namen stehen auf dessen Rückseite, es sind die der "Plootzback-Tradition-Bewahrer".
Anschüren um halb sieben
Schnell hängt Robert Rost das Schild wieder an seinen Platz, denn die Arbeit ruft. Der 62-Jährige ist am Samstag einer von zwei Bäckermeistern im Frauenrother Backhaus, schiebt die Plootze in das Rohr hinein und holt sie später wieder heraus. Hier haben ausschließlich Männer das Sagen, weil es im Backhaus um Technik geht und allerhand Holz angeschleppt werden muss, sagen die Frauen.
"Bereits um halb sieben Uhr haben wir die Öfen angeschürt", erklärt Rost, der viele Jahre auch Feuerwehrkommandant war. Das geschieht aber nicht mit irgendeinem Holz. Nein, Fichte muss es sein. "Damit die Öfen nicht überhitzen und die richtige Temperatur zum Plootzbacken haben", sagt er. Rund 800, 900 Grad sind dafür notwendig. Entsprechend kuschelig warm ist es in dem Backhaus.
Auch hier läuft es wie geschmiert, sitzt jeder Handgriff. Robert Rost ist der Älteste, der Jüngste der 12-jährige David Metz. Er fungiert als Botenjunge, bringt die belegten Plootze vom Feuerwehrhaus zur Backstube, hat keine ruhige Minute. Dennoch müssen die Käufer, die draußen vor dem Backhaus in einer Schlange stehen, Geduld mitbringen. "Schließlich braucht ein Plootz etwa zehn, fünfzehn Minuten, bis er fertig gebacken ist", so Rost.
Gutgelaunte Warteschlange
Doch die Wartenden haben damit kein Problem. Ihre Stimmung ist gut, man unterhält sich und lacht. Einer von ihnen ist Kurt Rottenberger aus Wollbach. "Ich hole den Plootz für meine Kinder. Sie essen ihn so gerne", erzählt er. Außerdem erinnert ihn das Plootzbacken, das Anstehen und miteinander Schwatzen an seine Kindheit. "Schließlich stand damals auch noch ein Backofen bei uns in der Wollbacher Lindenstraße", so der Schreinermeister.
Bis 12 Uhr reichen die Plootze. Dann sind alle ausverkauft, und das große Reinemachen beginnt - in der Backstube bei den Männern und bei den Frauen im Feuerwehrhaus.